Eine großartige Synthese der Rosetta-Daten hat gezeigt, wie der Zielkomet während der zwei Jahre, in denen er von dem Raumfahrzeug beobachtet wurde, wiederholt seine Farbe änderte. Der Kern des Chamäleon-Kometen wurde zunehmend weniger rot, als er dicht an der Sonne vorbei flog und dann wieder röter, als er sich wieder von der Sonne entfernte.
So wie ein Chamäleon je nach Umgebung seine Farbe ändert, so änderte sich auch die Farbe des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko. Anders als bei einem Chamäleon spiegeln die Farbänderungen bei 67P/CG die Menge an Wassereis wider, die auf der Oberfläche und in der Umgebung des Kometen freiliegt.
Zu Beginn der Mission, beim Rendezvous mit dem Kometen, war dieser noch weit von der Sonne entfernt. In solchen Entfernungen war die Oberfläche mit einer Staubschicht bedeckt und nur wenig Eis war sichtbar. Dies bedeutete, dass die Oberfläche bei der Analyse mit dem VIRTIS-Instrument (Visible and Infrarred Thermal Imaging Spcetrometer) rot erschien.
Als sich der Komet der Sonne näherte, überschritt er eine wichtige Grenze, die als Eisgrenze bekannt ist. Etwa dreimal weiter entfernt von der Sonne als die Erde wird alles innerhalb der Eisgrenze durch die Sonne ausreichend erwärmt, so dass sich das Eis in Gas umwandelt, ein Vorgang, der als Sublimation bezeichnet wird.
Als die Raumsonde Rosetta den Kometen 67P/CG über die Eisgrenze folgte, bemerkte VIRTIS die Farbänderung des Kometen. Als sich der Komet der Sonne weiter näherte, nahm die Erwärmung zu und das verdeckte Wassereis begann zu sublimieren und die Staubkörner wegzudrücken. Dies enthüllte Schichten von unberührtem Eis, das den Kometenkern mit dem Instrument VIRITS bläulich erscheinen ließ,
Rund um den Kometenkern kehrte sich die Situation um. Als der Komet weit von der Sonne entfernt war, war wenig Staub um ihn herum das Wassereis enthielt, und daher erschien er blauer. Diese ihn umgebende Staubwolke wird Koma genannt.
Als der Komet die Eisgrenze überquerte, sublimierte das Eis schnell in den Staubkörnern, die den Kometenkern umgaben und ließen die dehydrierten Staubkörner zurück. So wurde die Koma röter, als der Komet sich seinem Perihel näherte.
Als der Komet in das äußere Sonnensystem zurückkehrte, zeigte VIRTIS, dass sich die Farbsituation wieder umgekehrt hat; der Kern wurde rötlicher und die Koma bläulicher.
Um die Entwicklung des Kometen zu verfolgen, musste das VIRTIS-Team mehr als 4000 verschiedene Beobachtungen analysieren, die sich über einen Zeitraum von zwei Jahren erstreckten. „Um die große Frage beantworten zu können wie ein Komet funktioniert, ist es sehr wichtig, eine zeitlich lange Beobachtungsreihe wie diese zu haben“, sagte Geanrico Filacchione vom italienischen INAF-IAPS Istituto di Astrofisica und Planetologia Spaziali und Leiter der Studie.
Der Grund ist, dass Kometen extrem dynamische Objekte sind. Jets neigen dazu, schnell auf ihren Oberflächen auszubrechen und dann ebenso plötzlich wieder zu versiegen. Wenn wir daher nur gelegentliche Schnappschüsse vergleichen, besteht die Gefahr, dass unser Verständnis über die langfristige Entwicklung des Kometen durch die nicht berücksichtigten kurzzeitigen Veränderungen verzerrt wird. Eine derart große Anzahl von Messungen bedeutet jedoch, dass auch kurzzeitige Änderungen nachverfolgt werden können.
Die Korrelation des Geschehens auf dem Kern ist etwas völlig Neues, das von der Erde aus nicht möglich ist, sagte Geanrico.
Dies liegt daran, dass Bodenbeobachtungen den Kern eines Kometen nicht auflösen können, der im Fall von 67P/CG nur etwa 3 km groß ist. Da das Team nun sowohl die langfristige Entwicklung des Kometen als auch kurzfristige Änderungen, die auf diesem Weg stattgefunden haben, beschreiben und verstehen kann, können die Messwerte der anderen Instrumente an Bord von Rosetta in einem Kontext dazu gebracht werden.
Das heißt aber nicht, dass wir alles über Kometen wissen. Die Spektralanalyse zeigt, dass die rote Farbe des Staubs durch sogenannte organische Moleküle erzeugt wird. Dies sind Moleküle aus Kohlenstoff und auf dem Kometen gibt es eine Vielzahl von Molekülen. Wissenschaftler glauben, dass sie wichtig sind für das Verständnis für die Entstehung des Lebens auf der Erde.
Um diese Moleküle aus nächster Nähe zu untersuchen und zu identifizieren, müsste jedoch eine Probe von der Kometen-Oberfläche zur Erde zurückgebracht werden. „Ein Stück des Kometen auf die Erde zu bringen, ist wirklich der Heilige Gral für eine Kometen-Mission“, sagte Geanrico. Bis dies jedoch möglich ist, werden die VIRTIS-Daten weiterhin zur Untersuchung der organischen Stoffe von 67P/CG verwendet werden.
„Es werden auf jeden Fall weitere aufregende Ergebnisse erwartet“, sagte Matt Tayllor, ESA-Projektwissenschaftler bei Rosetta. „Die Datensammlung mag zwar vorbei sein, aber die Analyse und die Ergebnisse werden noch Jahre andauern und das reiche Erbe des von Rosetta gelieferten Kometenwissens ergänzen."