Messungen mit dem Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) haben es Astronomen ermöglicht, ihr Wissen über die bizarre Umgebung von KELT-9 b, einem der heißesten bekannten Planeten, erheblich zu verbessern.
„Der Faktor der Seltsamkeit ist bei KELT-9 b hoch“, sagte John Ahlers, Astronom bei der Universitties Space Research Association in Columbia, Maryland, und beim Goddard Space Flight Center in Greenbelt, Maryland. „Es ist ein riesiger Planet in einer sehr engen, fast polaren Umlaufbahn um einen schnell rotierenden Stern, und diese Merkmale erschweren unser Verständnis über den Stern und seine Auswirkungen auf den Planeten.“
Die neuen Erkenntnisse erschienen in einem Artikel von Ahlers, der am 5. Juni im Astronomical Journal veröffentlicht wurde.
KELT-9 b ist etwa 670 Lichtjahre entfernt im Sternbild Cygnus und wurde 2017 mit der Transitmethode entdeckt. Bei einem Transit wird das Licht des Sterns regelmäßig um einen kleinen, aber nachweisbaren Betrag gedimmt. Die Transits von KELT-9 b wurden erstmals bei der KELT-Transit-Untersuchung beobachtet, einem Projekt, bei dem Beobachtungen von zwei Roboterteleskopen in Arizona und Südafrika gesammelt wurden.
Zwischen 18. Juli und 11. September 2019 beobachtete TESS als Teil der einjährigen Kampagne der Mission zur Beobachtung des Nordhimmels 27 Transits von KELT-9 b und nahm alle zwei Minuten Messungen vor. Diese Beobachtungen ermöglichten es dem Team, den ungewöhnlichen Stern des Systems und seine Auswirkungen auf den Planeten zu modellieren.
KELT-9 b ist eine Gasriesenwelt, die etwa 1,8-mal größer und 2,9-mal massereicher als Jupiter ist. Er hat eine gebundene Rotation, so dass immer dieselbe Seite seinem Stern zugewandt ist. Der Planet hat eine Umlaufperiode von nur 36 Stunden und eine nahezu polare Umlaufbahn um seinen Zentralstern.
KEL-9 b erhält von seinem Stern 44.000 Mal mehr Energie als die Erde von der Sonne. Dadurch macht die Tagestemperatur des Planeten 4.300°C aus und ist damit heißer als einige Sternoberflächen. Diese intensive Erwärmung bewirkt auch, dass die Atmosphäre des Planeten in den Weltraum strömt.
Auch sein Zentralstern ist eine Kuriosität. Er ist knapp doppelt so groß wie die Sonne, durchschnittlich um 56 Prozent heißer und dreht sich 38 Mal schneller als unsere Sonne. Er benötigt für eine vollständige Rotation nur 16 Stunden. Sein schneller Spin verzerrt die Form des Sterns, flacht ihn an den Polen ab und erweitert die Äquatorregion. Dies führt dazu, dass sich die Pole des Sterns aufheizen und heller werden, während sich seine Äquatorregion abkühlt und dunkler wird – ein Phänomen, das als Schwerkraftverdunkelung bezeichnet wird. Das Ergebnis ist ein Temperaturunterschied von fast 800°C auf der Oberfläche des Sterns.
Bei jeder Umlauf um seinen Stern erfährt KELT-9 b zweimal den gesamten Bereich der Sterntemperatur und erzeugt so eine besondere saisonale Sequenz. Der Planet erlebt „Sommer“, wenn er über die heißen Pole hinweg zieht und „Winter“, wenn er über die kühlere Äquatorregion des Sterns hinweg wandert. So erlebt KELT-9 b jedes Jahr zwei Sommer und zwei Winter, wobei jede Saison etwa neun Stunden dauert. Die unterschiedlichen Energieniveaus, die der Planet von seinem Stern empfängt, erzeugen wahrscheinlich eine äußerst dynamische Atmosphäre.
Die polare Umlaufbahn von KELT-9 b um seinen abgeflachten Stern erzeugt deutlich einseitige Transits. Der Planet beginnt seinen Transit in der Nähe der hellen Pole des Sterns und blockiert dann immer weniger Licht, wenn er sich über den dunkleren Äquator des Sterns hinweg bewegt. Diese Asymmetrie liefert Hinweise auf die Temperatur- und Helligkeitsänderungen auf der Oberfläche des Sterns und ermöglichte es dem Team, die unrunde Form des Sterns, seine Ausrichtung im Raum, seinen Variationsbereich der Oberflächentemperaturen und andere Faktoren, die den Planeten beeinflussen, zu rekonstruieren.
„Von den Planetensystemen, die wir durch Schwerkraftverdunkelung untersucht haben, sind die Effekte auf KELT-9 b bei weitem die spektakulärsten“, sagte Jason Barnes, Professor für Physik an der Universität von Idaho und Mitautor des Papers. „Diese Arbeit trägt wesentlich dazu bei, die Schwerkraftverdunkelung mit anderen Techniken zu vereinen, die die Ausrichtung von Planeten messen. Wir hoffen, dass sie am Ende die Geheimnisse über die Entstehung und Evolutionsgeschichte von Planeten um massereiche Sterne aufdecken.