Bis heute haben Astronomen mehr als 8.000 erdnahe Asteroiden entdeckt, die mindestens 140 Meter groß sind – und das wäre groß genug um einen US-Bundesstaat auszulöschen, wenn unser Planet ins Fadenkreuz eines solchen Asteroiden käme. Die hohe Zahl an entdeckten relativ großen erdnahen Asteroiden hört sich nach einem guten Fortschritt an bis man bedenkt, dass dies nur etwa ein Drittel von den 25.000 prognostizierten Objekten ist, die in der Nachbarschaft der Erde herum sausen.
„Es sind immer noch zwei Drittel dieser erdnahen Asteroiden-Population zu finden“, sagte Lindley Johnson, planetarer Verteidigungsoffizier im Hauptquartier der NASA in Washington, DC, während einer Präsentation vergangener Woche mit der Arbeitsgruppe Future In-Space Operations der NASA. „Aber, wir haben einen Weg gefunden.“
Erdnahe Objekte (Near-Earth-Object = NEO) sind all jene, die der Umlaufbahn der Erde näher als 50 Millionen Kilometer kommen. Die gesamte NEO-Population ist fast unbegreiflich groß; es gibt wahrscheinlich zig Millionen Objekte mit einem Durchmesser zwischen 10 und 20 Metern, sagte Johnson.
So kleine Asteroiden können nur lokalen Schaden anrichten. Zum Beispiel jenes Objekt, das im Februar 2013 über der russischen Stadt Tscheljabinsk explodierte, tausende Fenster zertrümmerte und mehr als 1200 Menschen verletzte. Dieses Objekt war nur etwa 18 Meter groß war, sagten die Wissenschaftler.
Aber die wirklich besorgniserregenden Asteroiden sind die großen. So hat der Kongress in den 1990er Jahren die NASA angewiesen, 90 Prozent der NEOs mit einem Durchmesser von mindestens 1 Kilometer zu finden – ein Mandat, das die Weltraumbehörde 2010 erfüllt hat. Derzeit sind 887 dieser großen Objekte bekannt und nur etwa 50 sind vielleicht noch zu entdecken, sagte Johnson. (Keiner der katalogisierten Kolosse stellt in absehbarer Zukunft eine Gefahr für die Erde dar.)
Im Jahr 2005 erhielt die NASA vom Gesetzgeber weitere Anweisungen: Bis Ende 2020 sollen 90% aller NEOs erfasst werden, die eine Größe von mindestens 140 Metern haben. Es ist klar, dass die Agentur diesen ehrgeizigen Termin nicht einhalten kann. Um die NEO-Population so detailliert zu erfassen, müsste laut einer von der NASA im Auftrag gegebenen Studie, die im September 2017 veröffentlicht wurde, eine spezielle Asteroiden-Jagd-Mission gestartet werden.
Das Weltraumteleskop für eine solche Mission sollte idealerweise am Lagrange-Punkt L1, einem gravitativ stabilen Ort etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, positioniert werden und den Himmel mit einem Teleskop von mindestens 0,5 m Öffnung im Infrarotbereich abtasten, ergab die Studie. Die Beobachtungen einer solchen Mission, kombiniert mit den Beiträgen von bodengebundenen Teleskopen, könnten wahrscheinlich in einem Jahrzehnt alle Objekte von mindestens 140 Metern Größe erfassen, sagte Johnson.
Die NASA arbeitet bereits an einem solchen Weltraumprojekt – einer Konzeptmission mit Namen Near-Earth Object Camera (NEOCam). NEOCam war einer von fünf Finalisten für die nächste Startmöglichkeit im Rahmen des Discovery-Programms der NASA, das relativ kostengünstige und sehr fokussierte Missionen finanziert. NEOCam verpasste diese Chance – die NASA wählte zwei andere Missionen zum Studium von Asteroiden aus, Lucy und Psyche mit Namen -, erhielt aber für ein weiteres Jahr Geld.
Es gibt immer noch Hoffnung, dass NEOCam eines Tages fliegen wird, sagte Johnson.
„Wir haben NEOCam in das planetare Verteidigungsprogramm übernommen“, sagte er. „Alles, was uns fehlt, ist die komplette Finanzierung für die Entwicklung einer Weltraum-basierten Vermessungsmission, die dringend empfohlen wird und für zukünftige Verteidigungspläne auch notwendig wäre.
Ein realisierbarer Verteidigungsplan erfordert natürlich mehr als nur die Entdeckung von Asteroiden. Die Menschheit muss auch technisch in der Lage sein, alle Weltraumobjekte abzulenken, die der Erde gefährlich werden könnten.
Die NASA und ihre Partner auf der ganzen Welt arbeiten an möglichen Lösungen für dieses Problem. Zum Beispiel plant die NASA für das Jahr 2020 eine Mission mit Namen Double Asteroid Redirection Test (DART). Wenn alles nach Plan verläuft, wird DART im Oktober 2022 auf dem 150 Meter großen Mond des 800 Meter großen Asteroiden (65803) Didymos aufprallen. Die Forscher hoffen, dass dieser Aufprall die Umlaufbahn des „Didymond“ auf eine Weise verändert, die erdgebundene Teleskope in der Lage sein sollten zu erkennen, sagten NASA-Angestellte.
DART wird eine Demonstration der Ablenkungsstrategie „kinetischer Impaktor“ sein. Die NASA plante auch, die „Gravity-Tractor“ Technik mit einer „Fly-Along-Sonde“ zu testen, um einen Asteroiden mittels Gravitationskräfte schrittweise vom Kurs abzubringen, und zwar als Teil der Asteroid Redirect Mission (ARM). Aber das Weiße Haus hat die Finanzierung von ARM im letzten Jahr auf Antrag des Bundeshaushalts eingestellt, daher gibt es diese Mission nicht mehr.
Es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit, einen gefährlichen Asteroiden unschädlich zu machen. Diese Möglichkeit wurde mit dem Film „Armageddon“ bekannt, in welchem ein auf die Erde zurasender Asteroid mit einer Atomrakete gesprengt wurde. Diese Möglichkeit wäre für die meisten Wissenschaftler und auch für politische Entscheidungsträger nicht die erste Wahl, aber im Extremfall könnte es die einzige Möglichkeit sein, einen gefährlichen Asteroiden auszuschalten, der mit geringer Vorlaufzeit entdeckt wurde. (Übrigens wäre dies eine Robotermission, zu der man keinen Weltraumcowboy wie Bruce Willis bräuchte, um den Job zu erledigen.)
Solche Vorarbeiten sollten die Öffentlichkeit nicht übermäßig beunruhigen, betonte Johnson. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein großer Asteroid die Erde trifft, ist im Alltag sehr gering.
„Das sind sehr seltene Ereignisse“, sagte er. „Aber es sind auch Ereignisse, die, wenn wir diese Population nicht finden, uns eines Tages überraschen könnten.“