Vor mehr als 230 Jahren entdeckte der Astronom William Herschel den Planeten Uranus und zwei seiner Monde. Mit dem Weltraumteleskop Herschel ist es einer Gruppe von Astronomen unter der Leitung von Örs H. Detre vom Max-Planck-Institut für Astronomie nun gelungen, physikalische Eigenschaften der fünf Hauptmonde des Uranus zu bestimmen. Die gemessene Infrarotstrahlung, die von der Sonne erzeugt wird und die Mond-Oberflächen erwärmt, legt nahe, dass diese Monde Zwergplaneten wie Pluto ähneln. Das Team entwickelte eine neue Analysetechnik, mit der die schwachen Signale von den Monden neben Uranus, der mehr als tausendmal heller ist, extrahiert werden konnten. Die Studie wurde vor kurzem in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
Um die äußeren Regionen des Sonnensystems zu erkunden, wurden Raumsonden wie Voyager 1 und 2, Cassini-Huygens und New Horizons auf lange Expeditionen gesendet. Eine deutsch-ungarische Forschungsgruppe unter der Leitung von Örs H. Detre vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg zeigt nun, dass mit der entsprechenden Technologie und Einfallsreichtum interessante Ergebnisse auch mit Beobachtungen aus der Ferne erzielt werden können.
Die Wissenschaftler verwendeten Daten des Weltraumteleskops Herschel, das zwischen 2009 und 2013 eingesetzt wurde und an dessen Entwicklung und Betrieb die MPIA ebenfalls maßgeblich beteiligt war. Im Vergleich zu seinen Vorgängern, die einen ähnlichen Spektralbereich abdeckten, waren die Beobachtungen mit diesem Teleskop deutlich schärfer. Es wurde nach dem Astronomen William Herschel benannt, der 1800 die Infrarotstrahlung entdeckte. Einige Jahr zuvor, im Jahr 1781, entdeckte er auch den Planeten Uranus und zwei seiner Monde (Titania und Oberon), die nun zusammen mit drei weiteren Uranus-Monden (Miranda, Ariel und Umbriel) untersucht wurden.
"Eigentlich haben wir die Beobachtungen durchgeführt, um den Einfluss sehr heller Infrarotquellen wie Uranus auf den Kameradetektor zu messen", erklärt Co-Autor Ulrich Klaas, der die Arbeitsgruppe der PACS-Kamera des Herschel-Weltraumobservatoriums am MPIA leitete, mit der die Bilder aufgenommen wurden. „Wir haben die Monde nur zufällig als zusätzliche Punkte im extrem hellen Signal des Planeten entdeckt.“ Die PACS-Kamera, die unter der Leitung des Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching entwickelt wurde, war empfindlich für Wellenlängen zwischen 70 und 160 µm. Dies ist mehr als hundertmal größer als die Wellenlängen des sichtbaren Lichts. Infolgedessen sind die Bilder hundertmal schärfer als Bilder des Hubble Weltraumteleskops mit ähnlicher Größe. Kalte Objekte wie Uranus und seine fünf Hauptmonde, die von der Sonne aufgewärmt – Temperaturen zwischen 60 und 80 K (-213 bis – 193 ° C) erreichen, strahlen in diesem Spektralbereich sehr hell.
"Auch der Zeitpunkt der Beobachtung war ein Glücksfall", erklärt Thomas Müller vom MPE. Die Rotationsachse von Uranus und damit auch die Bahnebene der Monde, ist ungewöhnlich stark zu ihrer Umlaufbahn um die Sonne geneigt. Uranus hat eine Umlaufzeit um die Sonne von 84 Jahren. In dieser Zeit wird hauptsächlich entweder die nördliche oder die südliche Hemisphäre von der Sonne beleuchtet. „Während der Beobachtungen war jedoch die Lage so günstig, dass die äquatorialen Regionen von der Sonneneinstrahlung profitierten. So konnten wir messen, wie gut die Wärme auf der Oberfläche gespeichert wird, wenn sie sich aufgrund der Rotation des Mondes auf die Nachtseite zubewegt. Das hat uns viel über die Art des Materials gelehrt“, erklärte Müller, der die Modelle für diese Studie berechnete. Daraus leitete er thermische und physikalische Eigenschaften der Monde ab.
Als die Raumsonde Voyager 2 im Jahr 1986 Uranus passierte, war die Konstellation viel ungünstiger. Die wissenschaftlichen Instrumente konnten nur die Südpolregionen von Uranus und den Monden erfassen.
Müller stellte fest, dass diese Oberflächen die Wärme unerwartet gut speichern und vergleichsweise langsam auskühlen. Astronomen kennen dieses Verhalten von kompakten Objekten mit einer rauen eisigen Oberfläche. Deshalb nehmen die Wissenschaftler an, dass diese Monde Himmelskörper sind, die den Zwergplaneten am Rande des Sonnensystems, wie Pluto oder Haumea, ähneln. Unabhängige Studien über einige der äußeren, irregulären Uranus-Monde, die ebenfalls auf Beobachtungen beruhen die mit PACS/Herschel gemacht wurden, zeigen, dass sie unterschiedliche thermische Eigenschaften haben. Diese Monde zeigen Charakteristika, wie sie die kleineren und lose gebundenen transneptunischen Objekte haben, die sich in einer Zone jenseits des Planeten Neptun befinden. „Dies würde auch zu den Spekulationen über die Herkunft der unregelmäßigen Monde passen“, fügte Müller hinzu. „Wegen ihrer chaotischen Umlaufbahnen wird angenommen, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt vom Uranus-System eingefangen wurden.“
Die fünf Hauptmonde wären jedoch fast übersehen worden. Insbesondere sehr helle Objekte wie Uranus erzeugen starke Artefakte in den PACS/Herschel-Daten, die dazu führen, dass ein Teil des Infrarotlichts auf den Bildern über große Flächen verteilt wird. Dies macht sich bei der Beobachtung schwacher Himmelsobjekte kaum bemerkbar. Bei Uranus ist es jedoch noch ausgeprägter. „Die Monde, die zwischen 500 und 7400 schwächer sind, befinden sich in einem so geringen Abstand zu Uranus, dass sie mit den ähnlich hellen Artefakten verschmelzen. Nur die hellsten Monde, Titania und Oberon, heben sich ein wenig von dem umgebenden grellen Licht ab“, beschreibt Co-Autor Gábor Marton vom Konkoly-Observatorium in Budapest die Herausforderung.
Diese zufällige Entdeckung spornte Örs H. Detre an, die Monde besser sichtbar zu machen, damit ihre Helligkeit zuverlässig gemessen werden kann. „In ähnlichen Fällen, beispielsweise bei der Suche nach Exoplaneten, verwenden wir Koronographen, um ihren hellen Zentralstern zu bedecken“, erklärte Detre. „Herschel hat kein solches Gerät. Stattdessen haben wir die hervorragende photometrische Stabilität des PACS-Instruments genutzt.“ Auf der Grundlage dieser Stabilität und nach Berechnung der genauen Positionen der Monde zum Zeitpunkt der Beobachtungen entwickelte er eine Methode, die es ihm erlaubte, Uranus aus den Daten zu entfernen. „Wir waren alle überrascht, dass vier Monde deutlich auf den Bildern zu sehen waren und wir konnten sogar Miranda erkennen, den kleinsten und innersten der fünf größten Uranus-Monde“, fügte Detre hinzu.
„Das Ergebnis zeigt, dass wir nicht immer aufwändige planetare Weltraummissionen benötigen, um neue Erkenntnisse über das Sonnensystem zu gewinnen, betont Co-Autor Hendrik Linz vom MPIA. „Darüber hinaus könnte der neue Algorithmus auf weitere Beobachtungen angewendet werden, die in großer Zahl im elektronischen Datenarchiv der ESA gesammelt wurden. Wer weiß, welche Überraschungen dort noch auf uns warten?“