Johann Palisa
Heuer jährte sich der Todestag von Johann Palisa, dem erfolgreichsten Kleinplanetenentdecker in der österreichischen Geschichte, zum 75. Mal. Das möchte ich zum Anlaß nehmen, um durch ein paar Zeilen seine Arbeit zu würdigen.
Am 2. Mai vor 75 Jahren verstarb Johann Palisa (1848-1925) in Wien. Er war und ist der erfolgreichste Kleinplaneten-Entdecker in der österr.Geschichte. Insgesamt entdeckte er 121 Kleinplaneten. (28 in Pola und 93 in Wien) Ferner schuf Palisa in Zusammenarbeit mit Max Wolf von der Sternwarte in Heidelberg das große Sammelwerk der Wolf-Palisa-Sternkarten welches 1900 veröffentlicht wurde. Und 1902 erschien von Johann Palisa ein
Sternlexikon, das Sterne von -1° Deklination bis + 19° Deklination umfaßte.
Für seine hervorragenden Leistungen erhielt er den Preis der Pariser Akademie.
Johann Palisa wurde am 6. Dezember 1848 in Troppau, Schlesien geboren. Er studierte von 1866 bis 1870 Mathematik und Astronomie an der Universität in Wien. Promoviert hat er allerdings erst 1884. Im Jahr 1870 war er Assistent an der Wiener Universitäts-Sternwarte und 1871 Adjunkt an der Sternwarte in Genf. Ab 1872 leitete er die Marine-Sternwarte am hydrographischen Amt in Pola. (Pola war von 1850 bis 1918 Kriegshafen der österr.ung.Monarchie.)
Sternwarten dienten auch zur Erstellung von Sternkarten für die Navigation auf See.
1880 kehrte Palisa nach Wien zurück und wurde erster Adjunkt an der neuen Universitätssternwarte in Wien Währing. 1908 wurde er deren Vizedirektor und im Jahr 1919 wurde er als Hofrat mit dem Recht auf Fortsetzung seiner Beobachtungen pensioniert.
1883 nahm Palisa an der französischen Sonnenfinsternisexpedition auf dem Carolina-Atoll, 450 Meilen nordwestlich von Tahiti, teil. In erster Linie um die Finsternis zu beobachten, aber auch um den Planeten "Vulkan" zu finden, nach dem im 19.Jdt. mehrfach gesucht wurde. Ein Planet, dessen Bahn zwischen Sonne und Merkur verlaufen sollte. Die Vermutung auf das Vorhandensein eines weiteren Planeten war nicht nur aus der Luft gegriffen. Die Drehung der Apsiden der Merkurbahn wurde damals auf die störende Wirkung eines Planeten innerhalb seiner Bahn zurückgeführt. Verschiedene Suchaktionen blieben aber erfolglos. Der Überschuß in der Drehung der Apsidenlinie des Merkur und anderer sonnennaher Planeten kann heute endgültig durch die allgemeine Relativitätstheorie erklärt werden.
(Apsiden sind die beiden Bahnpunkte, die dem Primärkörper am nächsten (Periapsis) und am fernsten (Apapsis) sind. Beispielsweise sind die Apsiden der Erdbahn Perihel und Aphel, die der Mondbahn Perigäum und Apogäum. Die Apsidenlinie ist die Verbindungslinie dieser Punkte.)
Entdecker von Kleinplaneten haben ja das Recht der Namensgebung; können dieses aber auch auf andere Personen übertragen. Für die Kleinplaneten 242 und 243 übertrug Johann Palisa dieses Recht an Moriz von Kuffner, dem Erbauer unserer schönen Sternwarte in Wien, Ottakring. Moriz von Kuffner war ja Mitglied der Astronomischen Gesellschaft so wie Palisa, daher kannten sie einander. Er taufte die beiden Kleinplaneten Ida und Kriemhild. Ferner hatte Moriz von Kuffner auch bei zwei weiteren Asteroiden, 723 Hammonia und 724 Hapag, ein Mitspracherecht bei der Namensgebung.
Von den Kleinplaneten die Johann Palisa entdeckte, sind einige auch das Ziel moderner Forschungen.
Von Raumsonden besucht wurden:
243 Ida von der Raumsonde Galileo im Jahr 1993.
Bei diesem Kleinplaneten wurde beim Vorbeiflug ein kleiner Mond entdeckt. Er bekam den Namen Dactyl.
253 Mathilde von der Raumsonde NEAR im Jahr 1997.
Ferner wurde der Kleinplanet 719 Albert, welcher 1911 von Palisa entdeckt wurde und gleich wieder verloren ging, erst vor kurzem mit dem 0,9 m Spacewatch-Telescope am Kitt Peak, Arizona, wiederentdeckt. Der Asteroid wurde seinerzeit zu Ehren von Baron Albert de Rothschild auf den Namen Albert getauft. Der Baron war ein großzügiger Förderer der Wiener Universitäts-Sternwarte.
Von Kleopatra, einem weiteren von Palisa entdeckten Asteroiden, wurde erst vor kurzem mit Hilfe des 305 m großen Radiospiegels des Arecibo-Observatorium ein Modell aufgrund von Radardaten erstellt. Kleopatra ist wahrscheinlich Teil eines größeren Objektes, dessen Differentiation schon vollzogen war, als der Ursprungs-körper durch eine Kollision mit einem anderen Asteroiden in mehrere Teile zerbrach. Der metallische Kern des einstigen Mutterkörpers wurde bei dieser Kollision erhitzt und in seine jetzige Struktur geschmolzen. Dann kühlte er ab.
Aus der großen Zahl der schon bekannten Kleinplaneten sind immer wieder die von Palisa Entdeckten das Ziel moderner Forschungsaktivitäten.
Die Leistungen von Johann Palisa sind deshalb so herausragend, weil er die Entdeckung der Kleinplaneten weder auf fotografischem Wege noch mit einem automatischen Suchprogramm machte. Johann Palisa machte seine Entdeckungen ausschließlich durch Beobachtungen am Teleskop. Es erfordert sehr viel Ausdauer, Beharrlichkeit und genaues Beobachten, um auf diesem Wege so erfolgreich auf Kleinplanetenjagd zu gehen.
Johann Palisa war, das kann man ohne Übertreibung sagen, einer der weltbesten und erfolgreichsten Entdecker kleiner Planeten und wir dürfen stolz auf ihn sein.
September 2000/Susanne Plank