Bilder von der Raumsonde Akatsuki enthüllen, was die Atmosphäre der Venus viel schneller rotieren lässt als den Planeten selbst.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Takeshi Horinouchi von der Hokkaido-Universität hat herausgefunden, dass diese „Superrotation“ in der Nähe des Äquators durch atmosphärische Gezeitenwellen aufrechterhalten wird, die durch Sonneneinstrahlung auf der Tagseite und durch Abkühlung auf der Nachtseite entstehen. Näher an den Polen haben atmosphärische Turbulenzen und andere Arten von Wellen einen noch größeren Effekt.
Die Studie wurde am 23. April online im Journal Science veröffentlicht.
Die Venus rotiert sehr langsam und benötigt für eine komplette Umdrehung 243 Erdentage. Trotz dieser langsamen Rotation dreht sich die Venus-Atmosphäre westwärts 60-mal schneller als der Planet rotiert. Diese Superrotation nimmt mit der Höhe zu und benötigt in der oberen Wolkendecke nur vier Erdentage, um den gesamten Planeten zu umrunden. Die sich schnell bewegende Atmosphäre transportiert Wärme von der Tag - zur Nachtseite des Planeten und verringert so die Temperaturunterschiede zwischen den beiden Hemisphären.
„Seit die Superrotation in den 1960er Jahren entdeckt wurde, ist der Mechanismus hinter deren Entstehung und Aufrechterhaltung ein langjähriges Rätsel“, sagte Horinouchi.
Horinouchi und seine Kollegen vom Institut für Weltraum- und Astronautik (ISAS, JAXA) und von anderen Instituten entwickelten eine neue, hochpräzise Methode, um Wolken zu verfolgen und Windgeschwindigkeiten aus Bildern abzuleiten, die von Ultraviolett - und Infrarotkameras aufgenommen wurden, die sich auf der Raumsonde Akatsuki befinden, die sich seit Dezember 2015 in der Umlaufbahn um Venus befindet und deren Hauptphase im April 2018 beendet wurde. Aber seitdem befindet sich die Sonde in einer erweiterten Operationsphase. Dies ermöglichte es den Forschern, die Verteilung von atmosphärischen Wellen und Turbulenzen zu bestimmen.
Die Gruppe bemerkte zunächst, dass die atmosphärischen Temperaturunterschiede zwischen niedrigen und hohen Breitengraden so gering sind, dass sie nicht ohne eine Zirkulation über die Breitengrade hinweg erklärt werden können. „Da eine solche Zirkulation die Verteilung des Windes verändern und den Rotationspeak schwächen sollte, bedeutet dies auch, dass es einen anderen Mechanismus geben müsste, der die beobachtete Windverteilung verstärkt und aufrecht erhält“, erklärte Horinouchi. Weitere Analysen ergaben, dass die thermischen Gezeiten – atmosphärische Wellen, die durch den Kontrast der Sonnenwärme zwischen der Tag - und Nachtseite angeregt werden – aufrechterhalten werden, welche die Beschleunigung für die niedrigen Breiten liefert. Frühere Studien schlugen vor, dass atmosphärische Turbulenzen und andere Wellen als die thermischen Gezeiten die Beschleunigung liefern könnten. Die aktuelle Studie zeigt jedoch, dass sie entgegengesetzt arbeiten, um die Superrotation bei niedrigen Breiten moderat zu verlangsamen, obwohl sie bei mittleren bis hohen Breiten eine wichtige Rolle spielen.
Ihre Ergebnisse deuten auf ein duales Zirkulationssystem hin, dass Wärme effektiv über den Venus-Globus transportiert; die meridionale (vertikale) Zirkulation, die langsam Wärme zu den Polen transportiert und die Superrotation, die Wärme schnell zur Nachtseite des Planeten transportiert.
„Unsere Studie könnte helfen, atmosphärische Systeme auf Exoplaneten mit gebundener Rotation besser zu verstehen, deren eine Seite immer dem Zentralstern zugewandt ist und die ähnlich wie die Venus einen sehr langen Sonnentag haben“, fügte Horinourchi hinzu.