Galaktische Halos sind nach neuesten Beobachtungen größer und komplexer als Wissenschaftler angenommen haben. Bereits im Jahr 2015 entdeckten Nicolas Lehner und sein Team, dass der Andromeda-Halo groß und massereich ist.
In einer bahnbrechenden Studie haben Wissenschaftler um Nicolas Lehner jetzt mit dem Hubble-Weltraumteleskop die riesige Gashülle, die als Halo bezeichnet wird und die Andromeda-Galaxie, unseren nächsten großen galaktischen Nachbarn, umgibt, detaillierter vermessen. Die Wissenschaftler waren überrascht, als sie feststellten, dass sich dieser dünne, fast unsichtbare Halo aus diffusem Plasma 1,3 Millionen Lichtjahre von der Galaxie - etwa auf halbem Weg zu unserer Milchstraße - und in einigen Richtungen bis zu 2 Millionen Lichtjahre weit erstreckt. Das bedeutet, dass der Halo von Andromeda bereits mit dem Halo unserer eigenen Galaxie zusammenstößt.
Sie fanden außerdem heraus, dass der Halo eine geschichtete Struktur mit zwei ineinander verschachtelten und unterschiedlichen Gasschalen hat. Dies ist die umfassendste Studie über ein Halo, das eine Galaxie umgibt.
Im Rahmen eines Programms namens Projekt AMIGA (Absorption Map of Ionized Gas in Andromeda) untersuchte die Studie das Licht von 43 Quasaren - den sehr weit entfernten, brillanten Kernen aktiver Galaxien, die von schwarzen Löchern angetrieben werden und sich weit jenseits von Andromeda befinden. Die Quasare sind hinter dem Halo verstreut, so dass die Wissenschaftler mehrere Regionen untersuchen konnten. Beim Blick durch den Halo auf das Licht der Quasare beobachtete das Team, wie dieses Licht durch den Andromeda-Halo absorbiert wird und wie sich diese Absorption in verschiedenen Regionen verändert. Der immense Andromeda-Halo besteht aus sehr seltenem und ionisiertem Gas, das keine leicht nachweisbare Strahlung abgibt. Daher ist die Verfolgung der Absorption von Licht, das von einer Hintergrundquelle kommt, ein besserer Weg, um dieses Material zu untersuchen.
Die Forscher nutzten Hubbles Cosmic Origins Spectrograph (COS), um das ultraviolette Licht der Quasare zu untersuchen. Ultraviolettes Licht wird von der Erdatmosphäre absorbiert, was es unmöglich macht, mit bodengebundenen Teleskopen zu beobachten. Das Team verwendete COS, um ionisiertes Gas aus Kohlenstoff, Silizium und Sauerstoff nachzuweisen.
"Es ist immens wichtig, die riesigen Halos aus Gas welche die Galaxien umgeben, zu verstehen", erklärte die Forscherin Samantha Berek von der Yale University in New Haven, Connecticut. "Dieses Gasreservoir enthält Rohstoff für die zukünftige Sternentstehung innerhalb der Galaxie sowie Ausströmungen von Ereignissen wie Supernovae. Es ist voller Hinweise auf die vergangene und zukünftige Entwicklung der Galaxie, und wir sind endlich in der Lage, es in unserer nächsten galaktischen Nachbarschaft eingehend zu untersuchen."
Die Andromeda-Galaxie, auch als M31 bekannt, ist eine majestätische Spiralgalaxie von vielleicht bis zu 1 Billion Sternen und in ihrer Größe mit unserer Milchstraße vergleichbar. In einer Entfernung von 2,5 Millionen Lichtjahren ist sie uns so nahe, dass die Galaxie an Orten ohne Lichtverschmutzung für das freie Auge als zigarrenförmiger Lichtschleier mit mehrfachen Monddurchmesser im Herbst abends hoch am Himmel erscheint. Wenn ihr gasförmiger Halo mit bloßem Auge betrachtet werden könnte, wäre sie etwa dreimal so breit wie der Große Wagen.