Wissenschaftler am Southwest Research Institute haben ein ungewöhnliches Asteroidenpaar untersucht und herausgefunden, dass ihre Existenz auf eine frühe planetare Umordnung in unserem Sonnensystem hindeutet.
Diese Objekte, Patroklus und Menoetius genannt, sind das Ziel der kommenden Mission Lucy. Sie sind etwa 112 km groß und umkreisen einander während sie die Sonne umrunden. Sie sind die einzigen großen Doppelasteroiden, die in der Population der Trojaner-Asteroiden bekannt sind. Die Trojaner umkreisen die Sonne auf der gleichen Bahn wie Jupiter, aber in einem mittleren Abstand von 60°. Im Lagrangepunkt L4 eilen sie Jupiter voraus und im Lagrangepunkt L5 folgen sie Jupiter. Die vorauseilenden Trojaner werden nach den griechischen Helden (bis auf Hektor) und die nacheilenden nach trojanischen Helden (bis auf Patroclus) benannt.
„Die Trojaner wurden wahrscheinlich während einer dramatischen Phase dynamischer Instabilität eingefangen, als ein Scharmützel zwischen den Riesenplaneten des Sonnensystems – Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun – stattfand“, sagte Dr. David Nesvorny, ein Wissenschaftler am SwRI. Er ist der Hauptautor des Artikels „Evidence for Very Early Migration of the Solar System Planets from the Patroclus-Menoetius Binary Jupiter Trojan", der im Journal Nature Astronomy veröffentlicht wurde. Diese Umordnung trieb Uranus und Neptun nach außen, wo sie auf eine große primordiale Population von kleinen Objekten trafen, von denen man annimmt, dass sie die Quelle der heutigen Objekte im Kuipergürtel sind, welche am Rande des Sonnensystems ihre Bahnen ziehen. „Viele kleine Objekte dieses ursprünglichen Kuipergürtels wurden nach innen gestreut und einige von ihnen wurden als Trojaner-Asteroiden eingefangen.“
Eine Schlüsselfrage bei der Entwicklung des Sonnensystems war jedoch, wann dies stattgefunden hat. In diesem Paper zeigen Wissenschaftler, dass die Existenz des Asteroidenpaares Patroclus-Menoetius darauf hindeutet, dass die dynamische Instabilität unter den Riesenplaneten innerhalb der ersten 100 Millionen Jahre der Entstehung des Sonnensystems stattgefunden haben muss.
Neuere Modelle von der Entstehung kleiner Objekte legen nahe, dass diese Arten von Doppelkörpern Reste der frühesten Zeit unseres Sonnensystems sind, als sich kleine Objekt-Paare direkt aus einer kollabierenden Wolke von „Kieselsteinen“ bilden konnten.
„Beobachtungen des heutigen Kuipergürtels zeigen, dass Doppelkörper wie diese in alten Zeiten recht häufig vorkamen,“ sagte Dr. William Bottke, Direktor der SwRI-Abteilung für Weltraumstudien und Co-Autor des Paper. „Nur wenige von ihnen existieren jetzt innerhalb der Umlaufbahn Neptuns. Die Frage ist, wie man die Überlebenden interpretiert.“
Hätte sich die Instabilität, wie es in einigen Entwicklungsmodellen über das Sonnensystem vorgeschlagen wird, um mehrere hundert Millionen Jahre verzögert, hätten Kollisionen innerhalb der primordialen Scheibe diese relativ zerbrechlichen kleinen Doppelkörper gestört und es hätte kein Objekt von der trojanischen Population eingefangen werden können. Frühere dynamische Instabilitäten hätten mehr Doppelkörper intakt gelassen, was die Wahrscheinlichkeit erhöhte, dass mindestens einer von der trojanischen Population eingefangen wurde. Das Team erstellte neue Modelle, die zeigen, dass die Existenz der Doppel-Trojaner Patroclus-Menoetius eine frühere Instabilität deutlich anzeigt.
Dieses frühe dynamische Instabilitäts-Modell hatte wichtige Konsequenzen für die terrestrischen Planeten, insbesondere hinsichtlich der Entstehung großer Einschlagkrater auf Mond, Merkur und Mars, die vor etwa 4 Milliarden Jahren entstanden sind. Die Impaktoren, die diese Krater gebildet haben, stammen vermutlich nicht von den äußeren Regionen des Sonnensystems. Dies könnte bedeuten, dass sie durch kleine Überreste des Planetenbildungsprozesses entstanden sind.
Diese Arbeit unterstreicht die Bedeutung der trojanischen Asteroiden für die Geschichte unseres Sonnensystems. Wir werden viel mehr über das Doppelobjekt Patroklus-Menoetius erfahren, wenn die Mission Lucy unter der Leitung des SwRI-Wissenschaftlers und Co-Autors des Paper Dr. Hal Levison das Trojaner-Paar im Jahr 2033 erforschen wird.
Die Mission Lucy soll im Oktober 2021 starten und im April 2025 am Hauptgürtelasteroiden Donaldjohanson vorbeifliegen und im Jahr 2027 die L4-Trojaner Eurybates, Polymele, Leucus und Orus passieren. Danach soll Lucy zur Erde zurückfliegen, wo die Sonde ein Swing-by Manöver an der Erde durchführt um zu den L5-Trojanern zu gelangen, wo sie im Jahr 2033 ihr Hauptziel, den Doppel-Trojaner Patroclus-Menoetius erreichen wird.