In der sengenden Atmosphäre des Exoplaneten KELT-9b werden sogar Moleküle auseinandergerissen
Massereiche Gasriesen - genannt heiße Jupiter – sind Planeten, die so nahe ihren Stern umkreisen, dass Leben kaum möglich ist. Sie gehören zu den seltsamsten Welten, die jenseits unseres Sonnensystems bisher gefunden werden. Neue Beobachtungen zeigen, dass der heißeste von ihnen noch seltsamer ist, da er anfällig für Planetenweite Kernschmelzen ist, die so heftig sind, dass die Moleküle, aus denen seine Atmosphäre besteht, auseinandergerissen werden.
Der Planet mit der Bezeichnung KELT-9b gehört zur Klasse der ultraheißen Jupiter. Er hat beinahe die dreifache Jupitermasse und umkreist einen etwa 670 Lichtjahre entfernten Stern. Mit einer Oberflächentemperatur von 4.300 Grad Celsius ist dieser Planet sogar heißer als einige Sterne und er ist der heißeste Planet der bisher gefunden wurde.
Nun hat ein Astronomen-Team mit dem Spitzer-Weltraumteleskop Beweise dafür gefunden, dass die Hitze selbst für Moleküle zu groß ist um intakt zu bleiben. Wasserstoffgasmoleküle werden vermutlich auf der Tagseite von KELt-9b auseinandergerissen und können sich erst wieder neu bilden, wenn die nicht zusammen hängenden Atome zur Nachtseite des Planeten fließen.
Obwohl die Nachtseite immer noch extrem heiß ist, reicht die leichte Kühlung aus, um die Wasserstoffgasmoleküle zu reformieren, bis sie zurück auf die Tagseite fließen, wo sie wieder auseinandergerissen werden.
„Dieser Planet ist so extrem heiß, dass er sich von den anderen Exoplaneten abhebt", sagte Megan Mansfield, eine Studentin an der Universität von Chicago und Hauptautorin eines neuen Artikels, in dem die Ergebnisse präsentiert werden. „Es gibt auch einige andere heiße und auch ultraheiße Jupiter, die allerdings nicht ganz so extrem sind, aber sie sind immer noch warm genug, sodass auch bei diesen der Effekt stattfinden sollte.“
Die Ergebnisse, die in den Astrophyiscal Journal Letters veröffentlicht wurden, zeigen die zunehmende Komplexität der Technologie und der Analysen die notwendig sind, um diese fernen Welten zu erforschen. Die Wissenschaft beginnt gerade erst, in die Atmosphären von Exoplaneten zu blicken und die molekularen Kernschmelzen der heißesten und hellsten Exoplaneten zu untersuchen.
KELT-9b wird definitiv als unbewohnbare Welt kategorisiert bleiben. Astronomen wurden 2017 auf diese extrem feindliche Umgebung aufmerksam, als sie zum ersten Mal mit dem Kilodegree Extremely Little Telescope (KELT) entdeckt wurde. KELT besteht aus zwei Roboterteleskopen, eines im südlichen Arizona und eines in Südafrika.
Für die Studie, die jetzt erschienen ist, nutzte das Wissenschaftsteam das Spitzer Weltraumteleskop, um Temperaturprofile dieses höllischen Riesen zu analysieren. Das Spitzer-Weltraumteleskop, das Beobachtungen im Infrarotlicht macht, kann subtile Wärmeschwankungen messen. Diese Beobachtungen, die über viele Stunden durchgeführt werden, ermöglichen es Spitzer, Veränderungen in der Atmosphäre zu erfassen, während der Planet den Stern umkreist und beide Hemisphären für Spitzer sichtbar wurden.
So konnte das Team einen Blick auf den Unterschied zwischen der Tag - und Nachtseite von KELT-9b werfen. Der Planet umkreist seinen Stern in nur 1 1/2 Tagen und hat eine gebundene Rotation, sodass er seinem Stern immer die gleiche Seite zuwendet, während die andere Seite immer im Dunklen liegt.
Aber Gase und Wärme strömen von einer Seite zur anderen. Eine große Frage für Forscher die versuchen Exoplaneten-Atmosphären zu verstehen ist, wie Strahlung und Strömung sich gegenseitig ausgleichen.
Computermodelle sind wichtige Werkzeuge für solche Untersuchungen die zeigen, wie sich Atmosphären bei unterschiedlichen Temperaturen wahrscheinlich verhalten. Am besten geeignet für die Daten von KELT-9b war ein Modell, das das Auseinanderreißen und Wiederzusammensetzen von Wasserstoffmolekülen einschloss, ein Prozess, der als Dissoziation und Rekombination bekannt ist.
„Wenn man die Wasserstoffdissoziation nicht berücksichtigt, erhält man wirklich schnelle Winde von 60 Kilometern pro Sekunde“, sagte Mansfield. „Das ist nicht sehr wahrscheinlich.“
Bei KELT-9b stellte sich heraus, dass es keine großen Temperaturunterschiede zwischen der Tag und Nachtseite gibt, was auf einen Wärmestrom von der einen zur anderen Seite hindeutet. Und der „Hot Spot“ auf der Tagseite, der direkt unter dem Stern des Planeten liegen soll, ist nicht auf seiner erwarteten Position, sondern verschoben und die Forscher wissen nicht warum – ein weiteres Rätsel, das erst noch gelöst werden muss.