Wissenschaftler reduzieren die Lebenschancen auf Exoplaneten in habitablen Zonen bei kräftigem Sternwind
Gibt es Leben jenseits der Erde im Kosmos? Astronomen, die nach Lebenszeichen suchen haben herausgefunden, dass unsere Milchstraße von Exoplaneten nur so wimmelt und einige haben Bedingungen, die für außerirdisches Leben geeignet sein könnten. Solche Welten umkreisen Sterne in sogenannten „habitablen Zonen“, das sind jene Regionen, in denen Planeten flüssiges Wasser halten könnten, das für Leben wie wir es kennen notwendig ist.
Die Frage der Bewohnbarkeit ist jedoch sehr komplex. Forscher um den Weltraumphysiker Chuanfei Dong vom U.S.Departement of Energy`s (DOE) und vom Princeton-Plasma Physics-Laboratory (PPPL) der Princeton University haben vor kurzem Zweifel geäußert an der potentiellen Bewohnbarkeit von Exoplaneten die rote Zwergsterne umkreisen, welche zu den meisten Sternen in der Milchstraße gehören.
Auswirkungen des Sternwinds
In zwei Beiträgen, die in „The Astrophysical Journal Letters“ erschienen sind, entwickelten die Wissenschaftler Modelle die zeigen, dass der Sternwind – ein konstanter Strom geladener Teilchen, der vom Zentralstern in den Weltraum strömt – die Atmosphäre solcher Planeten über Hunderte von Millionen Jahren schwer schädigen könnte und damit Leben auf der Oberfläche wie wir es kennen, unmöglich machen würde.
"Traditionelle Definitions- und Klimamodelle der bewohnbaren Zone berücksichtigen nur die Oberflächentemperaturen", sagte Dong. "Aber der Sternwind kann erheblich zur langfristigen Erosion und zum atmosphärischen Verlust vieler Exoplaneten beitragen, so dass die Klimamodelle nur einen Teil der Geschichte erzählen."
Um das Gesamtbild zu umreißen, befasste sich die erste Arbeit mit der Zeitskala der Atmosphären-Speicherung auf Proxima Centauri b (PCb), der den nächsten Stern unseres Sonnensystem, der rund 4 Lichtjahre entfernt ist, umkreist. Die zweite Arbeit widmete sich der Frage, wie lange Ozeane auf „Wasserwelten“ überleben könnten – Planeten von denen man annahm, dass sie ein Meer von Hunderten Kilometern Tiefe haben könnten.
Zweifacher Effekt
Die Arbeit simulierte den photochemischen Einfluss von Sternenlicht und die elektromagnetische Erosion von Sternwind auf die Atmosphäre der Exoplaneten. Diese Effekte sind von zweifacher Art: Die Photonen im Sternenlicht ionisieren die Atome und Moleküle in der Atmosphäre in geladene Teilchen, so dass Druck und elektromagnetische Kräfte des Sternwinds sie in den Weltraum fegen. Dieser Prozess könnte schwere atmosphärische Verluste verursachen, weil er verhindern würde, dass das Wasser, das auf dem Exoplaneten verdunstet, wieder auf ihn zurückfällt und damit die Oberfläche des Planeten austrocknen würde.
Auf Proxima Centauri b weist das Modell darauf hin, dass ein hoher stellarer Winddruck die Atmosphäre zum Entweichen bringt und verhindert, dass die Atmosphäre lange genug hält, um Leben wie wir es kennen, auf der Oberfläche zu ermöglichen. „Die Evolution des Lebens dauert Milliarden von Jahren“, bemerkte Dong. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass PCb und ähnliche Exoplaneten im allgemeinen nicht in der Lage sind, eine Atmosphäre über ausreichend lange Zeiträume zu halten, wenn der stellare Winddruck zu groß ist.“
„Nur wenn der Druck niedrig genug ist“, sagte Dong, „und wenn der Exoplanet eine einigermaßen starke magnetische Abschirmung hat so wie die Erde, kann der Exoplanet eine Atmosphäre halten und damit das Potenzial für Bewohnbarkeit haben.“
Entwicklung einer bewohnbaren Zone
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die bewohnbare Zone um rote Zwergsterne im Laufe der Zeit entwickeln könnte. Ein steigender stellarer Winddruck könnte die atmosphärische Flucht beschleunigen. Die Atmosphäre könnte früher erodieren, selbst wenn der Exoplanet durch ein starkes Magnetfeld, wie die Erde eines hat, geschützt wäre, so Dong. „Darüber hinaus könnten solch nahe Planeten eine gebundene Rotation haben so wie unser Mond und daher dem Stern immer die gleiche Seite zuwenden. Das daraus resultierende schwache globale Magnetfeld und die ständige Bombardierung durch den Sternwind würden die atmosphärischen Verluste auf der dem Stern zugewandten Seite verstärken.“
Mit Blick auf Wasserwelten erforschten die Wissenschaftler drei verschiedene Bedingungen für den Sternwind. Diese reichen von:
-
Winde, die heute die Magnetosphäre der Erde treffen.
- Alte stellare Winde die von jungen sonnenähnlichen Sternen ausgehen, die nur 0,66 Milliarden Jahr alt und daher noch sehr jung sind im Vergleich zum Alter unserer Sonne, die 4,6-Milliarden Jahre alt ist.
- Auswirkungen eines gewaltigen Sternsturms auf Exoplaneten wie z.B das Carrington-Ereignis im Jahr 1859, das den Telegraphen -Dienst außer Gefecht setzte und Polarlichter rund um die Welt produzierte.
Die Simulationen zeigen, dass alter stellarer Wind dazu führen könnte, dass die Rate der atmosphärischen Flucht damals weit höher war als die Verluste, die durch den gegenwärtigen Sonnenwind erzeugt werden, der die Magnetosphäre der Erde erreicht. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Verlustrate für Ereignisse vom Carrington-Typ, von denen angenommen wird, dass sie häufig in jungen sonnenähnlichen Sternen auftreten, noch größer ist.
„Unsere Analyse deutet darauf hin, dass sich solche Weltraumwetterereignisse als Schlüsselfaktoren für atmosphärische Verluste von Exoplaneten erweisen könnten, die einen aktiven jungen sonnenähnlichen Stern umkreisen“, schreiben die Autoren.
Hohe Wahrscheinlichkeit von ausgetrockneten Ozeanen
Angesichts der erhöhten Aktivität von roten Zwergsternen und der Nähe ihrer Planeten zeigen diese Ergebnisse eine hohe Wahrscheinlichkeit von ausgetrockneten Oberflächen auf Planeten die rote Zwergsterne umkreisen, die einst Ozeane beherbergten, die Leben hervorgebracht haben könnten. Die Ergebnisse könnten auch die berühmte Drake-Gleichung modifizieren, welche die Anzahl an Zivilisationen in der Milchstraße schätzt, indem sie die Schätzung über die durchschnittliche Anzahl von Planeten pro Stern verringert, die das Leben unterstützen könnten.
Die Autoren des PCb-Papers stellten fest, dass die Vorhersage der Bewohnbarkeit von Planeten, die Lichtjahre von der Erde entfernt sind, selbstverständlich mit Unsicherheiten behaftet ist. Zukünftige Missionen wie das James Webb Space Telescope, welches im Jahr 2019 starten soll, will einen Blick in die Frühgeschichte des Universums werfen, es ist daher von „essentieller Bedeutung, mehr Informationen über Sternwinde und Exoplaneten-Atmosphären zu bekommen“ sagen die Autoren, „um zu genaueren Schätzungen über durch Sternwinde verursachte atmosphärische Verluste zu kommen.“
Wissenschaftler entdecken mit schöner Regelmäßigkeit potentiell bewohnbare Welten. Kürzlich wurde ein Planet von der Größe der Erde bei Ross 128, einem roten Zwergstern entdeckt, der als möglicher Wasserplanet eingestuft wurde. Ross 128 ist rund 11 Lichtjahre entfernt und scheint ein ruhiger Stern zu sein der keine Fackeln und Eruptionen ausstößt, die lebensfreundliche Bedingungen zunichte machen würden. Damit wäre dieser Planet ein guter Kandidat für Bewohnbarkeit.
5. Dezember 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte