Ein Internationales Team von Astronomen unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) machte eine überraschende Entdeckung zum Geburtsort von Sterngruppen im Halo unserer Milchstraße.
Diese Halosterne sind in riesigen Strukturen gruppiert, die das Zentrum unserer Galaxie über und unter der flachen Scheibe der Milchstraße umkreisen. Die Forscher dachten, sie könnten sich aus Trümmern gebildet haben, die von kleineren Galaxien hinterlassen wurden, welche in der Vergangenheit in die Milchstraße eingedrungen waren.
In einer kürzlich im Journal Nature veröffentlichten Studie haben Astronomen jedoch überzeugende Beweise dafür gefunden, dass einige dieser Halo-Strukturen tatsächlich aus der Scheibe der Milchstraße stammen, aber hinausgeworfen wurden.
„Diese Phänomen nennt man galaktische Vertreibung“, sagte Co-Autorin Judy Cohen, eine Kate Van Nuys Professorin für Astronomie am Caltech. Diese Strukturen werden von der Ebene der Milchstraße weg gedrängt, wenn eine massive Zwerggalaxie die galaktische Scheibe passiert. Dieser Durchgang verursacht Schwingungen oder Wellen, welche Sterne der Scheibe, oberhalb oder unterhalb davon ausstoßen, abhängig von der Richtung, in der sich die störende Masse bewegt.“
„Die Schwingungen können mit Schallwellen in einem Musikinstrument verglichen werden“, sagte Hauptautorin Maria Bergemann vom MPIA. „Wir nennen das die Galaktoseismologie in der Milchstraße, welche theoretisch schon vor Jahrzehnten vorhergesagt wurde. Wir haben jetzt die deutlichsten Beweise für diese Oszillationen in der Scheibe unserer Galaxis, die wir bisher erhalten haben!“
Bergemann und ihr Team untersuchten nun erstmals die chemische Zusammensetzung dieser Sterne in Detail, die mit hochauflösenden Spektren der Keck- und VLT- (Very Large Telescope, ESO) Teleskope gewonnen wurden.
„Die Analyse der chemischen Zusammensetzung ist ein sehr sensitiver Test, der es uns, ähnlich wie bei einem DNA-Abgleich, erlaubt, die Herkunft des Sterns zu identifizieren. Sterne aus unterschiedlichen Geburtsorten, wie z.B. die Milchstraßenscheibe oder dem Halo, Zwerggalaxien oder Kugelsternhaufen, haben sehr verschiedene chemische Zusammensetzungen. Wenn wir also wissen, woraus die Sterne bestehen, können wir sie sofort mit ihrem Geburtsort in Verbindung bringen“, sagte Bergemann.
Die Wissenschaftler untersuchten 14 Sterne in zwei verschiedenen Halo-Strukturen – die Triangulum-Andromeda (Tri-An) und die stellare Überdichte A13. Diese beiden Strukturen liegen auf gegenüberliegenden Seiten der Milchstraßenscheibe; etwa 14.000 Lichtjahre über und unter der galaktischen Ebene.
Beim Vergleich der chemischen Zusammensetzung dieser Sterne mit denen anderer kosmischer Strukturen stellten die Wissenschaftler überrascht fest, dass die chemischen Zusammensetzungen innerhalb als auch zwischen diesen Gruppen praktisch identisch ist. Außerdem war die Zusammensetzung der Sterne nahezu identisch mit der Elementhäufigkeit von Sternen innerhalb der Milchstraßenscheibe!
Dies liefert überzeugende Beweise dafür, dass diese Halosterne höchstwahrscheinlich von der dünnen Scheibe, dem jüngeren Teil der Milchstraße der sich auf die galaktische Ebene konzentriert, selbst stammen und keine Trümmer von kollidierten Zwerggalaxien darstellen.
Diese Ergebnisse sind auch deshalb sehr interessant, weil sie zeigen, dass der Aufbau und die Dynamik der Milchstraßenscheibe wohl deutlich komplexer sind als bisher angenommen wurde.
„Wir haben gezeigt, dass es ziemlich häufig vorkommen kann, dass Gruppen von Sternen in der Scheibe auf entferntere Gebiete in der Milchstraße abwandern, nachdem sie von einer eindringenden Satellitengalaxie „rausgeschmissen“ wurden. Ähnliche chemische Muster könnten auch in anderen Galaxien gefunden werden, was auf eine galaktische Universalität dieses dynamischen Prozesses hinweisen würde“, sagte Co-Autorin Allyson Sheffield vom Laguardia Community College/Cuny.
Als nächsten Schritt planen die Astronomen, Spektren weiterer Sterne in den bereits analysierten Überdichten aber auch in anderen Sternstrukturen zu untersuchen, die weiter von der Scheibe entfernt sind.