Heuer am 27. März jährt sich die Entdeckung des Asteroiden (975) Perseverantia durch Johann Palisa zum 100. Mal - eine seiner drei letzten Entdeckungen.
Das Wetter war im Jahr 1922 besonders ungünstig. Johann Palisa, der seit 1881 an der Wiener Universitätssternwarte tätig war, meinte sogar, dass er in der langen Reihe von Jahren, die er schon Beobachtungen mache, noch nie ein so ausdauernd schlechtes Wetter erlebt habe. Trotz der ungünstigen Bedingungen gelang Johann Palisa, dem erfolgreichsten visuellen Kleinplanetenentdecker der Geschichte, am 27. März 1922 noch eine Entdeckung an der Wiener Universitätssternwarte. Bis zum 29. Mai 1922 wurde der Asteroid 23 Mal gesichtet, was für eine vorläufige Bahnbestimmung reichte; der Asteroid bekam die vorläufige Bezeichnung 1922 LT.
Die Namensgebung des Asteroiden hat Palisa, der 1925 verstarb, nicht mehr erlebt. Auf Wunsch des Astronomischen Recheninstituts und im Einverständnis mit Amalia Palisa (geb. Benda), der Witwe des Astronomen, hatte sein Schwiegersohn Joseph Rheden dem Asteroiden im Jahr 1930 den Namen Perseverantia (lat. Ausdauer, Beharrlichkeit) gegeben. Eine Eigenschaft die Palisa in hohem Maße besaß. Er entdeckte auf visuellem Wege 122 Asteroiden; davon 94 in Wien.
975 Perseverantia war einer der drei letzten von Palisa entdeckten Asteroiden. Am 21. März 1923 entdeckte er noch 996 Hilaritas und am 14. September 1923 den Asteroiden 1073 Gelllivara. Auch diese zwei Asteroiden wurden 1930 von Rheden benannt. Hilaritas (lat. Heiterkeit) sollte an Palisas heiteres Gemüt erinnern. Die Benennung des letzten Asteroiden Gellivara sollte ein Zeichen des Dankes an Schweden sein, das bei der Sonnenfinsternis im Jahr 1927 Astronomen aller Länder, darunter auch einen Österreicher, an diesem Ort gastfreundlich beherbergte.
Die siderische Umlaufzeit des Asteroiden 975 Perseverantia beträgt 4,771 Jahre. Seine Hauptachse liegt im inneren Teil des Hauptgürtels in einer Entfernung von 2,824 AE. Das ist in der Nähe der Kirkwoodlücke, die mit Jupiter in einer 5/2 Resonanzbewegung steht. Der Asteroid hat eine fast kreisförmige Umlaufbahn mit geringer Neigung. Seine Bahnparameter sind nahe an den Bahnparametern der Asteroiden der sogenannten Koronis (2) Familie, einer Untergruppe der Koronisfamilie. Den Lichtkurven zufolge, beträgt die Rotationsperiode des Asteroiden 7,267 Stunden. Die spektralen Eigenschaften (BV) = 0,845 (UB) = 0,425 deuten darauf hin, dass Perseverantia ein S-Typ Asteroid ist. Anhand der Helligkeits- und Albedodaten wurde der Durchmesser des Asteroiden auf 22 km berechnet.
Die Koronis-Familie (auch Lacrimosa-Familie genannt) ist eine große Asteroiden-Familie, deren Mitglieder meist aus Silikaten bestehen. Die Familie ist nach dem Asteroiden Koronis benannt, der am 4. Jänner 1875 von Viktor Knorre entdeckt wurde. Der größte Asteroid der Familie ist aber mit 41 Kilometern Durchmesser 208 Lacrimosa, der auch von Johann Palisa entdeckt wurde, und zwar in Pola am 28. Oktober 1879.
Es gibt zwei Unterfamilien; die Karin-Familie, die bei einer Kollision vor geschätzten 5,72 Millionen Jahren gebildet wurde, und die Koronis (2)-Familie, zu der Perseverantia gehört, die vor 15 Millionen Jahren bei einer nicht-katastrophalen Kollision mit 158 Koronis entstand.
Am 28. August 1993 besuchte die Raumsonde Galileo einen Asteroiden der Koronis-Familie, 243 Ida, der ebenfalls von Johann Palisa entdeckt wurde, und zwar am 29. September 1884. Bei diesem Asteroiden wurde am 17. Februar 1994 von Ann Harch aus dem Team der Galileo-Mission, bei der Durchsicht von Bildern, ein 1,4 Kilometer großer Mond entdeckt, der den Namen Dactyl bekam. Es war der erste Asteroidenmond der entdeckt worden ist.
Ein weiterer von Johann Palisa entdeckter Asteroid, der von einer Raumsonde besucht wurde, ist 253 Mathilde, der am 12. November 1885 von Johann Palisa in Wien entdeckt wurde. Die Raumsonde NEAR-Shoemaker flog im Juni 1997 in 2400 km Entfernung an Mathilde vorbei und sandte Aufnahmen zur Erde.
17. Jänner 2022/SP
Verein Kuffner-Sternwarte