Der unserer Sonne nächstgelegene Einzelstern, der nur 6 Lichtjahre entfernte Barnards Stern, beherbergt einen mindestens 3,2 Erdmassen großen Exoplaneten – eine sogenannte Super-Erde. Diese Entdeckung, die vor kurzem in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, ist das Ergebnis der Projekte Red Dots und CARMENES, deren Suche nach lokalen Gesteinsplaneten bereits zur Entdeckung einer neuen Welt geführt hatte, und zwar beim nächsten Nachbarstern, Proxima Centauri.
Der Planet, genannt Barnards Stern b, gilt jetzt als der zweitnächste Exoplanet zur Erde [1]. Die gesammelten Daten deuten darauf hin, dass der Planet eine Super-Erde sein könnte, der seinen Mutterstern in etwa 233 Tagen umkreist. Barnards Stern ist ein kühler, massearmer Stern, ein sogenannter roter Zwergstern, der diese neu entdeckte Welt nur schwach beleuchtet. Nur 2 Prozent jener Energie, welche die Erde von der Sonne erhält, bekommt der neuentdeckte Planet von seinem Zentralstern.
Obwohl der Exoplanet relativ nahe seinen Mutterstern umkreist – nur 0,4 mal so weit entfernt wie die Erde von der Sonne – befindet sich der Exoplanet nahe der Eisgrenze, das ist jene Region, in der flüchtige Verbindungen wie Wasser zu festem Eis kondensieren können. Diese eiskalte, dämmrige Welt könnte eine Temperatur von – 170° C auf ihrer Oberfläche haben, was sie für das Leben, so wie wir es kennen, unwirtlich macht.
Benannt nach dem Astronomen E. Emerson Barnard, ist Barnards Stern der nächste Einzelstern zur Sonne. Der Stern selbst ist uralt – wahrscheinlich doppelt so alt wie unsere Sonne – und relativ inaktiv, hat aber die schnellste scheinbare Bewegung aller Sterne am Nachthimmel [2]. Super-Erden sind die häufigste Art von Planeten, die sich um Sterne mit geringer Masse wie Barnards Stern bilden, was diesem neu entdeckten Planetenkandidaten Glaubwürdigkeit verleiht. Außerdem sagen aktuelle Theorien der Planetenentstehung voraus, dass die Eisgrenze der ideale Ort für die Bildung solcher Planeten ist.
Die Suche nach einem Planeten um Barnards Stern war bisher enttäuschend. Der jüngste Durchbruch war nur möglich, weil Messungen verschiedener hochpräziser Instrumente an Teleskopen auf der ganzen Welt kombiniert wurden [3].
„Nach einer sehr sorgfältigen Analyse sind wir zu 99% zuversichtlich, dass der Planet existiert“, erklärte der leitende Wissenschaftler des Teams, Ignasi Ribas, (Institut für Weltraumforschung in Katalonien und Institut für Weltraumwissenschaften, CSIC in Spanien). „Wir werden diesen sich schnell bewegenden Stern jedoch weiterhin beobachten, um mögliche, aber unwahrscheinliche natürliche Variationen der stellaren Helligkeit auszuschließen, die als das Signal eines Planeten fehlgedeutet werden könnten.“
Zu den verwendeten Instrumenten gehörten ESOs berühmte Planetenjäger-Spektrographen HARPS und UVES. „HARPS spielte bei diesem Projekt eine entscheidende Rolle. Wir haben Archivdaten anderer Teams mit neuen, sich überschneidenden Messungen von Barnards Stern aus verschiedenen Anlagen kombiniert“, sagte Guillem Anglada Escudé (Queen Mary Universität in London) und Co-Lead-Wissenschaftler des Teams. „Die Kombination der Instrumente war der Schlüssel zur Überprüfung unserer Ergebnisse.“
Die Astronomen nutzten den Doppler-Effekt, um den Exoplaneten-Kandidaten zu finden. Während der Planet den Stern umkreist, schwingt der Stern durch dessen Anziehungskraft. Wenn nun ein Stern in einem System mit einem Begleiter periodisch um den Schwerpunkt kreist, dann verschieben sich die Emissions- oder Absorptionslinien des Stern zu längeren Wellenlängen (zum Roten), wenn sich der Stern von uns entfernt und zu kürzeren (zum Blauen), wenn er sich uns nähert.
Astronomen nutzen diesen Effekt, um die Geschwindigkeitsänderung eines Stern durch einen umlaufenden Exoplaneten zu messen mit erstaunlicher Genauigkeit. HARPS kann Änderungen in der Geschwindigkeit des Stern von nur 3,5 km/h erkennen, das entspricht Schritttempo. Diese Art von Jagd nach Exoplaneten wird Radialgeschwindigkeits-Messung genannt und wurde noch nie verwendet, um einen Super-Erde-Typ in einer so großen Umlaufbahn um einen Stern zu detektieren.
„Wir haben Beobachtungen von sieben verschiedenen Instrumenten aus 20 Jahren Messzeit verwendet, was diesen zu einem der größten und umfangreichsten Datensätze macht, die jemals für präzise Radialgeschwindigkeitsstudien verwendet wurden,“ erklärte Ribas. „Die Kombination aller Daten führte zu insgesamt 771 Messungen – eine riesige Menge an Informationen!“
„Diese Entdeckung ist das Ergebnis einer großen Zusammenarbeit, die im Rahmen des Red Dots-Projekts organisiert wurde und Beiträge von Teams auf der ganzen Welt umfasste. Folgebeobachtungen sind bereits an verschiedenen Observatorien im Gange,“ schloss Anglada-Escudè
Anmerkungen
[1] Die einzigen Sterne die näher an der Sonne sind, bilden das Dreifachsystem Alpha Centauri. Im Jahr 2016 fanden Astronomen, die ESO-Teleskope und andere Anlagen verwendeten, eindeutige Beweise für einen Planeten, der in diesem System den nächstgelegenen Stern, Proxima Centauri, umkreist. Dieser Planet ist etwas mehr als 4 Lichtjahre von der Erde entfernt und wurde von einem Team unter der Leitung von Guillem Anglada Escudè entdeckt.
[2] Die Totalgeschwindigkeit von Barnards Stern in Bezug auf die Sonne beträgt etwa 500.000 km/h. Trotz dieses rasanten Tempos ist er nicht der schnellste bekannte Stern. Was die Bewegung des Sterns bemerkenswert macht, ist die Geschwindigkeit, mit der er sich von der Erde aus gesehen über den Nachthimmel bewegt. Barnards Stern legt alle 180 Jahre eine Strecke zurück, die dem Durchmesser des Mondes am Himmel entspricht. Dies scheint zwar nicht viel zu sein, ist aber bei weitem die schnellste sichtbare Bewegung eines Sterns.
[3] Die für diese Forschung verwendeten Instrumente waren: HARPS am ESO-3,6-Meter-Teleskop, UVES am ESO VLT; HARPS-N beim Telescopio Nazionale Galileo; HIRES am Keck 10-m-Teleskop, PFS am 6,5-m-Teleskop des Carnegie-Magellan; APF am 2,4-m-Teleskop am Lick-Observatorium und CARMENES am Calar Alto Observatorium. Darüber hinaus wurden Beobachtungen mit dem 90-cm-Teleskop am Sierra Nevada Observatorium, dem 40-cm-Roboterteleskop am SPACEOBS-Observatorium und dem 80-cm-Joan-Oró-Teleskop des Montsec Astronomical Observatorium (OadM) gemacht.