Gregory Laughlin und Malena Rice waren vor einigen Wochen nicht wirklich überrascht, als sie erfuhren, dass ein zweites interstellares Objekt in unser Sonnensystem gelangt ist. Die Astronomen der Universität Yale hatten gerade eine neue Studie fertiggestellt, die darauf hindeutet, dass diese seltsamen eisigen Besucher immer wieder auftauchen werden. Wir können einige große Objekte erwarten, die jedes Jahr in unserem Sonnensystem auftauchen; kleinere Objekte könnten zu Hunderten jedes Jahr in unser Sonnensystem eindringen.
Die Studie wurde zur Veröffentlichung in The Astrophysical Journal Letters angenommen.
„Es sollte viel von diesem Material herumfliegen“, sagte Rice, eine Doktorandin in Yale und Erstautorin der Studie. „Dank der neuen Teleskope die bald in Betrieb gehen, werden wir in Kürze viel mehr Daten über diese interstellaren Besucher bekommen. Wir müssen nicht spekulieren.
Das erste interstellare Objekt, von dem man weiß, dass es unser Sonnensystem durchquerte war 'Oumuamua, erstmals gesichtet im Oktober 2017. Seine Ankunft löste intensive Debatten über seinen Ursprung und seine Klassifizierung auf. Laughlin, ein Astronomieprofessor an der Universität Yale, hat wertvolle Forschungsergebnisse beigesteuert, die darauf hindeuteten, dass 'Oumuamua kometenähnliche Eigenschaften aufweist, obwohl er keine verräterische Koma hatte.
Das neue Objekt, seit kurzem 2I/Borisov genannt, tauchte in diesem Sommer auf. Der Amateurastronom Gennady Borisov bemerkte 2I/Borisov zum ersten Mal im August und die Forscher werden etwa ein Jahr Zeit haben, um das Objekt mit Teleskopen zu beobachten – eine beträchtlich längere Zeit als die wenigen Wochen, welche die Forscher zur Beobachtung von 'Oumuamua hatten. Das neue Objekt ist auch größer als 'Oumuamua und hat eine ausgeprägte Koma.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass es sich um Planetesimale bzw. Planetenbausteine handelt, die aus anderen Sonnensystemen rausgeworfen wurden.
Wenn ein Stern neu geboren wird, ist er von einer dünnen, rotierenden protoplanetaren Scheibe aus dichtem Gas und Staub umgeben. Das Material in der Scheibe wird von der Gravitationsenergie des Sterns erwärmt, was zu Bewegungen, Kollisionen und schließlich zur Bildung von Planeten führt.
Obwohl sich die meisten bekannten Planeten in der Nähe ihrer Sonne bilden, gibt es einige, die viel weiter entfernt entstehen und große Lücken in der protoplanetaren Scheibe hinterlassen. Diese weiter entfernten Planeten könnten Material so heftig herausschleudern, das es das heimatliche Sonnensystem verlässt. Solche Planeten sind jedoch auch viel schwieriger direkt zu beobachten als ihre näher am Stern kreisenden Pendants, weshalb bis jetzt noch nicht viele dieser Planeten bestätigt wurden.
Um ihre Theorie zu testen, untersuchten die Forscher drei protoplanetare Scheiben vom „Disk Substructures at High Angular Resolution Project“ (DSHARP), einem Forschungsprojekt, das von einem Konsortium von Astronomen durchgeführt wird. DSHARP konzentriert sich auf Bilder von 20 nahe gelegenen hellen und großen protoplanetaren Scheiben, die mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array-Teleskop in Chile aufgenommen wurden.
„Wir haben nach Scheiben gesucht, bei denen es ziemlich klar war, dass ein Planet da ist“, sagte Rice. „Wenn eine Scheibe deutliche Lücken aufweist, wie dies bei mehreren DSHARP-Scheiben der Fall ist, ist es möglich durch Extrapolieren herauszufinden, um welchen Typ von Planeten es sich handelt. Anschließend können wir die Systeme simulieren um festzustellen, wie viel Material im Lauf der Zeit ausgeworfen werden könnte.
„Diese Idee erklärt gut die hohe Dichte dieser Objekte, die im interstellaren Raum treiben und zeigt, dass wir bis zu Hunderten solcher Objekte finden sollten, wenn die nächsten Erhebungen online gehen nächstes Jahr“, sagte Laughlin.
Die Beobachtung interstellarer Objekte wird unser Wissen über den Kosmos erweitern, fügten die Forscher hinzu.
Im Gegensatz zu vielen astronomischen Entdeckungen, bei denen Daten aus enormen Entfernungen beobachtet und interpretiert werden, bieten interstellare Objekte - wenn sie unter Sonnensystem durchfliegen - einen genauen Blick auf andere Teile der Galaxie, sagen die Forscher.
„Wir schauen nicht durch ein Teleskop auf einen fernen Stern“, sagte Rice. „Dies ist das tatsächliche Material, aus dem Planeten in anderen Sonnensystemen bestehen und das in unsere Richtung geschleudert wurde. Es ist eine völlig neue Möglichkeit, extrasolare Systeme aus nächster Nähe zu untersuchen.