Messungen, die mit dem SWAP-Instrument (Solar Wind Around Pluto) an Bord der Raumsonde New Horizons durchgeführt wurden, liefern wichtige neue Erkenntnisse aus einigen der entlegensten Bereiche unseres Sonnensystems, die jemals erforscht wurden. In einem vor kurzem im Astrophysical Jorunal veröffentlichten Artikel, zeigt ein Team vom Southwest Research Institute (SwRI), wie sich der Sonnenwind – ein Strom geladener Teilchen, der mit Überschallgeschwindigkeit von der Sonne weggeblasen wird - in zunehmendem Abstand von der Sonne entwickelt.
„Früher haben nur die Missionen Pioneer 10 und 11 sowie Voyager 1 und 2 das äußere Sonnensystem und die äußere Heliosphäre erforscht, jetzt macht New Horizons dies mit moderneren wissenschaftlichen Instrumenten“, sagte Dr. Heather Elliot, Mitarbeiterin am SwRI und stellvertretende Leiterin des SWAP-Instruments und Hauptautorin des Artikels. „Der Einfluss unserer Sonne auf die Weltraum-Umgebung reicht weit über die äußeren Planeten hinaus und SWAP zeigt uns neue Aspekte, wie sich diese Umgebung mit der Entfernung verändert.
Die Heliosphäre bezeichnet im Weltraum einen weiträumigen Bereich um die Sonne, in dem das solare Magnetfeld und der davon mitgeführte Sonnenwind wirksam ist. An Bord von New Horizons sammelt das Instrument SWAP täglich detaillierte Messungen des Sonnenwinds sowie anderer Schlüsselkomponenten, die als „interstellare Pickup-Ionen“ in der äußeren Heliosphäre bezeichnet werden. Diese interstellaren Pickup-Ionen entstehen, wenn neutrales Material aus dem interstellaren Raum in das Sonnensystem eindringt und durch Sonnenlicht oder durch Wechselwirkung mit dem Sonnenwind ionisiert wird.
Wenn sich der Sonnenwind weiter von der Sonne entfernt, trifft er auf eine zunehmende Menge an Material aus dem interstellaren Raum. Wenn interstellares Material ionisiert wird, nimmt der Sonnenwind das Material auf und verlangsamt und erwärmt es, so die Theorie der Forscher. SWAP hat diesen vorhergesagten Effekt nun erkannt und bestätigt.
Das SWAP-Team verglich die Messungen der Sonnenwind-Geschwindigkeit in den Entfernungen von 21 bis zu 42 astronomischen Einheiten (AE) mit den Geschwindigkeiten bei 1 AE sowohl mit dem Advanced Composition Explorer (ACE) als auch mit dem Solar Terrestrial Relations Observatorium (STEREO). Bei 21 AE schien es, dass die Verlangsamung des Sonnenwinds als Reaktion auf die Aufnahme von interstellarem Material zurückzuführen ist. Als New Horizons jedoch seine Reise über Pluto hinaus fortsetzte und sich zwischen 33 und 42 AE befand, war der Sonnenwind um 6 -7 % langsamer als in der Entfernung von 1 AE, was den Effekt bestätigte.
Zusätzlich zur Bestätigung der Verlangsamung des Sonnenwinds in großen Entfernungen, könnte die Änderung der Sonnenwindtemperatur und -dichte auch eine Möglichkeit bieten um abzuschätzen, wann sich New Horizons auf der anderen Seite der "Bugwelle" (Termination-Schock) befindet, eine der äußeren Grenzen vom Einfluss der Sonne, wo der Sonnenwind langsamer wird als die Schallgeschwindigkeit, wenn er sich dem interstellaren Medium nähert. Voyager 1 traf im Jahr 2004 bei 94 AE auf die "Bugwelle", Voyager 2 im Jahr 2007 bei 84 AE. Aufgrund der gegenwärtig geringeren Sonnenaktivität und des geringeren Sonnenwinddrucks wird erwartet, dass sich die "Bugwelle" seit den Voyager-Übergängen näher zur Sonne verschoben haben.
Die Extrapolation des aktuellen Trends in den New Horizons-Messungen zeigt ebenfalls, dass die "Bugwelle" möglicherweise näher liegt als zum Zeitpunkt, als diese von den Voyager-Sonden überschritten wurde. New Horizons wird frühestens Mitte der 2020er Jahre diese "Bugwelle" erreichen. Wenn die Sonnenzyklus-Aktivität zunimmt, wird der Druckanstieg wahrscheinlich die Heliosphäre ausdehnen. Dies könnte die "Bugwelle" wieder auf eine Reichweite von 94 AE bringen, sodass New Horizons noch Zeit bis zu deren Erreichung hat.
Die Reise von New Horizons durch die äußere Heliosphäre wird im Gegensatz zu der Reise von den Voyager-Sonden einfacher verlaufen, da der damalige Sonnenzyklus sehr aktiv war. Das SWAP-Instrument von New Horizons misst nicht nur den Sonnenwind, es kann aufgrund seiner äußersten Empfindlichkeit gleichzeitig auch die geringen Flüsse interstellarer Ionen mit beispielloser Zeitauflösung und großer räumlicher Abdeckung messen. New Horizons ist auch die einzige Raumsonde im Sonnenwind jenseits des Mars (1,5 AE) und folglich auch die einzige Raumsonde, die Wechselwirkungen zwischen dem Sonnenwind und dem interstellaren Material in der äußeren Heliosphäre während des gegenwärtigen milden Sonnenzyklus misst. New Horizons ist auf dem besten Weg, die erste Raumsonde zu sein, die sowohl den Sonnenwind als auch die Interstellaren Ionen in der "Bugwelle" misst.
Der Artikel „Slowing of the Solar Wind in the Outer Heliosphere“ wurde am 11. November im Astrophysical Journal veröffentlicht.