Forscher rekonstruierten im Labor die Umgebung von Europa und stellen fest, dass der Eismond aufgrund der intensiven Strahlungsumgebung Jupiters auch auf seiner Nachtseite, weit weg von der Sonne, leuchten könnte.
„Wenn Europa nicht unter dieser starken Strahlung stünde, würde er so aussehen wie unser Mond für uns aussieht – dunkel auf der Schattenseite“, sagte Studienleiter Murthy Gudipati, Wissenschaftler am JPL der NASA in einem Statement. „Aber weil der Mond von der Strahlung des Jupiter bombardiert wird, leuchtet er im Dunkeln.“
Gudipati und sein Team machten sich daran, zu untersuchen, wie organische Moleküle in Europas Eishülle von den geladenen Teilchen beeinflusst werden könnten, die mit ungeheurer Geschwindigkeit um den Jupiter rasen, gefangen und beschleunigt durch das starke Magnetfeld des Riesenplaneten.
Die Forscher bauten ein Instrument mit Namen Ice Chamber für Europas Hochenergie-Elektronen- und Strahlungsumgebungsprüfungen, welches sie zu einer Elektronen-Strahlungsanlage in Maryland brachten. Sie testeten die Auswirkungen von Strahlung auf simulierte Europa-Oberflächen, die aus Wassereis und verschiedenen vermuteten Salzen bestehen, darunter Natriumchlorid und Magnesiumsulfat.
Die Strahlung ließ die Proben erglühen. Dies sei nicht sonderlich überraschend, sagten die Forscher, da das Phänomen gut bekannt ist: Sich schnell bewegende Partikel dringen in die Probe ein, regen Moleküle im nahen Untergrund an und erzeugen ein Leuchten.
„Aber wir hätten nie gedacht, dass wir sehen würden was wir letztendlich sahen“, sagte Bryana Henderson, Co-Autorin der Studie und ebenfalls vom JPL. „Als wir neue Eiskompositionen ausprobierten, sah das Leuchten anders aus. Und wir alle starrten es eine Weile an und sagten dann: 'Das ist neu, richtig? Das ist definitiv ein anderes Leuchten?' Also haben wir ein Spektrometer darauf gerichtet und siehe da, jede Art von Eis hatte ein anderes Spektrum.“
Dieses nächtliche Leuchten – es ist auf Europas sonnenbeschienener Tagseite nicht sichtbar – hat mehr als nur ein staunenswertes Aussehen. Seine Farbe und Intensität könnten wichtige Details über die Zusammensetzung von der eisigen Hülle des Mondes enthüllen, sagten Mitglieder des Studienteams.
Und weil Wasser aus dem unterirdischen Ozean Europas wahrscheinlich stellenweise an die Mondoberfläche gelangt, könnte uns die unterschiedliche Zusammensetzung Hinweise darauf geben, ob Europa lebensfreundliche Bedingungen bietet, sagte Gudipati.
Die Farbvariationen reichen wahrscheinlich von grünlich über bläulich bis weißlich, abhängig von der Oberflächenzusammensetzung, sagten Teammitglieder.
Dank der Europa Clipper-Sonde, die in den späten 2020er Jahren starten soll, können Wissenschaftler relativ bald das Leuchten aus der Nähe beobachten. Clipper wird zwar Jupiter umkreisen, aber Europa auf Dutzenden Vorbeiflügen untersuchen und Daten sammeln, die Forscher helfen sollen die Bewohnbarkeit des Mondes zu beurteilen, damit eine Lande-Mission geplant werden könnte, die nach Leben suchen soll. (Der Lander wurde zwar vom Kongress beauftragt, aber er bleibt im Moment nur ein Konzept und keine vollwertige NASA-Mission. Er soll irgendwann nach dem Clipper starten.)
Das Clipper-Team untersuchte die Ergebnisse der neuen Studie, die am Montag, den 9. November online in der Zeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht wurde um festzustellen, ob das Leuchten Europas mit den Instrumenten der Raumsonde erkennbar wäre, teilten NASA-Beamte mit.
„Es kommt nicht oft vor, dass man in einem Labor ist und sich sagt: „Wir werden das vielleicht finden, wenn wir dort ankommen“, sagte Gudipati. „Normalerweise ist es umgekehrt – man geht dorthin und findet etwas, das man versucht im Labor zu erklären. Aber unsere Vorhersage geht auf eine einfache Beobachtung zurück, und genau darum geht es in der Wissenschaft.“