Jupiters komplexe kurzlebige Polarlichter
Auf der Erde entstehen Polarlichter, wenn elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwinds durch das Magnetfeld der Erde zu den Polarzonen gelenkt werden, wo sie beim Eindringen in die Atmosphäre mit den Luftmolekülen kollidieren und diese ionisieren. Aber Jupiters gigantische Polarlichter – um Größenordnungen stärker als die auf der Erde – werden vermutlich hauptsächlich von Faktoren angetrieben, die sich innerhalb des Jovianischen Systems befinden. Durch die Kombination von Daten, die aus Beobachtungen von drei Raumsonden stammen, haben Wissenschaftler durch internationale Zusammenarbeit unter der Leitung von Forschern des RIKEN Nishina Center for Accelerator-Based Science gezeigt, dass das Bild vielschichtiger ist. Vulkane auf Io - einer von Jupiters Monden und das vulkanisch aktivste Objekt im Sonnensystem – sind verantwortlich für einige der hellsten Polarlicht-Erscheinungen, die durch Wechselwirkung mit jener Schockwelle entstehen, die durch die Ankunft des Sonnenwinds verursacht wird.
Um die Studie durchzuführen, verwendete die Gruppe Daten von drei im Weltraum platzierten Quellen – Japans Hisaki-Satellit, ein die Erde umkreisendes Ultraviolett-Observatorium für das extreme UV-Licht, welches im Jahr 2013 in eine erdnahe Umlaufbahn gestartet wurde Ferner die Raumsonde Juno, die im Juli 2016 in die Umlaufbahn um Jupiter einschwenkte und das Hubble Weltraumteleskop, welches hochauflösende, ultraviolette Fotos von Jupiter machte. Durch die Kombination der Daten von diesen drei Raumfahrzeugen – einschließlich der Schnappschüsse vom Satelliten Hisaki, der in zehnminütigen Intervallen über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten Fotos machte, konnte das Team jenen Prozess präzise abbilden, bei welchem das Schwefelgas aus den mächtigen Vulkanen auf Io herausbricht und sich in einem Fernbereich von Jupiter speichert, dann beschleunigt und sich in Richtung Jupiter bewegt, wo es in die Polarregion des Riesenplaneten geleitet wird, wo es die Aurora antreibt.
Diese Erkenntnisse wurden bei einer „vorübergehenden Aufhellung“ einer Jupiter-Aurora erkannt, mit dem zusätzlichen Phänomen, dass sie sich von der Polarregion zum Äquator hin bewegte. Dies wurde im Mai 2016 entdeckt, als sich Juno dem Jupiter-System näherte. Die Daten zeigten, dass die Energie von Ios Gasemission mit einer Geschwindigkeit von 400 bis 800 Kilometer pro Sekunde in die Äquatorregion des Raumes um Jupiter übertragen wurde.
Mit Daten früherer Beobachtungen von Hisaki und vom HST, die kombiniert wurden, gelangten Forscher zu dem Schluss, dass der Sonnenwind wenig mit den kurzlebigen Auroren zu tun hat. Der leitende Autor der Studie, Tomoki Kimura, ein Postdoktorand bei RIKEN, sagte: „Das Besondere an unseren Beobachtungen war, dass wir die Beobachtungszeit mit der Ankunft der Raumsonde Juno in der Umlaufbahn Jupiters ausweiten konnten. Es stellte sich heraus, dass Juno eine Schockwelle entdeckte, die vom Sonnenwind stammte und dies führte uns zu dem Schluss, dass der Sonnenwind zusammen mit Io dabei eine Rolle spielen, indem sie die Energie Richtung Jupiter treiben.“
In der Vergangenheit wurde allgemein angenommen, dass das Magnetfeld eines rotierenden astronomischen Objekts mächtig genug ist, um die azimutalen Bewegungen von Energie und Masse vollständig zu beherrschen. Aber die Ergebnisse des Teams lassen an dieser Annahme zweifeln, da die Energie sich über ein Gebiet fern von Jupiter sammelt und sich dann Richtung Jupiter bewegt. Dieser Prozess scheint auch für andere rotierende Objekte wie Neutronensterne zu gelten.
Mit Blick auf die Zukunft fährt Kimura fort: „Das Jovianische System ist dafür bekannt, dass es mehrere eisige Monde enthält, nämlich Europa und Ganymed, die möglicherweise in ihren unterirdischen Ozeanen außerirdisches Leben beherbergen und die Energie, die aus dem Fernbereich Richtung Jupiter angetrieben wird, Unterstützung für die chemischen Prozesse auf der eisigen Oberfläche der Monde bringen könnte. Früher wussten wir nicht, wie die Energie auf eine so enorme Geschwindigkeit beschleunigt werden kann, aber jetzt, dank dieser Erkenntnisse, haben wir eine bessere Vorstellung davon. Nun da Juno in der Umlaufbahn um Jupiter ist, werden wir auch in Zukunft neue Beobachtungsdaten bekommen die uns helfen zu bestimmen, wie die Energie übertragen wird. Dadurch könnten wir Einblicke bei unserer Suche nach Leben auf diesen eisigen Welten gewinnen.
25. Juli 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte