Der einzige Zwergplanet im Asteroidengürtel ist anders als man es erwartet hatte
Insgesamt weniger Wasser, aber Hinweise auf flüssige Solen in jüngster Vergangenheit
Die Mission Dawn hat einige Premieren absolviert, darunter diese, als erste Raumsonde in eine Umlaufbahn um zwei verschieden Objekte einzuschwenken. Ferner war sie die erste Sonde, die den Zwergplaneten Ceres, das weitaus größte Objekte im Asteroidengürtel, aus der Nähe erforschte. Dieser Besuch hat uns nun gezeigt, dass viele unserer Erwartungen, was wir auf Ceres finden würden, falsch waren. Ceres ist kein eisiges Objekt, aber flüssiges Wasser hat dazu beigetragen, einige der dramatischen Strukturen auf dem Zwergplaneten zu gestalten.
Einige Artikel über analysierte Daten von Dawn sind vor kurzem in der Zeitschrift Nature erschienen. In einem Fall sind die Autoren der Meinung, dass die Zusammensetzung des Zwergplanet viel steiniger ist als sie erwartet hatten. Zum anderen legten sie nahe, dass die mysteriösen hellen Flecken die in einigen Ceres-Kratern gefunden wurden, aus salzigen Solen bestehen, die ihren Weg an die Oberfläche fanden.
Vor dem Besuch der Raumsonde Dawn dachten die meisten, dass Ceres eine relativ geringe Dicht hat. Dies deutete für viele Leute darauf hin, dass Ceres zum größten Teil aus Wasser bestehen würde. Obwohl die Oberfläche dunkler war als man dies von Wassereis erwarten würde, dachte man, eine dünne dunkle Schicht befinde sich über einer eisigen Welt. Es wurden auch relativ wenig Krater erwartet, da Wassereis bei diesen Temperaturen (120 K und höher) halb viskos ist.
Argumente gegen Eis: Krater
Die Realität sieht anders aus. Ceres ist eine an Kratern reiche Welt, wie die Aufnahme deutlich zeigt. In der Tat sind viele der größeren Krater durch kleinere Einschläge pockennarbig, was darauf hinweist, dass die ursprünglichen Krater sehr alt sind. Einer der beiden veröffentlichten Artikel vergleicht das scheinbare Alter der Krater mit dem Verhalten, das man von einer Wasser-Eis-Welt erwarten würde.
Die Autoren modellierten, wie sich tiefe Krater im Laufe der Zeit in verschiedenen Bereichen von Ceres entwickeln würden (wie auf der Erde sind die Pole des Zwergplaneten kälter als die äquatorialen Regionen). Zwar wäre es möglich, eine eisige Ceres zu haben, die alte Krater in der Nähe der Pole hat, aber auf den anderen Regionen des Zwergplaneten würde das Wassereis eine Viskosität haben, was dazu führen würde, dass sich die Krater langsam verformen. Wenn genug Zeit verstrichen ist, würden auch tiefe Krater auf weniger als 500 m Tiefe verringert werden, wenn Wassereis das dominierende Material auf Ceres wäre. Ein 100 km großer Krater wäre nach nur 10 Millionen Jahren nicht mehr zu sehen.
Sie verglichen dies mit dem Katalog von den aktuellen Krater-Tiefen, wie Dawn sie kartiert hat und dies zeigte, dass es eine große Diskrepanz gibt: Viele der aktuellen Krater, darunter auch einige sehr alte, sind sehr tief. Sie berechneten, dass die Persistenz dieser Krater erfordert, dass, aus was auch immer Ceres` Kruste besteht, diese 100-mal mehr viskos sein müsste, wenn sie aus Wassereis bestehen würde. „Ceres` äußere Schicht ist daher wahrscheinlich arm an Wassereis. Sie besteht vermutlich zu 60 – 70 Prozent des Volumens nicht aus Eis“ schlussfolgern die Autoren.
Aber, welches Material ist es? Die Autoren vermuten, dass verschiedene Salz-Eis-Mischungen oder Clathrate (organische Moleküle, die in Wassereis eingeschlossen sind) das Eis etwas robuster gemacht haben könnten. Es ist aber auch möglich, dass Ceres Großteils aus felsigem, aber sehr porösem Material besteht. Eine lockere Mischung aus jenem Material, das in vielen Asteroiden vorkommt (sogenannte Chondrite), könnte auch die Ursache für die scheinbar geringe Dicht sein.
Argumente für Wasser: Helle Flecken
Wenn es Wasser auf der Oberfläche von Ceres gibt, gibt es auch neue Hinweise auf das Vorhandensein im Inneren. In einigen Kratern des Zwergplaneten kommen helle Flecken vor, welche schon leicht zu erkennen waren, als Dawn sich Ceres näherte. Es hat viele Spekulationen gegeben, aus welchem Material sie bestehen könnten. Eine Analyse der spektroskopischen Daten scheint mit dem Argument vereinbar zu sein, dass es die größten Ablagerungen von Natriumcarbonat im Sonnensystem sind.
Das Spektrum eines Materials– welche Wellenlängen des Lichts absorbiert oder reflektiert werden – können den Forschern eine Menge über seine Zusammensetzung erzählen. Und die Raumsonde Dawn hat ein Instrument, das Spektren des reflektierenden Lichts von der Ceres-Oberfläche erhält. Diese Spektren zeigen, dass sich die hellen Flecken deutlich von jenem Material unterscheiden, das sich in benachbarten Kratern-Böden gebildet hat. Die Daten zeigen auch, dass nur wenige Prozent des Gesamtmaterials aus Wasser besteht.
Stattdessen gibt es ein klares Signal für Carbonate; kombiniert mit anderen Materialien, behaupten die Autoren und sagen, dass die wahrscheinlichste Form Natriumcarbonat ist, eine Chemikalie, die in industriellen Prozessen auf der Erde häufig Verwendung findet. Wir stellen es hier her und weil es so wasserlöslich ist kann es - wenn es sich auf natürlichem Wege gebildet hat - nicht lange bestehen.
Wie kam es auf Ceres? Die Autoren argumentieren, dass es normalerweise nicht auf Asteroiden oder Kometen vorkommt, so dass es durch einen Einschlag nicht auf Ceres gelangen konnte. Es mag in Kratern gefunden werden, aber es steht nicht in Verbindung mit Frakturen oder mit Zentralbergen von Einschlags-Kratern, was darauf hindeutet, dass es erst nach dem Aufprall dorthin kam. Der wahrscheinlichste Weg, um diese großen Ablagerungen zu bilden, ist eine wässrige Lösung von Natriumcarbonat, das an der Oberfläche gefror, wonach das Wasser aufgrund des Fehlen einer signifikanten Atmosphäre in den Weltraum sublimierte.
Das Problem ist, dass Ceres zu kalt für flüssiges Wasser ist. So schlagen die Autoren vor, dass die Wärme eines Aufpralls genug flüssiges Wasser erzeugt, um die Carbonate an die Oberfläche zu bringen. Aber auch salzige Solen wären eher zum Kochen zu bringen, als auf Ceres zum Fließen, so dass die Erklärung nicht ganz befriedigend ist.
Das Endergebnis dieser Arbeit ist, dass wir ein paar großen Fragen über Ceres noch zu beantworten haben. Wir wissen, woraus die hellen Flecken bestehen und wie eisig der Zwergplanet ist. Aber um diese Fragen zu beantworten, mussten wir alles völlig neu interpretieren. Dawn ist immer noch bei Ceres, so gibt es eine Chance, dass uns weitere Daten sagen werden, woraus Ceres besteht und wie das Wasser auf der Oberfläche des Planeten fließen könnte.
Dawns Primär-Mission endete am Donnerstag, den 30. Juni. Die Sonde wird aber weiterhin den Zwergplaneten umkreisen, bis entschieden ist, ob eine erweiterte Mission von der NASA genehmigt wird und die Raumsonde ein drittes Objekt besuchen kann. Die NASA muss sich bald entscheiden, denn wenn die Sonde den Zwergplaneten Ceres nicht bis zum 12. Juli verlässt, hat sie nicht genug Hydrazin-Treibstoff, um die Reise zu einem dritten Objekt zu anzutreten.
Wenn die Raumsonde Dawn bei Ceres bleiben sollte, ist genug Hydrazin vorhanden sein, um noch bis Anfang 2017 arbeiten zu können, sagen die Missions-Forscher.
Update 2. 7. : Dawn bleibt bei Ceres
1. Juli 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte