Für einen großen Teil unserer Geschichte basierte unser Wissen über die Entstehung und Entwicklung von Planeten auf den acht Planeten in unserem Sonnensystem. In den letzten 25 Jahren hat die Entdeckung von mehr als 4.000 Exoplaneten dies geändert.
Zu den faszinierendsten dieser fernen Welten gehört eine Klasse von Exoplaneten, die als heiße Jupiter bezeichnet werden. Ähnlich in der Größe wie Jupiter, umkreisen diese Gasplaneten ihre Muttersterne extrem nahe und in nur etwa 18 Stunden. Wir haben nichts Vergleichbares in unserem Sonnensystem. Hier sind Gesteinsplaneten der Sonne am nächsten, aber trotzdem umkreisen sie unseren Zentralstern in wesentlich größerer Entfernung als die heißen Jupiter ihre Muttersterne. Die Fragen zu den heißen Jupitern sind so groß wie die Planeten selbst: Entstehen sie nahe an ihrem Zentralstern oder weiter entfernt, bevor sie nach innen wandern? Und wenn diese Riesen wandern, was würde das über die Geschichte der Planeten in unserem eigenen Sonnensystem aussagen?
Um diese Fragen beantworten zu können, müssen Wissenschaftler viele dieser heißen Riesen zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Entstehung beobachten. Eine neue Studie im Astronomical Journal berichtet nun über die Entdeckung des Exoplaneten HIP 67522 b, welcher der jüngste heiße Jupiter zu sein scheint, der jemals gefunden wurde. Er umkreist einen gut untersuchten Stern der ungefähr 17 Millionen Jahre alt ist, was bedeutet, dass der heiße Jupiter vermutlich noch einige Millionen Jahr jünger ist, während die meisten bekannten heißen Jupiter mehr als eine Milliarde Jahre alt sind. Der Planet benötigt ungefähr sieben Tage für eine Umkreisung seines Sterns, dessen Masse der unserer Sonne ähnelt. HIP 67522 b ist nur rund 490 Lichtjahre von der Erde entfernt und hat einen zehnmal so großen Durchmesser wie unsere Erde oder fast den Durchmesser Jupiters. Seine Größe weist stark darauf hin, dass es sich um einen Gasplaneten handelt.
HIP 67522 b wurde vom Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) entdeckt, der Planeten mit Hilfe der Transitmethode findet: Wissenschaftler suchen nach kleinen Helligkeitseinbrüchen eines Stern, was darauf hinweisen könnte, dass ein umkreisender Planet aus der Sichtlinie des Beobachters den Stern passiert. Aber junge Sterne tendieren dazu, viele dunkle Flecken auf ihren Oberflächen zu haben, Sternflecken, auch Sonnenflecken genannt, wie sie auch auf der Sonne zu sehen sind. Diese können mit Transitplaneten verwechselt werden. Daher verwendeten Wissenschaftler Daten vom Spitzer-Weltraumteleskop um zu bestätigen, dass das Transitsignal von einem Planeten und nicht von einem Sternfleck stammt. (Andere Methoden zum Nachweis von Exoplaneten haben Hinweise auf das Vorhandensein noch jüngerer heißer Jupiter geliefert, aber keiner dieser Hinweise wurde bestätigt.)
Die Entdeckung gibt Hoffnung, mehr junge heiße Jupiter zu finden und mehr darüber zu erfahren, wie sich Planeten im gesamten Universum bilden – und auch in unserem Sonnensystem.
„Wir können viel über unser Sonnensystem und seine Geschichte lernen, wenn wir die Planeten und andere Objekte untersuchen, welche die Sonne umkreisen“, sagte Aaron Rizzutto, ein Exoplaneten-Wissenschaftler an der Universität von Texas in Austin, der die Studie leitete. „Aber wir werden nie erfahren, wie einzigartig und wie häufig unser Sonnensystem ist, wenn wir nicht nach Exoplaneten suchen. Exoplaneten-Wissenschaftler werden herausfinden wie unser Sonnensystem in das Gesamtbild der Planetenbildung im Universum passt.“
Migrieren Riesen?
Es gibt drei Haupthypothesen dafür, wie heiße Jupiter ihren Muttersternen so nahe kommen.
Eine ist, dass sie sich einfach dort bilden wo sie auch bleiben. Aber es ist schwer vorstellbar, dass sich Planeten in einer so dynamischen Umgebung bilden. Nicht nur, dass die sengende Hitze die meisten Materialien verdampfen würde, sondern auch, weil junge Sterne massive Ausbrüche und Sternwinde verursachen, die neu entstehende Planeten möglicherweise zerstören würden.
Zwei weitere Hypothesen gehen davon aus, dass es wahrscheinlicher ist, dass sich Gasriesen in größerer Entfernung von ihrem Mutterstern bilden. Hinter der sogenannten Schneegrenze, wo Eis zu den festen Materialien beiträgt, stellen Festkörper aus Stein und Eis zusätzliche Schwerkraft für das Wachstum zur Verfügung. Jupiter-ähnliche Planeten bestehen fast ausschließlich aus Gas, enthalten jedoch feste Kerne. Es wäre für diese Kerne einfacher, sich hinter der Schneegrenze zu bilden, wo gefrorene Materialien das Wachstum begünstigen.
Da die Hypothesen 2 und 3 davon ausgehen, dass Jupiter-ähnliche Planeten in der hundertfachen Entfernung von ihrem Stern entstehen in der man sie findet, benötigen sie einen Mechanismus zum Transport in ihre Stern-nahe Bahn. Aber was ist die Ursache dafür und wann findet die Wanderung statt?
Eine Idee besagt, dass heiße Jupiter ihre Reise früh in der Geschichte des Planetensystems beginnen, während der Stern noch von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben ist, aus der sich sowohl der Stern als auch der Planet gebildet haben. In diesem Szenario könnte die Schwerkraft der Scheibe, die mit der Masse des Planeten interagiert, die Umlaufbahn des Gasriesen verändern und ihn nach innen wandern lassen.
Die dritte Hypothese besagt, dass heiße Jupiter später ihrem Stern nahe kommen, wenn die Schwerkraft anderer Planeten bei Begegnungen den Planeten auf andere Bahnen bringt, ähnlich wie das von Kometen und interplanetaren Raumfahrzeugen bekannt ist. Die Tatsache, dass HIP 67522 b bereits so früh nach seiner Entstehung so nahe bei seinem Stern ist, zeigt, dass diese Hypothese in diesem Fall vermutlich nicht zutrifft. Aber ein junger heißer Jupiter reicht nicht aus, um die Debatte darüber zu führen, wie sich alle heiße Jupiter bilden.
„Wissenschaftler würden gerne in Erfahrung bringen, ob es einen dominierenden Mechanismus gibt, der die meisten heißen Jupiter entstehen lässt“, sagte Yasuhiro Hasegawa, ein Astrophysiker, der sich am JPL auf die Planetenbildung spezialisiert hat aber nicht an der Studie beteiligt war. „In der wissenschaftlichen Gemeinschaft gibt es derzeit keinen klaren Konsens darüber, welche Entstehungshypothese für die Reproduktion der von uns beobachteten Population am wichtigsten ist. Die Entdeckung dieses jungen heißen Jupiters ist aufregend, aber nur ein Hinweis auf eine Antwort. Um das Rätsel zu lösen, werden wir mehr brauchen.“