Ein neu entdeckter Komet hat vor kurzem die astronomische Gemeinschaft in Aufregung versetzt, weil er von außerhalb des Sonnensystems zu stammen scheint. Das Objekt mit der Bezeichnung C/2019 Q4 (Borisov) wurde am 30. August 2019 vom Amateurastronomen Gennady Borisov am MARGO-Observatorium in Nauchnij auf der Krim entdeckt. Die offizielle Bestätigung, dass es sich bei dem Objekt C/2019 Q4 um einen interstellaren Kometen handelt, wurde aber noch nicht abgegeben. Wenn es sich jedoch um einen interstellaren Kometen handeln sollte, wäre dies erst das zweite derartige Objekt, das entdeckt wurde. Das erste, 'Oumuamua, wurde im Oktober 2017 beobachtet und bestätigt.
Der neue Komet, C/2019 Q4, ist immer noch in Richtung Sonne unterwegs und wird sich der Erde nur bis auf etwa 300 Millionen Kilometern nähern.
Etwa eine Woche später erhielt Marco Micheli vom Koordinierungszentrum für erdnahe Objekte der ESA (Europäische Weltraumorganisation) Bilder über das International Scientific Optical Network und führte mehrere Positionsmessungen mit Daten durch, die mit dem Kanada-Frankreich-Hawaii-Teleskop auf Hawaii aufgenommen wurden. Diese Daten bestätigten die ungewöhnliche Umlaufbahn des Objekts, die erstmals vom NASA-Scout-System gemeldet wurde, einem Echtzeitmonitor für neu entdeckte Asteroiden und Kometen. Die ESA analysiert nun alle verfügbaren Daten und plant weitere Beobachtungen, um die Bahn des Objekts durch den Weltraum genauer zu bestimmen.
Nach den ersten Beobachtungen des Kometen stufte das Scout-System, dass sich im JPL der NASA in Pasadena, Kalifornien befindet, das Objekt automatisch als möglicherweise interstellar ein. David Farnocchia vom NASA-Zentrum für erdnahe Objekte am JPL arbeitete mit Astronomen der ESA in Frascati (Italien) zusammen, um zusätzliche Beobachtungen zu bekommen. Anschließend arbeitete er mit dem Minor Planet Center in Cambridge, Massachusetts, zusammen, um die genaue Flugbahn des Kometen abzuschätzen und festzustellen, ob er aus unserem Sonnensystem stammt oder von einem anderen Ort in der Galaxie.
Der Komet ist derzeit 420 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt und wird am 8. Dezember 2019 in einer Entfernung von 300 Kilometern von der Sonne sein Perihel erreichen.
„Die aktuelle Geschwindigkeit des Kometen ist hoch, ungefähr 150.000 km/h, was weit über der typischen Geschwindigkeit von Objekten liegt, welche die Sonne in dieser Entfernung umkreisen“, sagte Farnocchia. „Die hohe Geschwindigkeit deutet nicht nur darauf hin, dass dieses Objekt wahrscheinlich von außerhalb unseres Sonnensystems stammt, sondern auch, dass es das Sonnensystem wieder verlassen und in den interstellaren Raum zurückkehren wird.
Derzeit befindet sich der Komet C/2019 Q4 auf einer Flugbahn in Richtung inneres Sonnensystem und wird am 26. Oktober, kommend von oberhalb der Ekliptikebene, mit einer Bahnneigung von 40 Grad ins innere Sonnensystem eintreten
C/2019 Q4 wurde aufgrund seines diffusen Erscheinungsbilds als Komet eingestuft, was darauf hinweist, dass das Objekt einen zentralen Eiskörper hat, der eine ihn umgebende Gas- und Staubwolke erzeugt, wenn er sich der Sonne nähert und sich erwärmt. Durch seine Position am Himmel (von der Erde aus gesehen) befindet sich der Komet in der Nähe der Sonne – ein Bereich des Himmels, der normalerweise nicht von großen bodengestützten Teleskopen oder vom Asteroiden-Weltraumteleskop NEOWISE gescannt wird.
C/2019 Q4 kann in den kommenden Monaten mit professionellen Teleskopen beobachtet werden. „Das Objekt wird Mitte Dezember seine maximale Helligkeit erreichen und wird dann mit mittelgroßen Teleskopen bis April 2020 beobachtet werden können,“ sagte Farnocchia. „Danach kann es nur noch mit größeren professionellen Teleskopen bis Oktober 2020 gesehen werden.“
Von Karen Meech und ihrem Team an der Universität von Hawaii durchgeführte Beobachtungen deuten darauf hin, dass der Kometenkern einen Durchmesser zwischen 2 und 16 Kilometern aufweist. Astronomen werden weiterhin Beobachtungen sammeln, um die physikalischen Eigenschaften des Kometen (Größe, Rotation usw.) festzustellen und um seine Flugbahn besser zu bestimmen.