Ende vergangenen Jahres brachte die Nachricht, dass der Stern Beteigeuze deutlich verblasse und schließlich auf etwa 40 % seiner normalen Helligkeit fiel, Aufregung in die astronomische Gemeinschaft. Die Aktivität heizte die populäre Spekulation an, dass der Rote Überriese bald als massive Supernova explodieren würde.
Aber Astronomen haben auch andere Theorien, um das Verblassen des Sterns zu erklären. Wissenschaftler der Universität von Washington und des Lowell Observatoriums glauben: Beteigeuze verblasst nicht, weil sie kurz davor ist zu explodieren – sie ist einfach nur staubig.
Emily Levesque, eine UW-Professorin für Astronomie und Philip Massey, ein Astronom am Lowell Observatorium berichten in einem Artikel das von den Astrophysical Journal Letters angenommen und auf der Preprint-Webseite arXiv veröffentlicht wurde, dass Beobachtungen von Beteigeuze, die am 14. Februar in Flagstaff, Arizona, durchgeführt wurden, die Berechnung der durchschnittlichen Oberflächentemperatur des Sterns ermöglichten. Sie entdeckten, dass Beteigeuze deutlich wärmer ist als erwartete, wenn die jüngste Verblassung durch eine Abkühlung der Sternoberfläche verursacht wurde.
Die neuen Berechnungen stützen die Theorie, dass Beteigeuze – wie viele rote Überriesensterne - dazu neigt, etwas Material aus ihren äußeren Schichten abzustoßen.
„Wir sehen das immer wieder bei roten Überriesen und es ist ein normaler Teil ihres Lebenszyklus“, sagte Levesque. „Rote Überriesen werden gelegentlich Material von ihren Oberflächen abwerfen, das dann um den Stern herum als Staub kondensiert. Wenn die Staubkörner abkühlen und sich vom Stern entfernen, absorbieren sie einen Teil des Sternenlichts und blockieren unsere Sicht.“
Es gilt immer noch: Astronomen erwarten, dass Beteigeuze als Supernova innerhalb der nächsten 100.000 Jahre explodieren wird, wenn ihr Kern kollabiert. Doch das Verblassen des Sterns, das im Oktober begann, war laut Massey nicht unbedingt ein Zeichen für eine bevorstehende Supernova.
Eine Theorie war, dass neu gebildeter Staub einen Teil des Lichts von Beteigeuze absorbiert. Eine andere, dass riesige Konvektionszellen innerhalb von Beteigeuze heißes Material an die Oberfläche gezogen hätten, wo es sich abgekühlt habe, bevor es ins Innere zurückfiel.
„Eine einfacher Weg, zwischen diesen Möglichkeiten zu unterscheiden, ist die Bestimmung der effektiven Oberflächentemperatur von Beteigeuze“, sagte Massey.
Die Temperatur eines Sterns zu messen, ist keine einfache Aufgabe. Wissenschaftler können nicht einfach ein Thermometer auf einen Stern richten und einen Messwert erhalten. Aber wenn Astronomen sich das Spektrum des vom Stern ausgehenden Lichts ansehen, können sie seine Temperatur berechnen.
„Emily und ich waren in Kontakt wegen Beteigeuze und wir waren uns einig, dass es nötig wäre, ein Spektrum von Beteigeuze zu bekommen“, sagte Massey. „Ich hatte schon Beobachtungszeit auf dem 4,3-Meter Lowell Discovery Teleskop und ich wusste, wenn ich ein bisschen herumspiele würde ich ein gutes Spektrum bekommen, obwohl Beteigeuze immer noch einer der hellsten Sterne am Himmel ist.“
Das Licht von hellen Sternen ist oft zu stark für ein detailliertes Spektrum, aber Massey verwendete einen Filter, der das Signal effektiv „dämpfte“, so dass sie das Spektrum auf eine bestimmte Signatur hin untersuchen konnten; die Absorption von Licht durch Moleküle aus Titanoxid.
Titanoxid kann sich in den oberen Schichten großer, relativ kühler Sterne wie Beteigeuze bilden und akkumulieren, sagte Levesque. Es absorbiert bestimmte Wellenlängen des Lichts und hinterlässt verräterische Spuren im Spektrum von roten Überriesen, welche die Wissenschaftler verwenden können, um die Oberflächentemperatur des Sterns zu bestimmen.
Nach ihren Berechnungen lag die durchschnittliche Oberflächentemperatur von Beteigeuze am 14. Februar bei 3.325 Grad Celsius. Das ist nur 50 – 100 Grad Celsius kühler als die Temperatur, die ein Team – einschließlich Massey und Levsque – 2004 als Beteigeuzes Oberflächentemperatur berechnet hatte und zwar Jahre bevor die dramatische Verblassung begann.
Diese Ergebnisse lassen Zweifel daran aufkommen, dass Beteigeuze verblasst ist, weil eine der massiven Konvektionszellen des Sterns heißes Gas aus dem Inneren an die Oberfläche gebracht hatte, wo es sich abkühlte. Viele Sterne haben diese Konvektionszellen, auch unsere eigene Sonne. Sie ähneln der Oberfläche eines Topfes mit kochendem Wasser, sagte Levesque. Aber während die Konvektionszellen auf unserer Sonne zahlreich und relativ klein sind – etwa so groß wie Texas oder Mexiko – haben rote Überriesen wie Beteigeuze, die größer und kühler sind und eine schwächere Gravitation haben, nur drei oder vier massive Konvektionszellen, die sich über einen Großteil ihrer Oberflächen erstrecken.
Wenn eine dieser massiven Zellen zur Oberfläche von Beteigeuze aufgestiegen wäre, hätten Levesque und Massey zwischen 2004 und 2020 einen wesentlich stärkeren Temperaturrückgang registriert.
„Ein Vergleich mit unserem Spektrum von 2004 zeigte sofort, dass sich die Temperatur nicht wesentlich verändert hat“, sagte Massey. „Wir wussten, dass die Antwort Staub sein musste.“
Astronomen haben Staubwolken um andere rote Überriesen beobachtet und weitere Beobachtungen könnten ähnliche Störfaktoren um Beteigeuze aufdecken.
In den letzten Wochen wurde Beteigeuze tatsächlich wieder heller, wenn auch nur leicht. Auch wenn das jüngste Verblassen kein Hinweis darauf war, dass der Stern bald explodieren könnte, für Levesque und Massey, ist das kein Grund aufzuhören ihn zu beobachten.
„Rote Überriesen sind sehr dynamische Sterne“, sagte Leveque. „Je mehr wir über ihr normales Verhalten – Temperaturschwankungen, Staub und Konvektionszellen – lernen können, desto besser können wir sie verstehen und erkennen, wann etwas wirklich Einzigartiges wie eine Supernova, passieren könnte.“