Frost auf der Oberfläche des Mondes: Neue Beweise
Wissenschaftler, die Daten von der Mondsonde Lunar Reconnaissance Orbiter verwenden, identifizierten helle Bereiche in Kratern in der Nähe des Südpols unseres Mondes, die kalt genug sind um Frost auf ihrer Oberfläche zu haben.
Der neue Beweis stammt aus einer Analyse, bei der die Oberflächentemperaturen mit der Information kombiniert wurde, wieviel Licht von der Mondoberfläche reflektiert wird.
„Wir haben festgestellt, dass die kältesten Plätze in der Nähe des Mond-Südpols auch die hellsten Orte sind – heller als wir es vom Boden allein erwarten würden – und das könnte auf das Vorhandensein von Oberflächenfrost hindeuten“, sagte Elizabeth Fisher, Hauptautorin der Studie, die im Ikarus veröffentlicht wurde. Fisher führte die Datenanalyse durch, als sie an der Universität von Hawaii in Manoa forschte und ihren Bachelor absolvierte. Jetzt ist sie Doktorandin an der Universität Brown.
Die eisigen Ablagerungen scheinen lückenhaft und dünn zu sein und es ist möglich, dass sie mit der Oberflächenschicht von Boden, Staub und kleinem Gestein, genannt Regolith, vermischt sind. Die Forscher sagen, sie sehen keine ausgedehnten Eisflächen, ähnlich einem gefrorenen Teich oder einer Schlittschuhbahn. Stattdessen sehen sie Anzeichen von Oberflächenfrost.
Der Frost wurde in sogenannten Kältefallen in der Nähe des Südpols gefunden. Kältefallen sind Bereiche, die permanent im Schatten liegen. Sie befinden sich entweder auf dem Boden eines tiefen Kraters oder entlang des Abschnitts einer Kraterwand, der kein direktes Sonnenlicht erhält und wo daher die Temperaturen unterhalb von minus 163° Celsius liegen. Unter diesen Bedingungen kann Wassereis für Millionen oder Milliarden von Jahren bestehen bleiben.
Vor mehr als einem halben Jahrhundert schlugen Wissenschaftler schon vor, dass Mond-Kältefallen Wassereis aufbewahren könnten, aber die Hypothese erwies sich als große Herausforderung. Beobachtungen, die mit dem Orbiter Lunar Prospector in den späten 1990er Jahren durchgeführt wurden, konnten wasserstoffreiche Gebiete in der Nähe der Mondpole identifizieren, aber sie konnten nicht feststellen, ob dieser Wasserstoff in Wasser gebunden ist oder in einer anderen Form vorhanden war. Die Natur dieser Ablagerungen zu erkunden, gehörte zu den wissenschaftlichen Zielen vom Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO), der seit 2009 den Mond umkreist.
Fisher und ihre Kollegen fanden Beweise für Frost auf dem Mond, indem sie Temperaturmessungen von LROs Diviner-Lunar-Radiometer mit den Helligkeitsmessungen des Lunar Orbiter Laser Altimeter (LOLA) verglichen. Bei diesen Vergleichen waren auch die kältesten Gebiete in der Nähe des Südpols sehr hell, was auf die Anwesenheit von Eis oder anderen hoch reflektierenden Materialien hindeutet. Die Forscher sahen sich auch die Spitzentemperaturen der Oberfläche an, weil Wassereis sich auf die Dauer nicht halten wird, wenn die Temperatur über eine entscheidende Schwelle steigt.
Die Ergebnisse stimmen mit der Analyse der LRO-Daten eines anderen Teams überein, das im Jahr 2015 ihre Ergebnisse bekannt gegeben hat. Diese Studie verglich die Spitzentemperaturen mit den UV-Daten vom Lyman-Alpha Mapping Projekt (LAMP). Sowohl LOLA als auch LAMP sind in der Lage, Oberflächenhelligkeit ohne Sonnenlicht zu messen. LOLA tut dies, indem es das reflektierte Laserlicht misst, und LAMP, indem es das reflektierte Sternenlicht und den UV-Skyglow von Wasserstoff misst.
„Diese Ergebnisse zeigen einmal mehr den Wert des langfristigen Mondstudiums von der Umlaufbahn aus“, sagte John Keller, LRO-Projektwissenschaftler am Goddard Space Flight Center in Greenbelt, Maryland. „All diese Arbeit beginnt mit umfangreichen Datensätzen, die aus jahrelangen kontinuierlichen Messungen bestehen.“
Gemeinsam verstärken die beiden Studien die Hinweise, dass es Frost in den Kältefallen in der Nähe des Mond-Südpols gibt. Bisher haben die Forscher jedoch nicht die gleichen Hinweise in der Nähe des Mond-Nordpol finden können.
Wassereis und andere Ablagerungen wurden auch auf dem Nordpol Merkurs identifiziert. Obwohl es der nächstgelegene Planet zur Sonne ist, scheint es auf Merkur – nach Schätzung von Matt Siegler, einem Co-Autor der Studie - bis zu 400 Mal mehr Eis zu geben als auf dem Mond. Forscher sind immer nach dabei herauszufinden, welches Szenario „normaler“ ist.
Eine weitere quälende Frage ist, wie alt ist das Eis auf dem Mond? Wenn das Wasser von eisigen Kometen oder Asteroiden geliefert wurde, könnte es so alt wie das Sonnensystem sein und damit die früheste Anlieferung von Wasser auf Erde und Mond markieren. Aber wenn das Wasser durch chemische Reaktionen entstand, die durch den Sonnenwind angetrieben wurden, ist es viel jünger. Es können auch beide Möglichkeiten zutreffen. Es könnten unter der Oberfläche Äonen alte Eisdepots geben und neueres Wasser an der Oberfläche.
In jedem Fall, sagte Siegler, gibt es jetzt genug Beweise, um über weitere Untersuchungen zu diskutieren. Nicht nur könnte das Eis auf dem Mond als Ressource für die Forschung dienen, es könnte uns auch helfen, die Ursprünge des Wassers auf Erden zu verstehen.
4. Juni 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte