Radar-Daten, die von der ESA-Sonde Mars Express gesammelt wurden, deuten auf einen Teich aus flüssigem Wasser hin, der in der südpolaren Gegend unter den Schichten aus Eis und Staub vergraben ist.
Beweise, dass es in der Vergangenheit des Roten Planeten flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche gegeben hat, fanden Raumsonden aus dem Orbit in Form von ausgedehnten ausgetrockneten Netzen von Flusstälern und gigantischen Abflusskanälen. Ferner entdeckten Orbiter zusammen mit Landern und Rovern, welche die Marsoberfläche erkundeten, auch Mineralien, die sich nur bei Vorhandensein von flüssigen Wasser bilden können.
Aber das Klima hat sich im Lauf der 4,6 Milliarden Jahre dauernden Geschichte des Planeten erheblich verändert und flüssiges Wasser kann heute nicht existieren an der Oberfläche, so dass Wissenschaftler in den Untergrund schauen müssen. Frühere Ergebnisse der 15 Jahre alten Raumsonde Mars Express haben bereits gezeigt, dass Wassereis an den Polen des Planeten existiert, ferner in Schichten eingebettet ist, die von Staub durchsetzt sind.
Das Vorhandensein von flüssigem Wasser an der Basis der polaren Eiskappen wurde lange vermutet. Aus Studien auf der Erde ist nämlich bekannt, dass der Schmelzpunkt von Wasser unter dem Druck eines darüber liegenden Gletschers sinkt. Darüber hinaus könnte das Vorhandensein von Salzen auf dem Mars den Schmelzpunkt von Wasser weiter senken und das Wasser sogar bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt flüssig halten.
Aber bis jetzt ist das Instrument MARSIS, das erste Radar-Echolot das jemals einen anderen Planeten umkreist hat, ergebnislos geblieben.
Es bedurfte der Hartnäckigkeit jener Wissenschaftler, die mit diesem Untergrund-Sondierungs-Instrument arbeiten, neue Techniken zu entwickeln, um soviel hochauflösende Daten wie möglich zu sammeln um ihre aufregende Schlussfolgerung bestätigen zu können.
Bodenradar nutzt die Methode, Radarimpulse an die Oberfläche zu senden und zu bestimmen, wie lange es dauert, bis sie mit einer bestimmten Stärke zurück zur Raumsonde reflektiert werden. Die Eigenschaften des Materials das dazwischen liegt, beeinflusst das zurückgegebene Signal, mit dem die Untergrund-Topographie abgebildet werden kann.
Die Radaruntersuchung zeigt, dass die südpolare Region des Mars aus vielen Schichten von Eis und Staub bis zu einer Tiefe von etwa 1,5 km in jenem 200 km breiten Gebiet besteht, das in dieser Studie analysiert wurde. Eine besonders helle Radarreflexion wurde in einer 20 km breiten Zone unterhalb der Schichtablagerungen identifiziert.
Analysiert man die Eigenschaften der reflektierten Radarsignale und betrachtet man die Zusammensetzung der Schichtablagerungen und das erwartete Temperaturprofil unterhalb der Oberfläche, interpretieren die Wissenschaftler das helle Merkmal als Schnittstelle zwischen dem Eis und einem stabilen Körper flüssigen Wassers, der beladen sein könnte mit salzigen, gesättigten Sedimenten. Damit MARSIS eine solche Wasserstelle erkennen kann, müsste sie mindestens einige zehn Zentimeter dick sein.
„Diese unterirdische Anomalie auf dem Mars weist Radareigenschaften auf, die mit Wasser oder wasserreichen Sedimenten übereinstimmen“, sagte Roberto Orosei, leitender Forscher des MARSIS-Experiments und Hauptautor des im Journal Science veröffentlichten Artikels.
„Dies ist nur ein kleines Untersuchungsgebiet, aber es ist eine aufregende Aussicht zu glauben, dass es woanders auch unterirdische Wasserlöcher geben könnte, die noch der Entdeckung harren.“
„Wir hatten schon seit Jahren Hinweise auf interessante Eigenschaften unter der Oberfläche, aber wir konnten das Ergebnis nicht von Orbit zu Orbit reproduzieren, weil die Samplingraten und die Auflösung unserer Daten damals zu niedrig waren“, fügte Andrea Cicchetti, MARSIS Operations-Manager und Co-Autor des neuen Paper hinzu.
„Wir mussten einen neuen Betriebsmodus entwickeln, um einiges an Verarbeitung an Bord zu umgehen, um eine höhere Abtastrate auszulösen und somit die Auflösung des Fußabdrucks unseres Datensatzes zu verbessern. Jetzt sehen wir Dinge, die vorher einfach nicht möglich waren.“
Der Fund erinnert ein wenig an den Wostok-See auf der Erde, der sich etwa 4 km unter dem Eisschild der Antarktis befindet. Es ist bekannt, dass einige Formen mikrobiellen Lebens in subglazialen Umgebungen auf der Erde gedeihen, aber könnten unterirdische Einschlüsse von salzigem, an Sedimenten reichem flüssigen Wasser auf dem Mars jetzt oder in der Vergangenheit einen geeigneten Lebensraum bieten?
Ob Leben jemals auf dem Mars existiert hat, bleibt eine offene Frage, und diese werden Mars-Missionen, einschließlich des aktuellen europäisch-russischen ExoMars-Orbiters und zukünftige Rover weiter erforschen.
„Die lange Dauer von Mars Express und die Anstrengungen des Radarteams, viele analytische Herausforderungen zu bewältigen, haben dieses lang ersehnte Ergebnis ermöglicht und gezeigt, dass die Mission und ihre Nutzlast immer noch ein großes wissenschaftliches Potenzial haben“, sagte Dmitri Titov, Projektwissenschaftler bei ESAs Mars Express.
„Diese aufregende Entdeckung ist ein Highlight für die Planetenforschung und wird zu unserem Verständnis der Evolution des Mars, der Geschichte des Wassers auf unserem Nachbarplaneten und seiner Bewohnbarkeit beitragen.“
Mars Express startete am 2. Juni 2003 und feiert am 25. Dezember dieses Jahres 15 Jahre im Orbit.
Das MARSIS-Instrument wurde von der italienischen Weltraumagentur (ASI) und der NASA finanziert und von der Universität von Rom in Zusammenarbeit mit dem JPL der NASA entwickelt.