Eine neue Studie vom Caltech zeigt, dass gewaltige Einschläge den Innendruck von Planeten drastisch senken können. Diese Erkenntnis könnte das derzeitige Modell der Planetenbildung erheblich verändern.
Die Einschläge, von denen angenommen wird, dass sie vor etwa 4,5 Milliarden Jahren zur Bildung des Erdmondes führten, könnten für Schwankungen des Kern- und Manteldrucks verantwortlich sein, die einige rätselhafte geochemische Signaturen im Erdmantel erklären würden.
„Frühere Studien haben fälschlicherweise angenommen, dass der Innendruck eines Planeten einfach eine Funktion seiner Masse ist und daher mit dem Wachstum des Planeten kontinuierlich zunimmt. Wir haben gezeigt, dass sich der Druck nach einem starken Aufprall vorübergehend ändern kann, gefolgt von einem längerfristigen Druckanstieg, wenn sich das Objekt nach dem Aufprall erholt. Dieses Ergebnis hat erhebliche Auswirkungen auf die chemische Struktur eines Planeten und seine nachfolgende Entwicklung“, erklärte Simon Lock, Postdoktorand bei Caltech und Hauptautor eines am 4. September im Journal Science Advances veröffentlichten Artikel, in welchem das neue Modell erläutert wird.
Lock verfasste den Artikel mit Sarah Stewart, Professorin für Planetenwissenschaften an der Universität von Kalifornien.
Planetensysteme beginnen typischerweise in einer rotierenden Gas- und Staubscheibe um einen jungen Stern. Winzige Staubkörnchen wachsen zu immer größeren Partikeln zusammen und formen die ersten Gesteinsbrocken, die wiederum zu Planetenvorläufern anwachsen. Das Ende der Hauptphase dieses Prozesses ist durch energiereiche Kollisionen zwischen Körpern von Planetengröße gekennzeichnet, die sich zu den endgültigen Planeten zusammen schließen.
Die Stoßenergie dieser Einschläge kann bedeutende Teile eines Planeten verdampfen lassen und sogar, wie beim Aufprall der zur Entstehung des Mondes führte, die beiden kollidierenden Objekte vorübergehend in einen rotierenden Donut aus Planetenmaterial verwandeln, der als „Synestia“ bekannt ist, der sich später wieder in einen oder mehrere kugelförmige Körper abkühlt.
Lock und Stewart verwendeten Rechenmodelle über gewaltige Einschläge und planetare Strukturen, um Kollisionen zu simulieren, bei denen Objekte mit Massen zwischen 0,9 und 1,1 Erdmassen gebildet werden und stellten fest, dass deren Innendruck unmittelbar nach einer Kollision viel geringer war als erwartet. Ferner stellten sie fest, dass der Druckabfall auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen war: Auf die schnelle Rotation, die durch die Kollision hervorgerufen wurde, die eine gegen die Schwerkraft wirkenden Zentrifugalkraft erzeugte, die das Material im Wesentlichen von der Rotationsachse wegdrückte; und die geringe Dichte des heißen, teilweise verdampften Objekts.
„Wir haben keine direkten Beobachtungen des Wachstums von erdähnlichen Planeten. Es stellte sich jedoch heraus, dass die physikalischen Eigenschaften eines Planeten während seines Wachstums durch Kollisionen stark variieren können. Unsere neue Sicht auf die Planetenbildung ist viel variabler und dynamischer als frühere Modelle vermuten ließen. Die neue Sichtweise öffnet die Tür für neue Erklärungen früherer Daten“, sagte Stewart. Das Endergebnis ist, das gewaltige Einschläge den Innendruck eines Planeten erheblich senken können. Der Druck unmittelbar nach einem Impakt wie jener, von dem angenommen wird, dass er den Mond geformt hat, hätte die Hälfte des Druck der heutigen Erde betragen können.
Wenn dies zutrifft, könnte das Ergebnis dazu beitragen, einen langjährigen Widerspruch zwischen der Geochemie des Erdmantels und physikalischen Modellen der Planetenbildung in Einklang zu bringen.
Während die Proto-Erde wuchs, lieferte jedes Objekt das mit ihr kollidierte, Metall in den Mantel. Nach jedem Aufprall absorbierte das Metall kleine Mengen anderer Elemente aus dem Mantel, dann sank das Metall in den Kern – wobei diese Elemente mitgezogen wurden. Die Menge von jedem Element das sich in dem Metall löste, wurde teilweise durch den Innendruck der Erde bestimmt. Die heutige chemische Zusammensetzung des Mantels gibt Aufschluss über den Manteldruck, der während der Entstehung des Planeten herrschte.
Untersuchungen der Metalle im heutigen Erdmantels deuten darauf hin, dass dieser Absorptionsprozess bei einem Druck stattfand, der sich heute in der Mitte des Erdmantels befindet. Modelle von gewaltigen Einschlagmodellen zeigen jedoch, dass solche Einschläge den größten Teil des Mantels zum Schmelzen bringen. Daher hätte der Mantel einen viel höheren Druck aufzeichnen müssen – das entspräche dem, was wir jetzt direkt über den Kern sehen. Diese Anomalie zwischen der geochemischen Beobachtung und den physikalischen Modellen wollten Wissenschaftler seit langem erklären.
Lock und Stewart konnten nachweisen, dass die Drücke nach riesigen Einschlägen geringer waren als bisher angenommen wurde und sie glauben, den physikalischen Mechanismus zur Lösung des Rätsels gefunden zu haben.
Lock und Stewart planen, anhand ihrer Ergebnisse zu berechnen, wie sich stochastische Druckänderungen während der Entstehung auf die chemische Struktur von Planeten auswirken. Lock sagte, dass sie auch weiterhin untersuchen werden, wie sich Planeten vom Trauma gigantischer Einschläge erholen. „Wir haben gezeigt, dass der Druck in Planeten dramatisch zunehmen kann, wenn sich der Planet erholt. Aber wie wirkt sich das auf die Erstarrung des Mantels aus, oder wie entstand die erste Kruste der Erde? Dies ist ein ganz neues Gebiet, das noch erforscht werden muss,“ sagte er.
Der Artikel im Science Advances trägt den Titel „Giant impacts stochastically change the internal pressures of terrestrial planets.“