Planeten, die „kurzperiodische“ Doppelsterne umkreisen, oder Sterne die sich in enger Umkreisung befinden, können nach einer neuen Forschung der Universität von Washington als Folge der Entwicklung ihrer Zentralsterne in den Weltraum geschleudert werden.
Die Ergebnisse helfen zu erklären, warum Astronomen bisher nur wenige zirkumbinäre Planeten entdeckt haben – das sind Planeten, die um Doppelsternsysteme kreisen – obwohl schon tausende von kurzperiodischen Doppelsternen beobachtet wurden bzw. solche, die Umlaufzeiten von 10 oder noch weniger Tagen haben.
Es gibt visuelle und spektroskopische Doppelsterne, benannt nach den Möglichkeiten, wie diese von Astronomen beobachtet werden können. In einem Paper, das zur Veröffentlichung im Astrophysical Journal angenommen wurde, untersucht Hauptautor David Fleming, ein UW-Astronomie Doktorand, Bedeckungsveränderliche oder solche, bei denen die Umlaufbahn so nah an der Sichtlinie ist, dass beide Sterne voreinander vorbeiziehen. Fleming hat dazu ein Referat auf der Konferenz Division on Dynamical Astronomy abgehalten, die vom 15. bis 19. April stattfand.
Fleming und Mitautoren fragten sich, wenn sich Bedeckungsveränderliche eng umkreisen, was haben dann die Gravitationskräfte, die jeder Stern auf den anderen ausübt, für dynamische Konsequenzen für das System?
„Was wir gefunden haben anhand von Computersimulationen ist, dass Gezeitenkräfte den Drehimpuls von den stellaren Drehungen weg zu den Umlaufbahnen transportieren“ sagte Fleming. „Sie verlangsamen die Sternumdrehungen und vergrößern die Umlaufzeit.“
Diese Übertragung des Drehimpulses bewirkt, dass sich die Umlaufbahnen nicht nur vergrößern, sonder auch zirkularisieren, wobei sie sich von exzentrisch zu perfekten Kreisen verändern.
Aufgrund der expandierenden stellaren Umlaufbahn können Planeten, die ursprünglich auf sicheren Bahnen die Zentralsterne umkreisten aus dem System geworfen werden, sagte Rory Barnes, UW Assistenzprofessor für Astronomie und Co-Autor des Paper. Und der Ausstoß eines Planeten auf diese Weise kann die Umlaufbahnen anderer Welten in einer Art Kettenreaktion stören sodass diese ebenfalls aus dem System geworfen werden.
Für zirkumbinäre Planeten ist es schwierig, in einer „Region von Instabilität“, die durch konkurrierende Gravitationsbewegungen der beiden Sterne hervorgerufen wird, zu überleben. „Es gibt eben eine Region, die man einfach nicht überschreiten darf – wenn man dort hineingerät, wird man aus dem System geworfen“, sagte Fleming. „Simulationen haben dies bestätigt“.
Diese Region nennt man die „dynamische Stabilitätsgrenze“. Sie bewegt sich nach außen wenn die Umlaufbahnen der Sterne größer werden, hüllt die Planeten ein, macht ihre Umlaufbahnen instabil und wirft sie schließlich aus dem System.
Eine weitere faszinierende Eigenschaft, die im Laufe der Jahre bei binären Systemen entdeckt wurde ist, dass Planeten in solchen Systemen dazu tendieren, knapp außerhalb der Stabilitätsgrenze zu kreisen und so kommt es dort zur Anhäufung von Planeten. Wie Planeten in diese Region kommen, ist noch nicht voll verstanden; sie könnten dort entstanden sein oder wanderten von weiter draußen nach innen.
Fleming und Co-Autoren wendeten ihr Modell auf bekannte kurz periodische Doppelsternsysteme an und fanden heraus, dass diese stellare Gezeiten-Entwicklung von Doppelsternen in mindestens 87 % der zirkumbinären Systeme mit mehreren Planeten zutrifft. Und das ist vermutlich eine konservative Schätzung; Barnes meinte, dass es sogar 99 % sein könnten.
Die Forscher nannten den Prozess kurz STEEP (Stellar Tidal Evolution Ejection of Panets). Zukünftige Entdeckungen – oder Nicht-Entdeckungen – von zirkumbinären Planeten um kurz periodische Doppelsterne werden den besten indirekten Beobachtungstest des STEEP-Prozesses liefern.
Das Doppelsternsystem mit der kürzesten Periode, um den ein zirkumbinärer Planet entdeckt wurde, ist Kepler-47 mit einer Periode von etwa 7,45 Tagen. Die Co-Autoren schlagen vor, dass man sich in der Zukunft bei der Suche nach bewohnbare Planeten um kurzperiodische Doppelsterne auf solche konzentrieren sollte, die längere Umlaufzeiten haben als nur etwa 7,5 Tage.