Karl Schwarzschild (1873-1916)
Observator an der Kuffner-Sternwarte von 1897-1899
Der Kuffner-Sternwarte gehörten zeitweilig einige Astronomen an, die später international bekannt geworden sind. Der wohl bedeutendste Mitarbeiter der Kuffner-Sternwarte war aber zweifellos Karl Schwarzschild, dessen Todestag sich heuer zum 85. Mal jährte.
B i o g r a p h i e:
Karl Schwarzschild wurde am 9. Oktober 1873 in Frankfurt/Main geboren.
Er besuchte das dortige Gymnasium und konnte bereits als Schüler zwei kleinere Artikel in den Astronomischen Nachrichten, einer hoch angesehenen Zeitschrift die den heutigen Blättern wie Astronomy und Astrophysics oder Astrophysical Journal vergleichbar ist, veröffentlichen.
1890 verließ er Frankfurt um als frischgebackener Maturant in Straßburg mit dem Studium der Astronomie zu beginnen. 1892 ging Schwarzschild nach München, wo er 1896 bei Hugo von Seeliger mit der Arbeit promovierte: "Die Poincarésche Theorie des Gleichgewichts einer homogenen rotierenden Flüssigkeitsmasse".
Bereits im Oktober 1896 trat Karl Schwarzschild als Assistent in die Kuffner-Sternwarte ein und blieb drei Jahre dessen Mitarbeiter.
Schwarzschild arbeitete am photographischen Refraktor der Kuffner-Sternwarte und begann sich mit dem Problem der photographischen Photometrie auseinanderzusetzen. Dazu photografierte er insbesondere den offenen Sternhaufen der Plejaden intra- und extrafokal mit verschiedenen Expositionszeiten.
Neben diesen Aufnahmen führte er umfangreiche Laborexperimente durch, wobei ihm der damalige Leiter der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, Hofrat Eder, unterstützte.
Eine wesentliche Verbesserung der Darstellung der photographischen Schwärzung gelang Schwarzschild durch Einführung eines später nach ihm benannten Exponenten bei der Belichtungszeit bzw. Intensität.
1899 kehrte Schwarzschild nach München zurück und habilitierte sich dort mit Arbeiten die er an der Kuffner-Sternwarte durchgeführt hatte. Im Herbst 1901 erhielt er einen Ruf als außerordentlicher Professor und Direktor der Sternwarte nach Göttingen. Ein Jahr später wurde er Ordinarius.
In seinen Göttinger Jahren beschäftigte er sich vor allem mit:
himmelsmechanischen Problemen,
der photographischen Photometrie,
der Physik der Sonnenatmosphäre und der Stellarstatistik
So schuf er durch die Einführung der sogenannten photographischen Helligkeiten die Voraussetzung, aus Himmelsaufnahmen genauere Sternhelligkeiten ableiten zu können. Da die Photoplatten eine andere spektrale Empfindlichkeit aufwiesen als das menschliche Auge, war ein Vergleichssystem notwendig geworden.
Eine Angleichung der photographischen Helligkeiten an die visuellen war ein äußerst diffiziles Problem. Erst 1953 gelang dies endgültig den amerikanischen Astronomen Johnson und Morgan mit dem noch heute weit verbreiteten und wichtigen UBV-System.
Der Farbindex, jene Größe, die den Unterschied zwischen den in zwei Spektralbereichen gemessenen Helligkeit eines Sterns zahlenmäßig ausdrückt, ist ein weiteres Resultat der Arbeiten Schwarzschilds, das bis heute die Zeit überdauert hat.
Ein Nebenprodukt aus seinen Tätigkeiten über photographische Arbeiten ist der sogenannte Schwarzschild-Exponent der bei Filmen angibt, welche Lichtmenge diese relativ zur Belichtungszeit aufnehmen können.
Mit der Göttinger Aktinometrie (1910) entstand unter Schwarzschild alsbald ein Sternkatalog von besonderer Qualität. Er umfasste 3500 Sterne bis 7,5 mag zwischen 0 und +20° Deklination, wobei die Helligkeit und Farbindices auf photographischem Wege bestimmt wurden. Als Schwarzschild jedoch Göttingen verließ, bedeutete dies das vorzeitige Ende des Projekts. Es wurde nicht fortgeführt und blieb bedauerlicherweise unvollendet.
Aktinometrie: Wissenschaftsbereich, der sich mit der Strahlungsmessung beschäftigt.
In der Astronomie versteht man unter einer Aktinometrie einen Katalog, der die scheinbaren Helligkeiten von Sternen verzeichnet.
In einer anderen Arbeit erkannte Schwarzschild, dass der Energietransport in Sternhüllen in Form von Strahlung erfolgt und legte damit den Grundstein für seine Theorie über das Strahlungsgleichgewicht in Sonnenatmosphären.
Ferner verdankt die Stellarstatistik ihm eine direkte Methode zur raschen Bestimmung von Eigenbewegungen von Fixsternen und deren statistische Verteilung im Raum. Wobei er damals Dichtefunktion, Leuchtkraftfunktion und die Verteilung von Fixsternen in Abhängigkeit von der scheinbaren Helligkeit miteinander verband.
1909 ging er als Direktor des Astrophysikalischen Observatoriums nach Potsdam. Mit der Berufung an dieses erstklassig ausgestattete Institut ging Schwarzschild leider der Wiener Universitäts-Sternwarte als Kandidat für die Nachfolge des Direktors, Professor Edmund Weiss, verloren. Ursprünglich war Schwarzschilds Doktorvater, Hugo von Seeliger, für diesen Posten in Potsdam vorgesehen, doch er hatte dankend abgelehnt, um seinem ehemaligen Schützling den Weg zu ebnen. In Potsdam wandte sich Schwarzschild stärker der Stellarstatistik zu und versuchte, aus Objektivprismen-Aufnahmen Radialgeschwindigkeiten zu messen.
1912 wurde Schwarzschild zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften ernannt. 1914 war Schwarzschild 41 Jahre alt, als der 1. Weltkrieg ausbrach. Er rückte ein, kehrte aber bereits im März 1916 als Invalide zurück.
Zwar gelang es ihm noch, im Umfeld der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein (1879-1955), den nach ihm benannten Radius zu definieren, der angibt, wo der von der Masse des jeweiligen Himmelskörpers abhängige Punkt liegt, an dem seine Gravitationskraft unendlich groß wird (Ereignishorizont), doch konnte er seinen persönlichen Kampf gegen die Krankheit nicht gewinnen.
Am 11. Mai 1916 verstarb er, wenige Monate vor Vollendung des 43. Lebensjahres.
Karl Schwarzschild, dessen Vielseitigkeit bemerkenswert war und der auch in der theorethischen Physik beachtliches leistete, wird heute zu Recht als einer der Väter der Astrophysik bezeichnet. Ihm zu Ehren taufte man am 19. Oktober 1960 die Sternwarte bei Tautenburg auf den Namen Karl-Schwarzschild-Observatorium.
Ferner verleiht die Astronomische Gesellschaft, im Gedenken an den großen Astronomen, die Karl- Schwarzschild-Medaille an Astronominnen und Astronomen von hohem wissenschaftlichen Rand. Die Verleihung ist verbunden mit der Karl-Schwarzschild-Vorlesung im Rahmen der wissenschaftlichen Jahrestagung und deren Abdruck in den Publikationen.
Unter den Preisträgern finden sich Namen wie: Jan H. Oort, Chandrasekhar, Ludwig Biermann und last but not least Martin Schwarzschild, der die Liebe und die Begabung zur Astrophysik von seinem Vater geerbt hat.
Susanne Plank
20.7.2001