Der Mars hatte viel früher und auch viel später in der Geschichte des Planeten ein globales Magnetfeld. Das haben Wissenschaftler bisher nicht gewusst.
Das globale Magnetfeld eines Planeten entsteht durch das, was Wissenschaftler einen Dynamo nennen; einem Fluss geschmolzenen Metalls im Kern eines Planeten, der elektrischen Strom erzeugt. Auf der Erde ist es der Dynamo, der Kompassnadeln nach Norden zeigen lässt. Aber der Dynamo des Mars ist seit Milliarden von Jahren erloschen.
Neue Erkenntnisse von Forschern der Universität von Britisch Columbia (UBC), die mit Kollegen in den USA und Frankreich zusammenarbeiten, wurden vor kurzem in Science Advances veröffentlicht. Diese neuen Erkenntnisse bringen uns näher an das genaue Timing und die Dauer des Mars-Dynamos heran.
„Wir stellten fest, dass der Mars-Dynamo vor 4,5 Milliarden und 3,7 Milliarden Jahren aktiv war. Das Dynamo-Timing ist ein wichtiger Teil der Entwicklung eines Planeten, und was wir fanden, unterscheidet sich sehr von dem, war wir bisher gedacht haben“, sagte Anna Mittelholz, Postdoktorandin in der Abteilung für Erd- Ozean- und Atmosphären-Wissenschaften an der UBC und Erstautorin der Studie. „Der Dynamo erzählt uns etwas über die thermische Geschichte des Planeten, seine Entwicklung und wie er so wurde wie er heute ist."
Hinweise auf die magnetische Geschichte eines Planeten liegen in magnetisierten Gesteinen auf und unter seiner Oberfläche. Gestein ist wie ein Tonbandgerät, besonders vulkanisches Gestein. Gesteine beginnen als Lava, aber wenn sie sich bei Vorhandensein eines Magnetfelds abkühlen und verfestigen, richten sich die Mineralien in den Gesteinen nach dem globalen Magnetfeld aus. Durch die Datierung dieser Gesteine können Wissenschaftler abschätzen, ob zum Zeitpunkt der Einlagerung im Gestein ein Dynamo aktiv war.
Der Magnetismus in bestimmten Gesteinen auf der Marsoberfläche weist darauf hin, dass der Mars-Dynamo vor 4,3 bis 4,2 Milliarden Jahren aktiv war. Aber das Fehlen von Magnetismus über drei großen Becken, die sich vor 3,9 Milliarden Jahren bildeten, hat die meisten Forscher zu der Annahme veranlasst, dass der Dynamo seit jener Zeit inaktiv war.
Die UBC-Forscher analysierten neue Satellitendaten und fanden eindeutige Hinweise auf ein Magnetfeld, das vom Lavastrom Lucus Planum ausgeht, der sich vor weniger als 3,7 Milliarden Jahren gebildet hat – viel später als die oben genannten Becken.
Die Forscher entdeckten auch Magnetfelder mit geringer Intensität über dem Borealis-Becken auf der Nordhalbkugel des Planeten, das sich vor 4,5 Milliarden Jahren bildete und als eines er ältesten Merkmale auf dem Mars gilt.
„Wir haben diese beiden Beobachtungen, die auf einen Dynamo zum frühesten bekannten Zeitpunkt in der Geschichte des Mars hinweisen und auf einen Dynamo, der eine halbe Milliarde Jahre länger vorhanden war, als viele Leute dachten“, sagte Catherine Johnson, Professorin an der Abteilung für Erd- Ozean- und Atmosphären-Wissenschaften und leitende Wissenschaftlerin am Planetary Scienc Institute in Tucson, Arizona, die ebenfalls zur Studie beigetragen hat.
Die Forscher bieten zwei mögliche Erklärungen für das Fehlen von Magnetfeldern über den Becken: Der Dynamo stoppte möglicherweise vor der Entstehung der Becken und startete vor der Entstehung von Lucus Planum wieder neu, oder die Einschläge welche die Becken verursachten, haben einfach jenen Teil der Kruste verschoben, der Mineralien enthält, welche starken Magnetismus tragen können.
Die neuen Daten für diese Studie stammen von MAVEN, dem Mars Atmosphere and Volatile Evolution Satelliten. Frühere Daten über Magnetismus auf dem Mars wurden vom Satelliten Mars Global Surveyor (MGS) gesammelt, der den Planeten zwischen 1999 und 2006 in rund 400 Kilometern Höhe über der Oberfläche umkreiste. MAVEN wurde 2013 gestartet, arbeitet rund 135 Kilometer von der Oberfläche entfernt und nimmt somit schwächere Signale auf, die MGS nicht erfassen konnte.
Die Fähigkeit von MAVEN, Signale von kleineren Merkmalen auf und nahe der Oberfläche aufzunehmen, hilft Forschern zu unterscheiden, ob der Magnetismus von diesen oder von älteren Gesteinen stammt, die tiefer in der Erdkruste vergraben sind.
Bei diesen neuen Erkenntnissen fragen sich die Forscher, was sich noch enthüllen ließe, wenn sie der Oberfläche noch näher kommen könnten. Mittelholz bemerkte, dass sich diese Studie auf zwei Besonderheiten konzentrierte, aber überall auf dem Mars gibt es Krater die Geschichten zu erzählen haben. In Zukunft könnte die Erforschung von Satelliten zu Drohnen oder Ballons übergehen und noch detailliertere Daten liefern.