Mit Hilfe von Daten des Spitzer-Weltraumteleskop haben Wissenschaftler die drei am schnellsten rotierenden Braunen Zwerge identifiziert, die bisher gefunden wurden. Braune Zwerge sind massereicher als die meisten Planeten, aber nicht massereich genug, um wie Sterne dauerhaft thermonukleare Fusionsprozesse in ihrem Inneren ablaufen zu lassen. Obwohl sie den meisten Menschen nicht so bekannt sind wie Sterne und Planeten, wird angenommen, dass es in unserer Galaxie Milliarden von ihnen gibt.
In einer Studie, die im Astronomical Journal erscheint, argumentiert das Team, welches die neuen Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt hat, dass diese drei schnellen Rotatoren einer Grenze für alle Braunen Zwerge nähern könnten, ab der sie auseinander brechen würden. Die schnell rotierenden Braunen Zwerge haben alle ungefähr den gleichen Durchmesser wie Jupiter, sind aber zwischen 40 und 70 Mal massereicher. Sie drehen sich jeweils etwa einmal pro Stunde um ihre Achse, während die nächst schnellsten bekannten Braunen Zwerge etwa alle 1,4 Stunden und Jupiter 10 Stunden für eine Umdrehung braucht. Aufgrund ihrer Größe bedeutet dies, dass sich die äußersten Atmosphärenschichten beim größten der Braunen Zwerge mit einer Geschwindigkeit von mehr als 100 Kilometern pro Sekunde oder 360.000 Kilometern pro Stunde bewegt.
Die Geschwindigkeitsmessungen wurden unter Verwendung von Daten des Spitzer-Weltraumteleskop durchgeführt, das im Januar 2020 von der NASA in den Ruhestand versetzt wurde. (Die Braunen Zwerge wurden von der bodengestützten Two Miccron Sky Survey (2MASS) entdeckt, die bis 2001 lief.) Das Team bestätigte dann ihre ungewöhnlichen Ergebnisse durch Beobachtungen mit den bodengestützten Teleskopen Gemini North und Magellan.
Braune Zwerge wie Sterne oder Planeten rotieren bereits während ihrer Entstehung. Wenn sie abkühlen und sich zusammenziehen drehen sie sich schneller, genau wie eine Eisläuferin sich schneller dreht, wenn sie die Arme an ihren Körper zieht. Wissenschaftler haben die Rotationsperioden von etwa 80 Braunen Zwergen gemessen und stellten fest, dass ihre Perioden von weniger als zwei Stunden (einschließlich der drei Neuzugänge) bis zu Dutzenden von Stunden variieren.
Bei so einer breiten Vielfalt unter den bereits gemessenen Geschwindigkeiten bei Braunen Zwergen überraschte es die Autoren der neuen Studie, dass die drei schnellsten Braunen Zwerge fast genau die gleiche Rotationsperiode (etwa eine volle Umdrehung pro Stunde) haben. Dies kann nicht darauf zurückgeführt werden, dass sich die Braunen Zwerge zusammen gebildet haben oder sich im selben Stadium ihrer Entwicklung befinden, da sie unterschiedliche Eigenschaften haben: Einer ist ein warmer Brauner Zwerg, der andere ein kalter und der dritte liegt dazwischen. Da Braune Zwerge mit zunehmendem Alter abkühlen, deuten die Temperaturunterschiede darauf hin, dass diese Braunen Zwerge unterschiedlich alt sind.
Die Autoren führen dies nicht auf einen Zufall zurück. Sie glauben, dass die Mitglieder des schnellen Trios eine Grenze der Rotationsgeschwindigkeit erreicht haben, jenseits derer ein Brauner Zwerg auseinander brechen könnte.
Alle rotierenden Objekte erzeugen eine Zentripetalkraft, die zunimmt, je schneller sich das Objekt dreht. Bei Sternen und Planeten kann es geschehen, dass diese Objekte zerreißen. Bevor ein sich drehendes Objekt auseinanderbricht, beginnt es sich häufig um den Äquator aufzuwölben, da es sich unter dem Druck verformt. Saturn, der sich wie Jupiter alle 10 Stunden einmal dreht, hat eine wahrnehmbare äquatoriale Ausbuchtung. Basierend auf den bekannten Eigenschaften der Braunen Zwerge haben sie nach Angaben der Autoren wahrscheinlich einen ähnlichen Grad der Verformung.
Erreichen des Tempolimits
Wenn man bedenkt, dass Braune Zwerge mit zunehmendem Alter schneller werden, überschreiten diese Objekte regelmäßig die Grenze der Rotationsgeschwindigkeit und werden auseinandergerissen? Bei anderen rotierenden kosmischen Objekten wie Sternen gibt es natürliche Bremsmechanismen, die sie daran hindern, sich selbst zu zerstören. Es ist noch nicht klar, ob es bei Braunen Zwergen ähnliche Mechanismen gibt.
„Es wäre ziemlich spektakulär einen Braunen Zwerg zu finden der sich so schnell dreht, dass er seine Atmosphäre in den Weltraum schleudert“ sagte Megan Tannock, Ph.D. Doktorandin an der Western University in London, Ontario und Hauptautorin der neuen Studie. „Aber bisher haben wir so etwas noch nicht gefunden. Ich denke das muss bedeuten, dass entweder etwas die Braunen Zwerg wieder abbremst, bevor sie dieses Extrem erreichen, oder dass sie überhaupt nicht so schnell werden können. Das Ergebnis von unserer Arbeit unterstützt eine gewisse Art von Begrenzung der Rotationsrate, aber der Grund dafür ist uns noch nicht bekannt.“
Die maximale Drehzahl eines Objekts wird nicht nur durch seine Gesamtmasse bestimmt, sondern auch durch die Verteilung dieser Masse. Wenn es um sehr schnelle Drehzahlen geht, wird es daher immer wichtiger, die innere Struktur eines Braunen Zwerges zu verstehen: Das Material im Inneren verschiebt sich wahrscheinlich und verformt sich auf eine Weise, welche die Geschwindigkeit ändern kann, mit der sich das Objekt dreht. Ähnlich wie bei Gasplaneten bestehen Braune Zwerge hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium.
Aber sie sind deutlich dichter als die meisten Riesenplaneten. Wissenschaftler glauben, dass der Wasserstoff im Kern eines Braunen Zwerges einem derart hohen Druck ausgesetzt ist, dass er sich eher wie Metall als wie ein Gas verhält. Es hat frei bewegliche, also elektrisch leitende Elektronen, ähnlich wie ein Kupferkabel. Dies ändert auch die Art und Weise, wie Wärme durch das Innere bei sehr schnellen Drehzahlen geleitet wird und kann sich auch auf die Verteilung der Masse in einem astronomischen Objekt auswirken.
„Dieser Zustand von Wasserstoff oder einem Gas unter solch extremen Druck ist immer noch sehr rätselhaft“, sagte Stanimir Metchev, Co-Autor des Artikels. „Es ist äußerst schwierig, diesen Materiezustand selbst in den modernsten Hochdruckphysiklabors zu reproduzieren.“
Physiker verwenden Beobachtungen, Labordaten und theoretische Physik um Modelle zu erstellen, wie das Innere von Braunen Zwergen aussehen sollte und wie sie sich unter extremen Bedingungen verhalten sollten. Aktuelle Modell zeigen jedoch, dass die maximale Drehzahl eines Braunen Zwerge etwa 50 bis 80 % schneller sein sollte, als die in der neuen Studie beschriebene einstündige Rotationsperiode.
„Es ist möglich, dass diese Theorien noch kein vollständiges Bild ergeben“, sagte Metchev. Zusätzliche Beobachtungen und theoretische Arbeiten könnten noch zeigen, ob es einen Bremsmechanismen gibt, der die Selbstzerstörung von Braunen Zwergen verhindert.
12. April 2021/SP
Verein Kuffner-Sternwarte