Der Große Refraktor
Der Große Refraktor ist der drittgrößte Refraktor Österreichs, nach dem Großen Refraktor und dem Westkuppelrefraktor der Universitätssternwarte. Er wurde 1884-1886 gebaut und 1930, 1946 und 1994-95 überholt. Das Objektiv wurde 1887 geliefert und 2017 überholt.
Die Optik stammt, wie bei allen Instrumenten der Kuffner-Sternwarte, von Steinheil, München, die Mechanik von Repsold & Söhne, Hamburg.
Technische Daten:
Objektivdurchmesser (Refraktor): 27cm
Objektivtyp: Zweilinsiger Halbapochromat
Objektivbrennweite (Refraktor): 350cm
Objektivdurchmesser (Astrograph): 16,2cm
Objektivbrennweite (Astrograph): 298cm
Montierung: Deutsche parallaktische Montierung
Nachführung: Uhrwerkantrieb,
seit 1998 elektronisch gesteuert
Baujahr: 1884-1886
Astronomische Informationen
Der Große Refraktor ist ein klassischer Refraktor nach Prinzip des Keplerschen Fernrohrs mit einem halbapochromatischen, zweilinsigen Objektiv (Vorläufer des Zeiss-AS-Objektivs). Das Fernrohr hat eine deutsche Montierung, die eine Bewegung um zwei Achsen, also über den ganzen Himmel, ermöglicht. Die Nachführung, also das Ausgleichen der Erddrehung, besorgte ursprünglich ein mechanischer Uhrwerkantrieb, seit 1998 wird diese elektronisch gesteuert.
Historische Bedeutung
Der Große Refraktor wurde 1884 in Auftrag gegeben und 1886 geliefert. Das Objektiv welches 5500,00 Mark kostete, wurde allerdings erst im Jänner 1887 geliefert
[Ref. 5.)]. In diesem Jahr fanden dann auch erste Beobachtungen statt. 1890 wurde der Astrograph, ein fotografisches Fernrohr, montiert.
Das Aufgabengebiet von 1887-1916 war: Erste astrophysikalische Beobachtungen, vor allem Photographie am Astrographen (Karl Schwarzschild!).
Heute ist der Große Refraktor das Hauptinstrument für Führungen und Beobachtungen.
→ Begutachtungen des optischen Zustandes des Großen Refraktors
Der Meridiankreis
Technische Daten:
Objektivdurchmesser: 12,3cm
Objektivbrennweite: 150cm
Vergrößerungen: 60- bis 240-fach
Höhenkreisteilung: 2'
Durchgangsmessung: Unpersönliches Mikrometer
Meßgenauigkeit in Rektaszension: 0,036"
Meßgenauigkeit in Deklination: 0,49"
Baujahr: 1884
Der Meridiankreis der Kuffner-Sternwarte war der größte der gesamten Donaumonarchie; demzufolge ist er heute der größte Meridiankreis Österreichs und einer der größten in Europa. Dieses Instrument hat wohl am meisten zum Ruhm der Kuffner-Sternwarte in den Jahren 1887 bis 1916 beigetragen.
Die Optik stammt von Steinheil, München; die präzise Feinmechanik wiederum von Repsold & Söhne, Hamburg. 1884 wurde der Meridiankreis in Auftrag gegeben, 1886 geliefert, erste Beobachtungen fanden 1887 statt.
Die Ausstattung dieses Instruments ist bemerkenswert:
Ein halbapochromatisches, zweilinsiges Objektiv sorgt für erstklassige Bilder, obwohl dies bei einem solchen Instrument nicht notwendig wäre. Zahlreiche Zusatzinstrumente wie Kollimatorfernrohr (Norden), Mirenlinse (Süden) und Quecksilber-Horizont (Nadir) dienen zur Eichung und Bestimmung von Gerätefehlern. Später wurde von Leo de Ball auch noch ein unpersönliches Mikrometer angeschafft, das den Durchgang eines Sterns durch den Meridian mit elektrischen Kontakten festhält und so Ungenauigkeiten in der Messung durch reaktionsbedingte Verzögerungen des Beobachters verhindert. Alle Instrumente ruhen, wie der Meridiankreis selbst, auf massiven Pfeilern, die nirgends mit den Gebäude verbunden sind.
Das Prinzip der Merdianbeobachtung
Gemessen werden bei einer Meridianbeobachtung zwei Größen:
- der Zeitpunkt, zu dem ein Gestirn durch den Meridian geht und
- die Höhe des Durchgangs über dem Süd-Horizont.
Aus dieser Messung können bestimmt werden:
- die Position des Gestirns
- die (Orts)zeit zum Zeitpunkt des Durchgangs
- die geogr. Position des Beobachters
wenn die beiden anderen Parameter jeweils bekannt sind.
Die Durchführung einer Messung
Die Messung der Durchgangshöhe erfolgt direkt an der Höhenskala (daher der Name "Meridiankreis") an jeweils 4 Ablesemikroskopen und Mittelung. Genauigkeit: Max. 0,1". Da die geogr. Breite infolge der Polschwankungen um bis zu 1" variieren kann, wurde diese durch Messungen am Vertikalkreis immer wieder überprüft. Der schon 1886 gelieferte Meridiankreis war noch nicht mit einem unpersönlichen Mikrometer ausgestattet. Erst ab 1911 erfolgten die Messungen des Durchgangszeitpunkts mittels eines unpersönlichen Mikrometers; der Beobachter führt eine Markierung der Bewegung des Sterns nach (Dauer eines Durchgangs durch das Gesichtsfeld: ca. 2 Minuten). Diese Markierung löst vor und nach dem genauen Meridiandurchgang ca. 20 elektrische Impulse aus, die auf einen Kanal am Chronographen übertragen werden. Auf dem 2. Kanal werden die Sekundenschläge der Präzisionspendeluhr aufgezeichnet. Die Auswertung des Messstreifens erfolgt anschließend graphisch (Messapparat!) auf ca. 0,01 Sekunden genau. Die Genauigkeit hängt von der Genauigkeit der Pendeluhr ab.
Für eine gute Meridianbeobachtung wurde neben dem Beobachter noch 1 Assistent zum Ablesen der Mikroskope und ca. 1 Stunde Vorbereitungszeit benötigt. Eine exakte Sternposition ergibt sich aus gewichteter Mittelung von 10 bis 50 Einzelbeobachtungen!
Historische Bedeutung
Der Meridiankreis der Kuffner-Sternwarte wurde primär für Positionsmessungen von Gestirnen verwendet (Zonenprogramm der AG, 1890-1904, Zone -6° bis -10°, 8.468 Sterne), es wurden jedoch auch Zeitmessungen (an bekannten Sternen) durchgeführt. Die geogr. Position des Instruments ist konstant und bekannt.
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Katalog der Astronomischen Gesellschaft. Zweite Abteilung, Katalog der Sterne bis zur neunten Größe zwischen 2° und 23° südlicher Deklination für das Äquinoktium 1900. Zweites Stück, Zone -6° bis -10° beobachtet auf der Sternwarte Wien-Ottakring. Katalog von 8468 Sternen, Leo de Ball 1904. (archive.org)
Der Vertikalkreis
Technische Daten:
Objektivdurchmesser: 8,1cm
Objektivbrennweite: 120cm
Baujahr: 1890/1891 (laut Repsold
[Ref. 1.), S. 51])
Geschichtliche Daten
Der Vertikalkreis der Kuffner-Sternwarte diente als Zusatzinstrument zum Meridiankreis, um die Polschwankungen der Erde zu messen. Es handelt sich um ein sehr seltenes Instrument, von dem nur mehr sehr wenige erhalten sind. Wie bei allen Instrumenten der Kuffner-Sternwarte stammt die Optik von Steinheil in München und die Mechanik von Repsold & Söhne in Hamburg.
Der Vertikalkreis wurde vermutlich Ende des Jahres 1891
[Ref. 2.)] geliefert.
Dieses Instrument wurde primär zur Ergänzung für Positionsmessungen von Gestirnen verwendet (Zonenprogramm der AG, 1890-1904, Zone -6° bis -10°, 8.468 Sterne), um die Unsicherheit in der Deklination infolge der Polschwankungen zu messen.
Prinzip einer Vertikalbeobachtung
Die Messung erfolgt ähnlich wie beim Meridiankreis, die Auswertung der Ergebnisse erfordert aber einen hohen Rechenaufwand.
Da sich Unsicherheiten in der geogr. Breite nicht auf den Zeitpunkt des Meridiandurchgangs, sehr wohl aber auf den Zeitpunkt des Vertikaldurchgangs auswirken, sind Messungen des Durchgangszeitpunktes von Gestirnen mit bekannter Position unter Kenntnis der exakten Uhrzeit ein gutes Mittel, die geogr. Breite des Beobachtungsortes zu bestimmen. Genauigkeit: ca. 0,01" (entspr. 30cm auf der Erde).
Vertikalkreise sind sehr selten, nur wenige Sternwarten sind heute noch im Besitz eines derartigen Instruments.
Das Heliometer
Ursprüngliche technische Daten
Objektivdurchmesser: 21,7cm
Objektivbrennweite: 300cm
Montierung: Deutsche parallaktische Montierung
Nachführung: Uhrwerkantrieb
Baujahr: laut Repsold 1894
[Ref. 3.), S. 41]
Historische Bedeutung
Das Heliometer der Kuffner-Sternwarte war ursprünglich ein Messinstrument, mit dem sehr kleine Winkel gemessen werden konnten. Von dieser sehr seltenen Gerätegattung ist es das größte der Welt!
Haupteinsatzgebiet war die Messung von Fixsternparallaxen, also die Ermittlung von Entfernungen von Fixsternen.
Die Optik stammt wieder von Steinheil, München, die Mechanik von Repsold & Söhne, Hamburg. Das Heliometer wurde bereits im Oktober 1889 in Auftrag gegeben, war aber erst 1894 fertiggestellt. Im Sommer desselben Jahres kam das Instrument in Wien an
[Ref. 4.)] . 1896 wurde es in Betrieb genommen. Das Heliometer kostete inklusive Fahrstuhl 50194,70 Mark. Das Objektiv von der Firma Steinheil, bereits im April 1891 an Repsold geliefert, kostete 5000,- Mark
[Ref. 5.)].
Zwischen 1899 und 1908 wurden mit diesem Instrument von Leo de Ball 16 Fixsternparallaxen gemessen, das war etwa ein Achtel aller weltweit gemessenen Parallaxen.
Im Frühjahr 1941 wurde das Heliometerobjektiv gestohlen wodurch der wertvolle Messmechanismus zerstört wurde. Nach Kriegsende wurde das Objektiv durch ein normales Objektiv ersetzt.
Einem denkmalschützerischen Gesichtspunkt folgend sollte 1999 das Objektiv und die Mechanik des Heliometers ihre ursprüngliche Funktion zurückerhalten. Die damals montierte, aber nicht voll funktionsfähige Linse wurde erst 2012 beim Venustransit provisorisch vom Verein Kuffner-Sternwarte in Betrieb genommen.
Ermöglicht durch eine Unterstützung des Eberstadt-Kuffner-Global Fund, der Urenkel der Sternwartegründers, hat der Verein Kuffner-Sternwarte das Instrument 2022 mit einem leistungsfähigen modernen Objektiv ausgerüstet. Bezeichnet mit APO 216/3300, No.001 der Astro Optik Manufaktur & 4H-Jena. Es ist eines der größten und leistungsfähigsten Linsenobjektive das in Österreich öffentlich zugänglich ist.
Wie funktioniert eine Parallaxenmessung ?
Gemessen werden bei einer Parallaxenmessung:
- die Winkelabstände (in Bogensekunden) und
- die Positionswinkel vom zu messenden Gestirn zu benachbarten
Gestirnen mit bekannter Position.
Aus dieser Messung alleine kann noch nichts außer einer sehr genauen Gestirnposition gemessen werden. Eine Parallaxe (und damit eine Entfernung) ergibt sich erst aus dem gewichteten Mittel zahlreicher Einzelbeobachtungen über einen Zeitraum von mind. 6 Monaten, besser 1 Jahr oder mehr.
Die Messung der Winkelabstände erfolgt mit Hilfe eines in zwei Hälften zerschnittenen Objektivs, das ein Doppelbild erzeugt. Bringt man, durch Verschieben der beiden Objektivhälften gegeneinander, Original des Messsterns und Doppelbild des Referenzsterns zur Deckung, so kann man auf einem Mikrometer den Winkelabstand in Bogensekunden ablesen. Voraussetzung ist, daß die Schnittlinie des Objektivs durch Drehen des gesamten Objektivkopfes exakt in die Verbindungslinie Stern-Messstern gebracht wird.
Die Messung des Positionswinkels erfolgt direkt an einem Ablesekreis nach Drehung des Objektivkopfes. Für eine gute Parallaxenbeobachtung wurden ca. 2 bis 3 Stunden Zeit benötigt. Während dieser Zeit mussten die Witterungsbedingungen (Seeing, Refraktion) konstant bleiben.