Primordiale Asteroiden entdeckt
Die Entdeckungen umfassen auch die älteste Asteroidenfamilie und eine Lücke im Asteroidengürtel.
Ein internationales Astronomen-Team entdeckte vor kurzem eine relativ dünn besiedelte Region im Asteroidengürtel, in der die wenigen vorhandenen Asteroiden vermutlich unveränderte Relikte aus der Frühzeit des Sonnensystem sind. Das Team verwendete eine neue Suchtechnik, mit deren Hilfe auch die älteste bekannte Asteroidenfamilie identifiziert werden konnte, welche sich über den inneren Bereich des Asteroidengürtels erstreckt.
Der Asteroidengürtel enthält eine große Anzahl von unregelmäßig geformten Asteroiden, welche die Sonne zwischen Mars und Jupiter umkreisen. Mit einer verbesserten Teleskop-Technologie konnten kleinere und weiter entfernte Asteroiden gefunden werden. Astronomen identifizierten Cluster von ähnlich aussehenden Objekten, die analoge Umlaufbahnen haben. Diese sich ähnelnden Objekte sind wahrscheinlich Fragmente von katastrophalen Kollisionen, die vor langer langer Zeit zwischen größeren Asteroiden stattgefunden haben. Das Finden und Studieren von Asteroidenfamilien ermöglicht es den Forschern, die Geschichte der Hauptgürtel-Asteroiden besser zu verstehen.
„Durch die Identifizierung aller Familien im Asteroiden-Hauptgürtel können wir herausfinden, welche Asteroiden durch Kollisionen entstanden sind und welche unveränderte Mitglieder des Asteroidengürtels sein könnten“, sagte Dr. Kevin Walsh vom SwRI und Co-Autor des Online Science-Artikels, in welchem die Ergebnisse detailliert beschrieben werden. „Wir haben alle bekannten Familien und ihre Mitglieder identifiziert und einen große Lücke im Hauptgürtel entdeckt, die nur von einer Handvoll Asteroiden bevölkert ist. Diese Relikte müssen Teil des ursprünglichen Asteroidengürtels sein. Unser Ziel ist herauszufinden, wie der Hauptgürtel kurz nach seiner Entstehung ausgesehen hat.“
Die Identifizierung der ältesten Asteroidenfamilien, die vermutlich Milliarden von Jahren alt sind, ist eine Herausforderung, denn im Laufe der Zeit breitet sich eine Familie durch den sogenannten Jarkowski-Effekt aus. Die Ursache liegt in der unterschiedlich starken Erwärmung der Asteroiden-Oberfläche. Die „Nachmittagsseite“ ist dabei wärmer als die „Vormittagsseite“, da diese von der vorangehenden Nacht noch ausgekühlt ist. Es kommt zur unterschiedlichen Abstrahlung der Wärme und dieser unterschiedliche Strahlungsdruck – der wie eine Art Minitriebwerk fungiert - führt dazu, dass Asteroiden mit der Zeit von ihren ursprünglichen Bahnen weg driften. Nach Milliarden von Jahren war es fast unmöglich, Familienmitglieder zu identifizieren, zumindest bis jetzt. Aber das Team verwendete eine neuartige Technik und suchte Asteroiden-Daten von alten zerstreuten Familien aus dem inneren Bereich des Asteroidengürtels. Sie suchten die „Ränder“ der Familien, also jene Fragmente, die am weitesten weg gedriftet sind.
„Jedes Familienmitglied driftet auf eine Weise vom Zentrum der Familie weg, die vor allem von seiner Größe abhängt; kleine Objekte driften schneller und weiter als die größeren Objekte“, sagte Teamleiter Marco Delbo, ein Astronom vom Observatorium an der Côte d'Azur in Nizza, Frankreich. „Wenn man nach Korrelationen von Größe und Distanz sucht, kann man die Formen der alten Familien erkennen.“
„Die Familie, die wir identifiziert haben, hat keinen Namen, weil es nicht klar ist, welcher Asteroid der Mutterkörper ist“, sagte Walsh. „Diese Familie ist so alt, dass sie vermutlich vor über vier Milliarden Jahren entstanden ist, noch bevor die Gasriesen ins äußere Sonnensystem auf ihre gegenwärtigen Bahnen wanderten. Diese riesige Planetenmigration erschütterte den Asteroidengürtel und entfernte viele Objekte, möglicherweise auch die Mutterkörper dieser Familie.“
Das Team plant, diese neue Technik auf den gesamten Asteroidengürtel anzuwenden, um mehr über die Geschichte des Sonnensystems zu erfahren, indem es versucht, primordiale Asteroiden mit Kollisions-Fragmenten in Verbindung zu bringen. Diese Forschungsarbeit wurde vom französischen National-Programm für Planetologie und der National Science Foundation unterstützt. Das Ergebnis-Papier „Identification of a primordial asteroid family constraints the original planetesimal population“ erschien am 3. August 2017 in der online-Ausgabe von Science.
05. August 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte