Bei ultraheißen Exoplaneten die nahe um ihren Stern kreisen, entstehen laut Studien eine ungewöhnliche Art von Stern-Planet-Hybridatmosphären.
Neuere Beobachtungen der Weltraumteleskope Hubble und Spitzer von ultraheißen Jupiter-ähnlichen Planeten verblüfften die Theoretiker. Die Spektren dieser Planeten deuteten an, dass sie exotische und unwahrscheinliche Zusammensetzungen haben könnten.
Eine neue Studie, die vor kurzem von einem Forschungsteam veröffentlicht wurde, bei der Astrophysiker Michael Line von der Arizona State University (ASU) involviert ist, ein Assistenzprofessor an der Schule für Erd- und Weltraumforschung der ASU, schlägt als Erklärung vor, dass diese gasreichen Planeten Zusammensetzungen haben die im Grunde normal sind, wenn man davon ausgeht, was über die Entstehung von Planeten bekannt ist. Anders an ihnen ist, dass sie Atmosphären an ihren Tagseiten haben, die eher den Atmosphären von Sternen gleichen als denen von Planeten.
„Die Interpretation der Spektren des heißesten dieser Jupiter-ähnlichen Planeten gibt Forschern seit Jahren Rätsel auf“ sagte Line.
Das größte Rätsel ist, warum Wasserdampf in den Atmosphären dieser Welten zu fehlen scheint, während er in ähnlichen, aber etwas kühleren Planeten reichlich vorhanden ist.
Nach der neuen Studie besitzen ultraheiße Jupiter tatsächlich die Bestandteile für Wasser (Wasserstoff- und Sauerstoffatome), aber aufgrund der starken Strahlung auf der Tagseite dieser Planeten steigen die Temperaturen dort so hoch, dass Wassermoleküle vollständig auseinander- gerissen werden.
Bei ultraheißen Jupitern, die extrem nahe ihren Stern umkreisen, ist die Tagseite des Planeten ständig dem Stern zugewandt, während die Nachtseite sich in ständiger Dunkelheit befindet. Die Temperaturen auf der Tagseite liegen zwischen 2.000 und 3.000 Grad Celsius. Temperaturen auf der Nachtseite sind um etwa 982 Grad Celsius kühler.
Stern-Planet-Hybriden
Unter der wachsenden Anzahl von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, haben sich ultraheiße Jupiter seit etwa einem Jahrzehnt als eigenständige Klasse herauskristallisiert.
„Die Tagseiten auf diesen Welten sind heiß wie Öfen und ihre Atmosphären sehen mehr wie Sternatmosphären aus und nicht wie Planetenatmosphären“, sagte Vivien Parmentier, eine Astrophysikerin an der Aix Marseille Universität in Frankreich und Hauptautorin der neuen Studie, die in Astronomy and Astrophysics veröffentlicht wurde.
Während Teleskope wie Spitzer und Hubble Informationen über die Tagseiten der ultraheißen Jupiter sammeln können, sind ihre Nachtseiten für aktuelle Instrument schwierig zu untersuchen.
Das neue Paper schlägt ein Modell vor, mit dem man sowohl auf den beleuchteten als auch auf den dunklen Seiten dieser Planeten sehen könnte was geschieht. Das Modell basiert weitgehend auf Beobachtungen und Analysen von drei kürzlich veröffentlichten Studien, die von Parmentier, Line und anderen Autoren verfasst wurden und sich auf drei ultraheiße Jupiter, WASP-103b, WASP-18b und HAT-P-7b, konzentrieren.
Die neue Studie legt nahe, dass heftige Winde, die durch die Hitze angetrieben werden, die auseinander gerissenen Wassermoleküle in die kühleren Nachthälften der Planeten blasen. Dort könnten die Atome wieder zu Molekülen rekombinieren und sich zu Wolken verdichten, bevor sie auf die Tagseite zurück driften und wieder auseinander gerissen werden.
Familienähnlichkeit?
Heiße Jupiter waren die erste weit verbreitete Art von Exoplaneten, deren Entdeckung Mitte der 1990er Jahre begann. Diese sind kühlere Cousins von ultraheißen Jupitern, mit Tagestemperaturen, die unter 2.000 Grad Celsius liegen.
Wasser ist in ihren Atmosphären üblich und als die ultraheißen Jupiter gefunden wurden, erwarteten die Astronomen, dass auch sie Wasser in ihren Atmosphären haben würden. Aber Wasser fehlte auf ihren relativ leicht zu beobachtenden Tagseiten und die Theoretiker suchten nach alternativen, sogar nach exotischen Zusammensetzungen.
Eine Hypothese warum in ultraheißen Jupitern das Wasser fehlt war, dass sich diese Planeten mit sehr hohem Kohlenstoffgehalten anstelle mit Sauerstoff gebildet haben müssen. Doch diese Idee konnte die Spuren von Wasser, die manchmal an der Grenze zwischen den Tagseiten und den Nachtseiten entdeckt wurden, nicht erklären.
Um die Blockade zu durchbrechen, griff das Forschungsteam auf gut etablierte physikalische Modelle stellarer Atmosphären zurück, sowie auf Atmosphären Brauner Zwerge, deren Eigenschaften sich etwas mit heißen und ultraheißen Jupitern überschneiden.
„Unzufrieden mit extremen Kompositionen, haben wir uns das Problem genauer angesehen“, sagte Line. „Dann haben wir festgestellt, dass viele frühere Interpretationen einiges an Physik und Chemie vermissen ließen, die bei solch extrem hohen Temperaturen auftreten.“
Das Team adaptierte das Modell eines Braunen Zwergs, entwickelt von Mark Marley, einem der Mitautoren des Paper und Forscher am Ames-Forschungszentrum in Silicon Valley, für ultraheiße Jupiter. Behandelt man die Atmosphären ultraheißer Jupiter eher wie die von glühenden Sternen als von konventionell kälteren Planeten, bietet sich die Möglichkeit, die Beobachtungen von Spitzer und Hubble zu verstehen.
„Mit diesen Studien bringen wir etwas von dem jahrhundertealten Wissen, das wir durch das Studium der Astrophysik von Sternen gewonnen haben, in das neue Feld der Erforschung von Exoplaneten-Atmosphären ein“ sagte Parmentier.
„Unsere Rolle in dieser Forschung war, die beobachteten Spektren dieser Planeten zu nehmen und ihre Physik sorgfältig zu modellieren“, sagte Line. „Dies zeigte uns, wie man die beobachteten Spektren erzeugen kann, wenn man Gase benutzt die unter den extremen Bedingungen eher vorhanden sind. Diese Planeten brauchen keine exotischen Zusammensetzungen oder ungewöhnlichen Wege, um sie herzustellen.“