Vor drei Jahren endete die Cassini-Huygens-Mission. Daten von einem der letzten Vorbeiflüge am Saturnmond Titan bringen jetzt Neuigkeiten zu den Meeren des größten Saturnmondes. Der riesige See auf der Oberfläche mit Namen Kraken-Meer scheint mehr als 300 Meter tief zu sein. Damit ist das Meer tiefer als der Donauturm hoch ist (252 m). Tatsächlich ist der See so tief, dass das Cassini-Radar ihn nicht bis zum Grund abtasten konnte.
Bereits 2014 deuteten vorläufige Daten dieses Vorbeiflugs darauf hin, dass das Kraken-Meer mindestens 35 Meter tief sei, sich aber vermutlich über eine noch größere Tiefe erstrecke. Die neu veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass der See fast zehnmal tiefer ist als diese frühere Schätzung.
Tiefe und Zusammensetzung des Kraken-Meeres zu erkunden wird helfen, nach und nach mehr über Titans mysteriöse Chemie zu enthüllen, die von Ethan und Methan dominiert wird, das sich in Becken, Seen und Flüssen an der Oberfläche sammelt. Die Bedeutung des Kraken-Meeres ergibt sich aus seiner immensen Größe; würde es auf der Erde transferiert liegen, würde es alle fünf großen Seen von Nordamerika bedecken.
„Kraken Mare hat nicht nur einen großartigen Namen, sondern enthält auch etwa 80% der Oberflächen-Flüssigkeiten des Mondes“, sagte der Hauptautor Valerio Poggiali, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter am Cornell University Center für Astrophysik und Planetenwissenschaften.
Während Titans Chemie im Vergleich zur Erde fremd anmutet, erinnert die Geographie des Mondes an sumpfige oder seenreiche Regionen auf unserem Planeten. Titan ist auch der einzige bekannte Mond in unserem Sonnensystem, der eine dicke Atmosphäre besitzt - eine gasförmige Stickstoffhülle, im Vergleich zur Stickstoff-Sauerstoff-Atmosphäre der Erde.
Das unterscheidet Titan von den zahlreichen Monden in unserem Sonnensystem, die nur schwache Exosphären haben oder ohne Atmosphäre sind (wie der Erdmond), und von den möglicherweise lebensfreundlichen „Eismonden“ wo Wassereis einen inneren Ozean bedeckt – wie auf Jupiters Mond Europa oder Saturns Mond Enceladus, die beide Wasser durch das Eis in den Weltraum speien.
Die Daten über das Kraken-Meer wurden während Cassinis 104. Vorbeiflug am Titan, am 21. August 2014 gesammelt, ungefähr drei Jahre bevor Ingenieure die Raumsonde absichtlich in die Saturnatmosphäre sendeten wo sie verglühte, um die geringe Wahrscheinlichkeit einer versehentlichen Kontamination des Mondes zu vermeiden.
Das Kraken-Meer war nur einer der Seen auf der Vermessungsliste der Mission für diesen Vorbeiflug. Die Forscher wollten sich auch das Ligeia-Meer ansehen, den Ort einer mysteriösen "magischen Insel", die regelmäßig auftaucht und verschwindet – und eine kleinere Mündung mit Namen Moray Sinus, die nach Schätzungen der Forscher 85 Meter tief ist. Cassini untersuchte die Mondoberfläche des Mondes mit einem Radarhöhenmesser aus einer Entfernung von 965 Kilometern.
Die Wissenschaftler berechneten die Seetiefe, indem sie feststellten, wie lange das Radarsignal brauchte um von der Flüssigkeitsoberfläche und vom Meeresboden zurückzuprallen. Sie verglichen die Differenz zwischen diesen Tiefen und berücksichtigten dabei die Zusammensetzung der Flüssigkeit in den Seen, die einen Teil der Energie des Radarsignals absorbiert.
Die Zusammensetzung des Kraken-Meers überraschte die Wissenschaftler ebenso wie dessen Tiefe. Es enthält eine Mischung aus Methan und Ethan, das sich von früheren Modellen unterscheidet, wonach das Ethan aufgrund der Größe des Sees und seiner geografischen Lage weiter von den Mondpolen entfernt überwiegen würde. Die unerwartete Chemie im See könnte Wissenschaftlern helfen, den Niederschlagszyklus auf Titan besser zu verstehen, meinen die Forscher.
Wissenschaftler hoffen auch herauszufinden, woher das flüssige Methan auf Titan stammt. Titan bekommt ungefähr 100-mal weniger Energie von der Sonne als die Erde, da der Mond zehnmal weiter entfernt ist.
Aktuell wird davon ausgegangen, dass es 10 Millionen Jahre dauert das gesamte Methan aus der Atmosphäre in Ethan umzuwandeln. Das ist vergleichsweise kurz. Es muss also irgendwie ergänzt werden.
Ingenieure arbeiten an einem U-Boot-Konzept, das, wenn es von der NASA genehmigt und finanziert wird, in den 2030er Jahren gestartet werden könnte, um die Seen auf Titan auszuloten. Poggiali sagte, die neu analysierten Daten von Cassini könnten den Ingenieuren helfen, „das Sonar an Bord des Schiffes besser zu kalibrieren und die Strömungsrichtungen des Meeres zu verstehen“.
Eine auf dieser Forschung basierende Studie wurde im Dezember im Journal von Geophysical Research: Planets veröffentlicht.