Der Stern HD 158259 im Sternbild Drache, der fast mit bloßen Auge zu sehen ist, wurde in den letzten sieben Jahren von Astronomen mit dem Spektrographen SOPHIE beobachtet. Dieses Instrument, das am Observatorium der Haute-Provence in Südfrankreich installiert ist, hat 300 Messungen an dem Stern gemacht. Die Analyse der Daten, die von einem internationalen Team unter der Leitung von Forschern der Universität Genf (UNIGE) durchgeführt wurde, hat zur Entdeckung von sechs planetaren Begleitern bei HD 158259 geführt; einer Super-Erde und fünf Mini-Neptuns. Diese Planeten weisen einen außergewöhnlich regelmäßigen Abstand auf, der darauf hinweist, wie sich das System gebildet haben könnte. Diese in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics veröffentlichte Studie enthält auch Beobachtungen des Sterns vom Weltraumteleskop TESS, welche die Dichte des innersten Planeten enthüllen.
Messungen mit dem Spektrographen SOPHIE bestimmten die Radialgeschwindigkeit des Sterns HD 158259 mit hoher Präzision – das ist jene Geschwindigkeit eines Sterns, die er in Richtung unserer Sichtlinie hat. Es ist die gleiche Art von Messung, die 1995 zur Entdeckung von 51 Peg b führte. Die Entdecker des Planeten, Michel Mayor und Didier Queloz, wurden im Jahr 2019 mit den Nobelpreis ausgezeichnet. Die Entdeckung der sechs Planeten bei HD 158259 geschah mit dem gleichen Teleskop wie die Entdeckung von Planet 51 Peg b.
Die Entdeckung eines Systems mit so kleinen Planeten wäre weder 1995 noch bei der Installation von SOPHIE im Jahr 2006 möglich gewesen. „Dies wurde erst durch eine dramatische Verbesserung des Instruments und der Signalverarbeitungs-Techniken sowie einer großen Anzahl von Messungen möglich“, sagte Francois Bouchy, Professor am Institut für Astronomie der Fakultät für Naturwissenschaften der UNIGE und Koordinator des Beobachtungsprogramms. „Dies ist eine großartige Arbeit und zeigt die wichtige Rolle, die kleinere Teleskope durch hochwertige Forschung unter Verwendung alter, aber gut geförderter Observatorien spielen“, fügte Paul A. Wilson, Forscher an der Universität von Warwick und Mitautor dieser Studie hinzu.
SOPHIE-Beobachtungen zeigen, dass der Planet, der HD 158259 am nächsten liegt und die fünf äußeren Planeten Massen zwischen zwei- und sechsfacher Erdmasse haben. Das System hat sich in dem Sinne als kompakt erwiesen, dass der Abstand des äußersten Planeten zu seinem Stern 2,6-mal kleiner ist als der Abstand zwischen Merkur und Sonne. Darüber hinaus beobachtete das Weltraumteleskop TESS eine Abnahme der Helligkeit des Sterns, als der innerste Planet zwischen dem Beobachter und dem Stern wanderte. „Die TESS-Beobachtungen unterstützten die Entdeckung des Planeten nachdrücklich und ermöglichten es uns, seinen Radius abzuschätzen, was sehr wertvolle Informationen über die innere Struktur des Planeten lieferte“, sagte Isabelle Boisse, eine Forscherin am Astrophysikalischen Laboratorium von Marseille und Mitautorin der Studie.
Planeten im Rhythmus
Hunderte von Mehrfach-Planetensystemen sind schon bekannt, aber nur ein Dutzend von ihnen haben sechs Planeten oder mehr. Schon das Vorhandensein von sechs Planeten bei HD 158259 macht dieses System bemerkenswert, aber das interessanteste Merkmal ist seine Regelmäßigkeit, denn in der Tat liegt das Periodenverhältnis von zwei benachbarten Planeten nahe bei 3:2. Dies bedeutet, dass der erste Planet – derjenige, der dem Stern am nächsten liegt – drei Umläufe macht und der zweite Planet etwa zwei. Wenn dieser zweite Planet drei Umläufe vollendet, macht der dritte wieder ungefähr zwei und so weiter.
Diese Situation wird als Resonanz bezeichnet, die eine Schlüsselrolle in der Architektur von Planetensystemen spielt. Mehrere Planeten stehen in Resonanz zueinander, wenn sie sich nach Abschluss einer möglicherweise unterschiedlichen Anzahl von Umläufen regelmäßig wieder in der gleichen Konfiguration befinden.
Rückschlüsse auf die Geschichte des Systems
Warum ist dieses System interessant? Eines der Ziele bei der Untersuchung von Planetensystemen ist es, ihre Entstehung zu verstehen. Zu diesem Thema werden noch einige Fragen diskutiert. Im besonderen: Bilden sich die Planeten naher ihrer endgültigen Position im System oder bewegen sie sich nach ihrer Entstehung durch das System? Dieses letztere Szenario, Planetenmigration genannt, scheint die Entstehung der sechs Planeten bei HD 158259 zu erklären. „Es sind mehrere kompakte Systeme mit mehreren Planeten mit Verhältnissen nahe an ganzzahligen bekannt, wie TRAPPIST-1 oder Kepler-80. Es wird angenommen dass Planeten in solchen Systemen weiter entfernt vom Stern entstehen, bevor sie nach innen wandern. In diesem Szenario spielen die Resonanzen eine entscheidende Rolle“, sagte Stephane Udry, Professor am Institut für Astronomie an der Fakultät für Naturwissenschaften der UNIGE.
Im HD 158259-System, wenn ein Planet drei Umläufe absolviert, schließt sein nächster äußerer Nachbar ungefähr 2 ab. „Hier ist 'ungefähr' wichtig. Neben der Allgegenwart des Periodenverhältnisses von 3:2 ist dies die Originalität des Systems“, sagte Nathan Hara. Die Planeten sind nahe an der Resonanz, aber nicht genau. Dies deutet daraufhin, dass die Planeten in der Vergangenheit in Resonanz gefangen waren, synchron wanderten und sich dann von der Resonanz entfernten.
„Darüber hinaus enthält die derzeitige Abweichung vom 3:2 Periodenverhältnis eine Fülle von Informationen. Mit diesen Werten einerseits und den Modellen über Gezeiten-Effekte andererseits könnten wir die innere Struktur der Planeten in einer zukünftigen Studie genauer bestimmen. Zusammenfassend kann man sagen, dass der aktuelle Zustand des Systems uns ein Fenster in seine Entstehung liefert“, sagte Hara.