Die Merkur-Raumsonde BepiColombo wurde für die Reise zum innersten Planeten getestet
Drei Raumfahrzeuge, die in Europa und Japan gebaut wurden, haben ihre endgültigen gemeinsamen Tests abgeschlossen um sicherzustellen, dass sie für ihre Reise zum Merkur bereit sind. Der Start der fast 1,9 Milliarden Dollar teuren Mission erfolgt nächstes Jahr mit einer Ariane-5-Rakete.
Funktionäre zeigten vergangene Woche in den Niederlanden die BepiColombo-Raumfahrzeuge den Medien, wo Ingenieure die Sonden extremen thermischen, akustischen und vibrierenden Umgebungen aussetzten, die sie auch während des Fluges ertragen müssen.
Als eine der größten Herausforderungen während der zwei Jahrzehnte dauernden Entwicklung erwies sich die Aufgabe, dass Überleben der Sonde bei den höllischen Temperaturen die bei Merkur herrschen zu gewährleisten.
„Wir hatten zehnmal mehr Sonneneinstrahlung zu berücksichtigen als wir sie auf der Erde erleben, plus Oberflächentemperaturen bis zu 450 Grad Celsius“, sagte Ulrich Reininghaus, ESAs BepiColombo-Projektleiter, bei einer Pressekonferenz vergangene Woche.
Das von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) geleitete Projekt wird aus zwei wissenschaftlichen Orbitern inklusive Instrumenten bestehen, welche die Landschaften und die Topographie des Planeten abbilden wird, auch um in dunkle Krater zu blicken, die Wassereis und einen mysteriösen gefrorenen organischen Schlamm enthalten könnten. Ferner soll die innere Struktur dieser versengten Welt durch Messung ihres Magnetfeldes ergründet werden.
„Ich denke, unsere beiden Raumfahrzeuge werden zunächst eine sehr umfassende und gründliche Untersuchung des Planeten und seiner Umgebung durchführen“, sagte Johannes Benkhoff, BepiColomba-Projektwissenschaftler bei der ESA. „Es wird dazu beitragen, die Geheimnisse Merkurs zu enthüllen und hoffentlich Anhaltspunkte liefern über die Entstehungsgeschichte des Planeten und unseres Sonnensystems.
Ein Antriebsmodul wird auf der 7,2 Jahre dauernden Reise zum Merkur mitfliegen, um die wissenschaftlichen Robotersonden mit Hilfe von vier Ionen-Motoren durch das Sonnensystem zu steuern.
Der Start von BepiColombo ist für Oktober 2018 geplant. Diese Tandem-Mission, von ESA und der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) entwickelt, ist die ehrgeizigste Expedition zum Merkur, die je gestartet wurde. Es ist das erste Mal, dass der glühend heiße Planet von einem Raumfahrzeug besucht wird, das nicht im Besitz der NASA ist.
Zwei frühere NASA-Missionen – Mariner 10 und MESSENGER – haben zuvor Merkur erforscht. Mariner 10 flog dreimal in den Jahren 1974 und 1975 an Merkur vorbei und fotografierte weniger als die Hälfte des Planeten, bevor MESSENGERS seine eigenen Vorbeiflüge machte und schließlich im März 2011 den Planeten für eine vierjährige globale Wissenschaftskampagne umkreiste.
„BepiColombo wird auf MESSENGERS Ergebnissen aufbauen und noch mehr Details über Merkur herausfinden“, sagte Benkhoff. „Wir können vielleicht viele der Fragen beantworten, die von der MESSENGER-Mission aufgeworfen wurden.“
Diese Fragen schließen die Natur der Wassereisablagerungen mit ein, die tief im permanent in Schatten liegenden Kratern in der Nähe der Merkur-Pole verborgen sind, sowie die Quelle des unerwarteten Magnetfeldes des Planeten.
Der von der ESA gebaute Merkur-Orbiter verfügt über 11 Instrumente, eine hochauflösende Mapping-Kamera, ein Laser-Höhenmesser, einen Beschleunigungssensor und ein Set von Spektrometern auf einem nach unten gerichteten Wissenschafts-Deck, das während jeder Umlaufbahn auf den Planeten gerichtet bleibt.
Der von den Japanern gebaute Magnetosphären-Orbiter hat fünf wissenschaftliche Sensoren, welche die Plasma-Umgebung um Merkur untersuchen werden. Ferner wird der Orbiter versuchen, die dünne natriumreiche Atmosphäre abzubilden und das Magnetfeld von Merkur zu messen.
Das Merkur-Transfer-Modul wird die beiden Orbiter auf der 8,9 Milliarden Kilometer weiten Reise von der Erde zum Merkur beschützen. Der Maschinenbereich beherbergt keine wissenschaftlichen Instrumente, aber seine beiden Stromerzeugungs-Sonnenkollektoren, jeder rund 12 Meter lang, erzeugen die Kraft für die vier mit Xenon betriebenen elektrischen Triebwerke, die am Heck montiert sind.
Die Ionen-Motoren, von denen zwei gleichzeitig feuern können, werden mehr als die Hälfte des Impulses liefern, den BepiColombo für seine Reise zum Merkur braucht. Die Raumsonde wird auch neun Schwerkraft-Verstärker für die Vorbeiflüge an Erde, Venus und Merkur verwenden, um sich für das Einschwenken in die Umlaufbahn von Merkur besser auszurichten zu können.
Benannt wurde die Raumsonde nach Giuseppe 'Bepi' Colombo, einem italienischen Mathematiker und Ingenieur, der dazu beigetragen hat, Mariner 10's Flyby-Flugbahn zu planen.
BepiColombo soll im Dezember 2025 ihr Ziel, den Planeten Merkur, erreichen. Der Flugplan verlangt, dass die Raumsonde das Transfermodul abwirft und die fünf Raketenmotoren in die Umlaufbahn gleiten. Japans Magnetosphären-Orbiter, der während des interplanetaren Transits in einer schützenden Sonnenblende eingehüllt ist, wird für eine elliptische Umlaufbahn freigegeben, die sich bis zu 11.640 Kilometer Entfernung von Merkur erstreckt.
Wenn sich der europäische Orbiter dem Planeten auf einer spiralförmigen Bahn nähert, wird die Sonnenblende abgeworfen. Die endgültige Umlaufbahn des Orbiters ist etwa zwischen 480 km Kilometern und 1.500 Kilometern vom Merkur entfernt.
Die duale Raumsonde wird mindestens ein Jahr damit verbringen, Merkur zu beobachten.
Funktionäre von ESA und JAXA sagten letzte Woche, dass die Mission auf dem richtigen Weg für den Start ist, dessen achtwöchiges Startfenster sich am 5. Oktober 2018 öffnet.
BepiColombos`s Startfenster öffnet sich im selben Monat wie das Startfenster für das James Webb Space Telescope – ein US-europäisch-kanadisches Observatorium, Nachfolger vom Hubble. Der Start ist mit einer anderen Ariane-5-Rakete auf Kourou, Französisch-Guayana, geplant.
Arianspace-Funktionäre treffen sich mit Managern beider Projekte im September um festzustellen, welche hochkarätige Wissenschaftsmission als erstes starten soll.
Ingenieure simulierten im vergangenen Monat die Vibrationen und den Lärm, dem BepiColombo während des Raketenritts von der Erde weg erleben wird, um eine Obergrenze an Testserien festzulegen, welche die kombinierte Raumsonde in der Startkonfiguration machen kann, die in rund 6 Metern Höhe thront.
Das Bodenpersonal wird in den kommenden Monaten die Raumsonde zerlegen und zusätzliche elektrische Kontrollen durchführen. Dann wird das Transfermodul in einem Weltraumsimulator modifiziert, um die extremen Temperaturen bei Merkur nachzuahmen. Der thermische Test des Antriebs erfolgt auf ähnliche Weise, wie sie bereits auf europäischen und japanischen Orbitern abgeschlossen wurden.
Die ESA wollte ursprünglich schon im Jahr 2009 BepiColombo starten, aber die technischen Schwierigkeiten erwiesen sich als größer als erwartet, weil die Sonde bei Merkur extremen Temperaturen standhalten muss.
Es mussten neue Solarzellen entworfen werden und hitzebeständige Zeigemechanismen für die Antennen und Solarpaneelen entwickelt und Spiegel montiert werden, um Sonnenlicht und Infrarotwärme zu reflektieren.
Ein Großteil der Technik musste für BepiColombo neu entwickelt werden.
„Die Herausforderung bestand darin, eine Solarzellenbaugruppe zu entwickeln, die gleichzeitig den hohen Temperaturen und ultravioletter Strahlung standhalten kann“, sagte Markus Schelkle, Programm-Manager von BepiColombo bei Airbus Defence and Space in Deutschland, dem Auftraggeber der Mission.
BepiColombo hat auch keramische thermische Beschichtungen und Teile aus Titan, die mit Silber und Gold abgedeckt sind um sicherzustellen, dass seine Kommunikationsantenne funktionieren kann, bei den extremen Temperaturen die bei Merkur herrschen.
„Wir hatten mehrere Verzögerungen“, sagte Reininghaus. „Die Arbeit an den Solarzellen und den Hochtemperaturen-Mechanismen kostete uns viel mehr Zeit als wir erwartet hatten“, sagte er.
„Das Material, das wir in den Datenbanken hatten, auch für qualifizierte Produkte, war gut für Temperaturen bis zu 125 Grad Celsius“, sagte Reininghaus. „Das war aber nicht gut genug für BepiColombo. Deshalb mussten wir Materialien bei sehr hohen Temperaturen testen, manchmal mit sehr unerwünschten Ergebnissen.“
Planeten-Orbiter (innere Umlaufbahn) und der Magnetosphären-Orbiter (äußere Umlaufbahn) auf ihren elliptischen polaren Umlaufbahnen um Merkur. Der Planeten- Orbiter wir in einer Entfernung zwischen 480 km und 1500 km über der Oberfläche des Planeten dahinfliegen. Seine Umlaufperiode wird 2,3 Stunden betragen. Die Umlaufperiode des Magnetosphären-Orbiters um den Planeten dauert 9,3 Stunden. Dieser Orbiter wird in einer Entfernung zwischen 590 km und 11.640 km über der Oberfläche des Planeten fliegen. Bild: ESA/ATG medialab
13. Juli 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte