Im vergangenen Monat brachte Japans Hayabusa 2-Mission Steine nach Hause, die von einem erdnahen Asteroiden namens Ryugu aufgesammelt wurden. Während die Analyse dieser erhaltenen Proben gerade erst beginnt, verwenden Forscher Daten von Instrumenten der Raumsonde, um neue Details über die Vergangenheit des Asteroiden zu enthüllen.
In einer in Nature Astronomy veröffentlichten Studie erklärten Forscher, warum Ryugus Mineralien nicht so viel Wasser enthalten wie einige andere Asteroiden. Die Studie legt nahe, dass der alte Mutterkörper, von dem Ryugu stammt, wahrscheinlich in einer Art von thermischen Ereignis ausgetrocknet wurde, und zwar bevor Ryugu entstand, weshalb der Asteroid trockener ist als man erwartet hatte.
„Eines der Dinge die wir versuchen zu verstehen ist, wie die Verteilung des Wassers im frühen Sonnensystem war und wie dieses Wasser möglicherweise auf die Erde gelangte“, sagte Ralph Milliken, ein Planeten-Wissenschaftler an der Universität Brown und Co-Autor des Artikels. „Es wird angenommen, dass wasserhaltige Asteroiden eine Rolle dabei gespielt haben. Wenn wir Ryugu aus der Nähe untersuchen und Proben davon bekommen, können wir die Häufigkeit und Geschichte wasserhaltiger Mineralien auf diesen Asteroiden besser verstehen.“
Einer der Gründe, warum Ryugu als Ziel ausgewählt wurde ist laut Milliken, dass er zu einer Klasse von Asteroiden gehört, die eine dunkle Farbe haben und vermutlich wasserhaltige Mineralien und organische Verbindungen enthalten. Es wird angenommen, dass dieser Typ von Asteroiden die möglichen Mutterkörper von dunklen, wasser- und kohlenstoffhaltigen Meteoriten sind, die auf der Erde als kohlenstoffhaltige Chondriten bekannt sind. Diese Meteoriten werden seit vielen Jahrzehnten in Labors auf der ganzen Welt eingehend untersucht, aber trotzdem war es bis jetzt noch nicht möglich genau festzustellen, von welchem Asteroiden ein bestimmter kohlenstoffhaltiger Chondrit-Meteorit stammen könnte.
Die Mission Hayabusa 2 konnte erstmals eine Probe von einem dieser faszinierenden Asteroiden aufsammeln und direkt zur Erde zu bringen. Beobachtungen von Ryugu durch Hayabusa 2, als die Sonde den Asteroiden begleitete, deuten jedoch darauf hin, dass dieser Asteroid möglicherweise nicht so wasserreich ist wie Wissenschaftler ursprünglich erwartet hatten. Es gibt mehrere konkurrierende Ideen, wie und wann Ryugu möglicherweise etwas von seinem Wasser verloren hat.
Ryugu ist ein Trümmerhaufen – ein loses Konglomerat von Gesteinen, die durch die Schwerkraft zusammengehalten werden. Wissenschaftler glauben, dass sich solche Asteroiden wahrscheinlich aus Trümmern bilden die übrig bleiben, wenn größere und festere Asteroiden durch einen großen Einschlag auseinander brechen. Es ist also möglich, dass die heutige Wassersignatur auf Ryugu alles ist, was von einem ehemals wasserreicheren Mutter-Asteroiden übrig geblieben ist, der aufgrund eines thermischen Ereignisses ausgetrocknet war. Es könnte aber auch sein, dass Ryugu nach einer katastrophalen Zerstörung und anschließender Neuordnung als Trümmerhaufen austrocknete. Ferne könnte es auch sein, dass Ryugu in seiner Vergangenheit einige enge Passagen an der Sonne hatte, die zu einer Erwärmung führten und seine Oberfläche dadurch austrocknete.
Die Raumsonde Hayabusa 2 war dafür gebaut zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zu unterscheiden. Während seines Rendezvous mit Ryugu im Jahr 2019 feuerte Hayabusa 2 ein kleines Projektil auf die Oberfläche des Asteroiden. Der Aufprall erzeugte einen kleinen Krater und legte Gestein frei, das im Untergrund verborgen war. Mit einem Spektrometer für das Nahe Infrarot, mit dem wasserhaltige Mineralien nachgewiesen werden können, konnten die Forscher den Wassergehalt des Oberflächengesteins mit dem des Untergrundgesteins vergleichen.
Die Daten zeigen, dass die Wassersignatur des Untergrundgesteins dem des Oberflächengesteins ziemlich ähnlich ist. Dieser Befund steht im Einklang mit der Vorstellung, dass Ryugus Mutterkörper schon ausgetrocknet war, und nicht mit jenem Szenario, dass Ryugus Oberfläche von der Sonne ausgetrocknet wurde.
„Man würde erwarten, dass eine starke Erwärmung durch die Sonne hauptsächlich an der Oberfläche stattfindet und nicht zu tief in den Untergrund eindringt“, sagte Milliken. „Aber wir sehen, dass die Oberfläche und der Untergrund ziemlich ähnlich sind und dass beide relativ arm an Wasser sind, was uns zu der Idee zurückbringt, dass es Ryugus Mutterkörper war, der verändert wurde.“
Es muss jedoch noch mehr Arbeit getan werden um den Befund zu bestätigen, sagen die Forscher. Beispielsweise könnte die Größe der aus dem Untergrund stammenden Partikel die Interpretation der Spektrometer-Messungen beeinflussen.
„Das Aushubmaterial könnte eine kleinere Korngröße gehabt haben als das, was sich an der Oberfläche befindet“, sagte Takahiro Hiroi, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Brown und Co-Autor der Studie. „Dieser Korngrößeneffekt könnte es dunkler und röter erscheinen lassen als sein gröberes Gegenstück von der Oberfläche. Es ist schwierig, diesen Korngrößeneffekt mit Fernerkundung auszuschließen.
Glücklicherweise ist die Mission nicht darauf beschränkt, Proben aus der Ferne zu untersuchen. Da Hayabusa 2 im Dezember erfolgreich Proben zur Erde zurückgebracht hat, werden die Wissenschaftler bald einen viel genaueren Blick auf Ryugu werfen können. Einige dieser Proben könnten bald in das NASA Reflectance Experiment Laboratorium (RELAB) an der Brown Universität kommen, das von Hiroi und Milliken betrieben wird. Die Forscher sind gespannt, ob die Laboranalysen die Fernerkundungsergebnisse des Teams bestätigen.