Bei der Pressekonferenz am 2. Jänner wurden neue Fotos von 2014 MU69 (Ultima Thule) veröffentlicht, die erstmals die tatsächliche Form des 31 Kilometer langen Objekts zeigten. Kein Doppelkörper, keine Hantel, sondern zwei offenbar aneinander klebende Kugeln. Ein sogenanntes Kontakt-System. Demnach werden die beiden kugeligen Körper durch die Schwerkraft zusammengehalten. Ohne die Schwerkraft würden sie auseinander trieften. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die beiden Teile von Ultima Thule separat voneinander bildeten und später mit sehr kleiner Geschwindigkeit kollidierten. Ultima Thule vermittelt den bisher besten Eindruck davon wie man sich Planetenbausteine vorstellen kann.
New Horizons hat gerade den entferntesten Vorbeiflug in der Weltraumgeschichte gemacht. Was kommt als nächstes?
Obwohl die Begegnung, welche am 1. Januar stattgefunden hat vorbei ist, ist die Mission noch lange nicht beendet. New Horizons hat immer noch Bilder von Ultima Thule die zurückgesandt werden sollen, um mehr über den Kuipergürtel in Erfahrung zu bringen. Ferner hoffen die Forscher, dass die Sonde eines Tages das Sonnensystem vollständig verlässt.
Der Zustand des Raumfahrzeugs hat jedoch Vorrang, da keine Daten zur Erde gesendet werden können, wenn es nicht funktioniert. Glücklicherweise scheint es derzeit keine Probleme zu geben.
„Alles sieht gut aus“, sagte Missions-Operation Managerin Alice Bowman nach dem Vorbeiflug zur Presse.
Während des raschen Vorbeiflugs an Ultima Thule füllte New Horizons seine Festplatte mit etwa 7 Gigabyte Daten über das kleine Kuipergürtel-Objekt auf. Nach Abschluss der Beobachtungen begann die mühsame Aufgabe, diese Daten zur Erde zu senden. Dafür wird man fast 2 Jahre brauchen.
Für ein paar Tage, vom 4. bis 9. Januar wird die Datenübertragung unterbrochen weil sich die Raumsonde dann fast in der gleichen Richtung befindet wie die Sonne. Erst danach wird die Datenübertragung fortgesetzt. Bei ungefähr 1.000 Bits pro Sekunde dauert es ungefähr 20 Monate, bis alle gesammelten Daten über Ultima Thule auf der Erde eintreffen.
Die Daten haben laut Projektleiter Alan Stern eine hohe Priorität. „Obwohl die Raumsonde bis jetzt perfekt funktioniert, besteht immer die Möglichkeit, dass etwas schief läuft“, sagte Stern nach dem Vorbeiflug zur Presse. Die wichtigsten Informationen wie über Geologie und Zusammensetzung, sowie dem Potenzial für Ringe oder Monde werden zuerst gesendet. Sekundäre Ziele, wie Krater, physikalische Oberflächeneigenschaften und Staubaustritt werden anschließend gesendet.
Erst wenn diese Informationen zurückgesandt wurden, werden die Daten niedrigster Priorität zur Erde gesandt, wie detailliertere Eigenschaften von eventuell vorhandenen Ringen und Monden, Informationen über Masse und Dichte, sowie zusätzliche Untersuchungen über die Zusammensetzung.
„Wir wollen Datensätze von jedem Instrument bekommen“, sagte Bowman.
Laut Bowman sammelt New Horizons ungefähr die gleiche Datenmenge wie bei Pluto, obwohl Ultima Thule viel kleiner ist. Aber da Ultima Thule mehr als 1,6 Milliarden Kilometer weiter von der Erde entfernt ist als Pluto, dauert es noch länger, bis die Informationen auf der Erde eintreffen. Alles wird von einem 15-Watt-Funksender weitergeleitet, dessen schwaches Signal auf die Erde gerichtet ist.
Nach dem Vorbeiflug an Pluto begann für New Horizons eine erweiterte Mission, deren Höhepunkt der Vorbeiflug an Ultima Thule war. Aber das ist nicht das einzige Ziel dieser Phase der Raumsonde. Sie wird den Kuipergürtel bis mindestens April 2021 weiter untersuchen. Dann endet die derzeitige Missions-Finanzierung,
Das Team schaut bereits auf eine extrem erweiterte Mission.
„Wir gehen davon aus, dass wir nach Ultima Thule noch genügend Treibstoff haben werden“, sagte Projektwissenschaftler Hal Weaver vor dem Vorbeiflug. „Wir möchten versuchen, auf dem Weg ein anderes Kuipergürtel-Objekt zu finden.“
Der Kuipergürtel erstreckt sich von etwa 30 bis 55 AE und Ultima Thule liegt mittendrin bei 43 AE. Laut Alan Stern wird New Horizons bis 2027 oder 2028 im Kuipergürtel sein.
„Es wäre dumm, kein weiteres Ziel zu suchen“, sagte Stern.
Die Jagd könnte sich allerdings als schwieriger erweisen, als ursprünglich angenommen wurde. Während New Horizons auf dem Weg zu Pluto war, haben die Forscher jahrelang mit dem Hubble den Himmel durchkämmt, bis sie schließlich drei potenzielle Ziele gefunden hatten und schließlich Ultima Thule auswählten, weil es das nächstgelegene war. Das einsame Objekt liegt in der am dichtesten besiedelten Region des Kuipergürtels.
Das beste Teleskop, um das nächste Ziel zu entdecken, könnten New Horizons selbst sein. Die Forscher sind der Meinung, dass es möglich sei, die Flugsoftware so zu modifizieren, dass der Long Range Reconnaissance Imager (LORRI), die Kamera der Raumsonde, als Entdeckungsgerät zum Auffinden von KBOs entlang von New Horizons Weg verwendet werden kann.
LORRI könnte hunderte oder sogar tausende Fotos von Sternen rund um die Raumsonde machen. Anstatt diese Bilder zur Erde zu senden, wäre es möglich, den Computer so zu programmieren, dass er nach den besten Zielen sucht und nur diese Bilder nach Hause sendet. Solche Pläne sind aber noch in Planung.
Das Team beginnt jedoch nicht sofort mit den Plänen für eine weitere Mission. Laut Stern werden sie erst im Sommer 2020 einen Vorschlag für die nächste erweiterte Mission vorlegen. In der Zwischenzeit wird das Team das nächste Ziel von New Horizons suchen. „Ich bin relativ optimistisch“, sagte Stern.
Als New Horizons an Ultima Thule vorbeiflog, stieg die Geschwindigkeit auf 14 km/s an. Mit dieser Geschwindigkeit kann sich das Raumfahrzeug von der Anziehungskraft der Sonne befreien und sich aus dem Sonnensystem hinaus bewegen, so wie die Voyager-Raumsonden und Pioneer.
Wann dies geschehen wird, bleibt ein Rätsel. Die Grenze zwischen der Heliosphäre und dem interstellaren Medium ändert sich mit dem 11-jährigen Sonnenzyklus. Das macht es schwer vorhersagen, wo dies in 20 Jahren sein wird, sagte Stern. Die Grenze könnte im Extremfall zwischen 70 und 130 AE liegen.
„Kein Modell kann vorhersagen, ob wir den interstellaren Raum erreichen bevor die Energie ausgeht“ sagte Stern. Aber er glaubt, dass es eine gute Chance gibt, dass die Raumsonde noch genug Power hat, wenn sie die sich ständig verändernde Grenze überschreitet.
Dies wäre eine exzellente Sache für die Wissenschaft. Obwohl sowohl Voyager 1 als auch Voyager 2 Instrumente zur Messung von Partikeln des Interstellaren Mediums (ISM) besitzen, würde New Horizons nicht nur ein sondern zwei leistungsfähigere Instrumente mitbringen. Mit diesen Instrumenten könnte das Raumfahrzeug genauere Messungen durchführen als seine Vorgänger.
Darüber hinaus verfügt New Horizons über den Student Dust Counter, der derzeit den Rekord für den am weitesten entfernten Staubdetektor im Weltraum hält. „Das Einsetzen eines Staubdetektors für das ISM wäre eine sehr wertvolle Erfahrung“, sagte Stern.
New Horizons wird das Sonnensystem verlassen, egal ob die Sonde ein weiteres KBO besucht oder auf seinem derzeitigen Kurs bleibt.