Bis 2015 wusste man nicht, ob Pluto und sein größter Mond, Charon, Berge, Täler und Einschlagkrater hat. Nach dem spektakulären Erfolg von New Horizons im Juli 2015 waren die Wissenschaftler erstaunt über die hoch aufragenden Gipfel und tiefen Täler, die in den zurückgesandten Daten zu erkennen waren. Dank der Bemühungen des Teams von New Horizons wurden die ersten offiziell validierten globalen und topografischen Karten dieser beiden Himmelskörper veröffentlicht und stehen allen zur Verfügung. Die Karten und der Prozess ihrer Erstellung sind in zwei neuen Forschungsartikeln beschrieben, die in der Zeitschrift Icarus veröffentlicht wurden.
Um die Karten zu erstellen, registrierten die Forscher von New Horizons unter der Leitung von Paul Schenk, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universities Space Research Association (USRA) am Lunar and Planetary Institute, alle Bilder des Long Range Reconnaissance Imager (LORRI) und der Multispektral-Kamera (MVIC) zusammen und machten daraus Mosaike. Dies war eine arbeitsintensive Leistung, die eine detaillierte Ausrichtung der Oberflächenmerkmale bei den überlappenden Bildern erforderte. Die digitale Analyse von Stereo-Bildern, die von beiden Kameras stammten, wurde verwendet um topografische Karten für jede Region zu erstellen. Diese wurden dann zu integrierten topografischen Karten für beide Objekte zusammengesetzt.
Diese neuen Karten von Pluto und Charon wurden sorgfältig über einen Zeitraum von zwei Jahren erstellt, als Daten von der Raumsonde New Horizons langsam zur Erde übertragen wurden. Die Qualität der geografisch und topografisch genauen Karten verbesserte sich mit jedem neuen Stapel von Bildern, die zur Erde kamen.
„Dies war eines der komplexesten und aufregendsten planetaren Kartierungsprojekte, an dem ich beteiligt war“ sagte Schenk. „Jedes Mal wenn neue Bilder auftauchten, hat sich etwas Neues ergeben. Das erste was wir tun mussten, war das Verhalten von zwei verschiedenen Kamerasystemen zu verstehen, um zuverlässige topografische Karten generieren zu können.“ Während vorläufige Karten dieser Himmelskörper bereits veröffentlicht wurden, repräsentieren diese endgültigen, validierten Karten die beste derzeitige Darstellung von Plutos und Charons Oberflächen. Die Karten zeigen die beste Auflösung für jeden von der Sonne beleuchteten Bereich und deren Höhen. Sie zeigen eine große Vielfalt an Landformen sowohl auf Pluto als auch auf Charon.
Die topografischen Karten bestätigten, dass die höchsten bekannten Berge auf Pluto die Tenzing Montes sind, die sich entlang der südwestlichen Ränder des Sputnik Planitia gebildet haben, das aus gefrorenem Stickstoffeis besteht. Diese steil abfallenden Eisgipfel haben Abhänge, die eine Neigung von 40° oder mehr haben und die sich mehrere Kilometer über dem Boden von Sputnik Planitia erheben. Der höchste Gipfel ragt ungefähr 6 Kilometer über die Basis des Gebirges hinauf, vergleichbar mit dem Kilimandscharo in Kenia. Plutos Berge müssen aus sehr hartem Wassereis bestehen um diese Höhen halten zu können, da das flüchtigere Eis, das auf Pluto beobachtet wurde, einschließlich Methan- und Stickstoffeis, zu schwach wäre und die Berge zusammenbrechen würden.
Die topografischen Karten zeigen auch großflächige Merkmale, die in der globalen Mosaik-Karte nicht offensichtlich sind. Die Eisdecke innerhalb der 1000 Kilometer großen Ebene Sputnik Planitia liegt im Durchschnitt 2,5 Kilometer tiefer, während die äußeren Ränder der Eisdecke sogar 3,5 Kilometer oder noch mehr unterhalb von Plutos mittlerer Höhe oder dem „Meeresspiegel“ liegen. Während der Großteil der Eisdecke relativ flach ist, sind diese äußeren Ränder von Sputnik Planitia die am wenigsten bekannte Gebiete auf Pluto. Diese Merkmale sind nur auf den Stereo-Bildern und auf Höhenkarten zu sehen. Die topografischen Karten zeigen auch das Vorhandensein eines globalen, tief erodierten Systems aus Riffen und Tälern, das mehr als 3000 km lang ist und von Nord nach Süd nahe der westlichen Kante von Sputnik Planitia verläuft. Dies ist das längste geologische Merkmal, das auf Pluto bekannt ist und deutet darauf hin, dass in ferner Vergangenheit eine ausgedehnte Fraktur aufgetreten ist. Warum eine solche Fraktur nur entlang dieses linearen Bandes auftrat, ist nicht gut verstanden.
Auch auf Charon zeigen die topografischen Karten etwa 14 Kilometer tiefe Einschnitte in der Nähe des Nordpols, damit sind sie tiefer als der Marianengraben auf der Erde. Die äquatorialen Senken, welche die Grenze zwischen der nördlichen und südlichen Ebene von Charon bilden, weisen ebenfalls ein hohes Relief von etwa 8 Kilometern auf. Die Kartierung von zerbrochenen nördlichen Terrains und die gekippten Krustenblöcke entlang dieser Grenze könnten auf eine kryovulkanische Oberflächenerneuerung zurückzuführen sein, die möglicherweise durch das Einbrechen großer Krustenblöcke in das tiefe Innere von Charon ausgelöst wurde.
„Diese und andere Eigenschaften machen Charon – neben dem kontrastreichen Saturnmond Iapetus - zum schroffsten mittelgroßen eisigen Satelliten im Sonnensystem, sagte Ross Beyer, Forschungswissenschaftler am SETI Institut in Kalifornien, der am United Geological Survey (USGS) an den Mapping-Arbeiten mitgewirkt hat und Co-Autor der beiden Icarus-Artikel ist. Das zerklüftete Relief weist auch darauf hin, dass Charon einen Großteil seiner ursprünglichen Topographie bewahrt hat, die nur durch die Frakturen und Oberflächen-Störungen eine Veränderung erfahren hat.
Die globalen Bild- und Topografie-Karten von Pluto und Charon wurden im Planetary Data System archiviert und stehen der wissenschaftlichen Gemeinschaft und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. https://pds.nasa.gov/
Quelle: https://phys.org/