Unmittelbar unter der Atmosphäre des Planeten Venus liegt eine Wand aus sauren Wolken, die mit sehr hoher Geschwindigkeit um den Planeten flitzt.
Das neu entdeckte atmosphärische Phänomen ragt etwa 50 Kilometer aus den dicken Wolkendecken der Venus hervor und dehnt sich manchmal bis zu 7.500 km quer über den Äquator aus bis zu den mittleren Breiten der Venus. Und es befindet sich seit mindestens drei Jahrzehnten dort.
Es mag seltsam erscheinen, dass ein so großes Merkmal so lange unentdeckt blieb, da Raumsonden die Venus seit 1962 sporadisch besuchten und hochauflösende Teleskope den Planeten schon Jahre zuvor beobachtet haben. Der erste Hinweis darauf, dass etwas Seltsames geschieht, kam von der japanischen Raumsonde Akatsuki, die seit 2015 die Venus umkreist.
Es bedurfte jedoch einer neuen Untersuchung des Archivmaterials um festzustellen, dass die Wolkenwand seit mindestens 1983 vorhanden ist. „Wir brauchten Zugang zu einer großen und verstreuten Sammlung von Bildern der Venus, die in den letzten Jahrzehnten mit verschiedenen Teleskopen gesammelt wurden,“ sagte Pedro Machado, Co-Autor und Forscher am portugiesischen Institut für Astrophysik und Weltraumwissenschaften, in einem Statement.
Das Archivmaterial stammt von Observatorien wie dem Galileo National Teleskop auf den Kanarischen Inseln und dem NASA Infarot-Teleskop Facility (IRTF) auf Hawaii.
Enorme Wolkenmuster in der oberen Atmosphäre sind auf der Venus bereits bekannt, darunter eine bizarre „Y“ Form, die möglicherweise durch Zentrifugalkräfte entsteht und eine Bugwelle, die durch Luftströmung über statische Bodenmerkmale wie z, B. Berge entstehen kann. Die neu entdeckte Wolkenwand befindet sich jedoch in geringerer Höhe und in einer Region der Venusatmosphäre, in welcher der Treibhauseffekt ziemlich ausgeprägt ist, wodurch die Oberfläche bei Bleischmelztemperaturen von 465 Grad Celsius gehalten wird.
Die Forscher vermuten, dass die Wolkenwand mit der mysteriösen und seit langem beobachteten schnellen Rotation in der oberen Atmosphäre der Venus zusammenhängt. Das kürzlich entdeckte Phänomen könnte möglicherweise genug Schwung und Energie abgeben, um die schnellen Winde weiter nach oben zu treiben, sagte Hauptautor Javier Peralta, Astrophysiker bei der japanischen Luft- und Raumfahrtagentur JAXA welche die Mission Akatsuki leitet, im gleichen Statement. Dies liegt daran, dass die Wolkenwand mit einer Geschwindigkeit von 328 km/h über die Oberfläche rast.
Was die Wolkenwand verursacht, ist noch unbekannt und erfordert weitere Untersuchungen, sagte das Team. Die Forscher fügten jedoch hinzu, dass das Merkmal eine atmosphärische „Kelvin-Welle“ sein könnte, eine Klasse von atmosphärischen Gravitationswellen, die schon auf der Venus beobachtet worden sind. Gravitationswellen in der Atmosphäre eines Planeten treten auf, wenn sich Winde mit hoher Geschwindigkeit über statische geologische Merkmale wie eine Krater-Wand oder einen Berg hinweg bewegen; der Aufwind steigt und sinkt in eine Schicht stabiler Luft direkt über dem Bodenmerkmal.
Eine auf der Forschung basierende Studie wurde am 27. Mai in der Zeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht.