Neu entdeckter möglicher Zwergplanet 2015 TG387 könnte zum mysteriösen Planet Neun führen
Wissenschaftler haben einen weiteren Marker auf dem Weg zum mutmaßlichen Planet Neun entdeckt. Dieser Hinweis ist das neu entdeckte Objekt mit der Bezeichnung 2015 TG387, ein Objekt im äußersten Sonnensystem, weit jenseits von Pluto. Die Umlaufbahn von TG387 teilt ihre Eigenheiten mit denen anderer extrem weit gestreuter Objekte, deren Bahnen anscheinend durch die Schwerkraft eines sehr großen Objekts in diesem fernen kalten Bereich geformt wurden, dem hypothetischen Planet Neun, auch Planet X genannt.
„Diese fernen Objekte sind wie Brotkrumen, die uns zu Planet Neun führen“, sagte Studienleiter Scott Sheppard von der Carnegie Institution for Science in Washington DC, in einer Erklärung. „Je mehr wir von diesen fernen Objekten finden, desto besser können wir das äußere Sonnensystem und den möglichen Planeten verstehen, von dem wir denken, dass er deren Umlaufbahnen gestaltet – eine Entdeckung, die unser Wissen über die Evolution des Sonnensystems neu definieren würde“ fügte er hinzu.
Und 2015 TG387 ist ganz speziell, weil er während einer relativ einheitlichen Untersuchung des nördlichen und südlichen Himmels gefunden wurde, statt bei einer gezielten Jagd nach gruppierten Objekten in bestimmten Teilen des Himmels, sagte Sheppard. Gezielte Jagden können zu verzerrten Ergebnissen führen – zum Beispiel dem Auftreten von Clustern, wo tatsächlich keine existieren , erklärte er.
2015 TG387 ähnelt zwei typischen Zwerg-Planeten aus jener Stichprobe die repräsentativ ist und sich durch geringe Auswahleffekte auszeichnet, sagte Sheppard. Das sind 2012 VP113, den er und sein Kollege Chadwick Trujillo (der auch Co-Autor des neuen Artikels ist), im Rahmen der gleichen Langzeit-Durchmusterung entdeckt hatten und die relativ helle Sedna. Diese Funde sind besser vergleichbar weil der ganze Himmel bis zu dieser Helligkeit abgesucht wurde.
„Wenn man noch einige der anderen extremen Objekte berücksichtigt, einige von ihnen wurden auch mit der gleichen Durchmusterung gefunden, werden die Statistiken immer besser, sodass die Existenz dieses Planeten immer wahrscheinlicher wird“, sagte Sheppard.
Die Entdeckungsbilder von 2015 TG387 aufgenommen am 13. Oktober 2015 mit dem Subaru-8-Meter-Teleskop am Mauna Kea auf Hawaii. Die Bilder wurden im Abstand von ca. 3 Stunden aufgenommen. 2015 TG38 bewegt sich auf den Bildern nahe der Bildmitte, während die viel weiter entfernten Sterne und Galaxien stationär bleiben. Bild: Scott Sheppard
Sheppard und seine Kollegen entdeckten TG387 im Oktober 2015 mit dem 8 Meter Subaru-Teleskop auf dem Mauna Kea in Hawaii. Die Forscher gaben dem Objekt den Spitznamen „The Goblin“ wegen des Entdecker-Datums und dem „TG“ in der vorläufigen Bezeichnung.
Das Team brauchte drei weitere Jahre um die Umlaufbahn des Goblin festzulegen. Dies geschah mit Hilfe von Beobachtungen mit dem Las Campanas Observertorium in Chile und dem Discovery Channel Teleskop in Arizona. 2015 TG387 umrundet die Sonne auf einer extrem elliptische Bahn, kommt im Perihel auf etwa 65 AE und erreicht im Aphel eine Entfernung von 2.300 AE. Damit gehört dieses transneptunische Objekt zu den bisher am weitesten entfernten bekannten Objekten im Sonnensystem. Seine Umlaufzeit um die Sonne dauert etwa 40.000 Jahre. Entdeckt wurde 2015 TG387 bei einer Entfernung von 80 AE, also nahe seinem Perihel.
Nur noch zwei bekannte Objekte im Sonnensystem haben ein entfernteres Perihel als der Goblin (2012 VP113 und Sedna) und nur einer (2014 FE72) hat einen größeren Aphel-Abstand.
Sheppard und seine Kollegen denken, dass 2015 TG387 etwa 300 Kilometer groß und vermutlich kugelförmig ist. In diesem Fall würde es als Zwergplanet gelten. Das ist aber alles, was sie über die physischen Eigenschaften des Goblin sagen können.
„Obwohl er ziemlich lichtschwach ist, können wir wirklich sehen dass er da ist“, sagte Sheppard. Aber die Farbe kennen wir noch nicht; wir haben bis jetzt noch keine Spektroskopie oder etwas ähnliches.“ Auch der angegebene Durchmesser von 300 Kilometern ist keine Messung, sondern eine Schätzung unter der Annahme einer „moderaten“ Reflexion von 2015 TG387.
TG387 ist ähnlich wie die anderen extrem fernen Objekte gelagert – besonders was die Länge des Perihels betrifft. Im Grunde genommen sind liegen die gestreckten Teile ihrer Umlaufbahnen in demselben Teil des Himmels, was mit der Gravitationsbewegung von Planet X übereinstimmen könnte.
Die Existenz von Planet X wurde erstmals ernsthaft von Sheppard und Trujillo im Jahr 2014 vorgeschlagen, um Kuriositäten in den Bahnen von 2012 VP113, sowie Sedna und einigen anderen transneptunischen Objekten zu erklären. Im Jahr 2016 präsentierten die Astronomen Konstantin Batygin und Mike Brown weitere Beweise für einen solchen unsichtbaren „Störenfried“, den sie Planet Neun nannten. Batygin und Brown wiesen darauf hin, dass diese Welt etwa 10-mal massiver sein könnte als die Erde und im Durchschnitt 600 AE von der Sonne entfernt sei.
In der neuen Studie führten die Forscher auch Computersimulationen durch um zu testen, wie die Anziehungskraft von Planet X die Umlaufbahn von Goblin beeinflussen könnte. Sie fanden eine signifikante, den Hirtenmonden ähnliche Haltung, die auch für andere ferne Objekte abgeleitet werden kann und stellten fest, dass die Umlaufbahn von 2015 TG387 dennoch für sehr sehr lange Zeit stabil bleibt.
„Was dieses Ergebnis wirklich interessant macht ist, dass Planet X das Objekt 2015 TG387 genauso beeinflusst wie alle anderen extrem fernen Objekte des Sonnensystems“, sagte Trujillo. „Diese Simulationen beweisen zwar nicht, dass es einen weiteren massiven Planeten in unserem Sonnensystem gibt, aber sie sind ein weiterer Hinweis dafür, dass etwas Großes da draußen sein könnte.“
Sheppard schätzt die Chance auf die Existenz von Planet X auf 85 Prozent. Und er sagt, es ist überhaupt nicht überraschend, dass die Astronomen ihn noch nicht entdeckt haben.
„Wir denken, dass der Planet – falls er existiert – Hunderte wenn nicht sogar 1.000 AE entfernt ist. Wenn er so groß wie Neptun wäre, würde er so lichtschwach sein, dass die meisten Teleskope ihn nicht sehen könnten“, sagte Sheppard. 2015 TG387 konnte nur deswegen entdeckt werden, weil er sich mit einer Entfernung von 80 AE nahe seinem Perihel befand.
„Wir haben noch viel zu wenig vom Himmel bis zu dieser Entfernung durchforstet, um wirklich etwas finden zu können“, fügte er hinzu. „Ein so großes Objekt kann sich im äußeren Sonnensystem sehr leicht verstecken.“
Der Artikel über die Entdeckung von 2015 TG387 wurde beim Astronomical Journal eingereicht.
4. Oktober 2018/SP
Verein Kuffner-Sternwarte