Energieversorgung für Saturns aktiven Ozeanmond
Wenn der Saturnmond Enceladus einen extrem porösen Kern hätte, könnte durch Reibung erzeugte Wärme die hydrothermale Aktivität für Milliarden von Jahren angeregt werden. Dies stellten nach einer neuen Untersuchung europäische und US-Forscher fest, die bei der Mission Cassini mitwirken.
Die Studie, die im Journal Nature Astronomy veröffentlicht wurde, hilft bei der Lösung einer Frage, mit der Wissenschaftler seit einem Jahrzehnt zu kämpfen haben: Woher kommt die Triebkraft für die ungewöhnliche geologische Aktivität auf Enceladus?
Cassini entdeckte, dass auf Enceladus hoch aufragende, Geysiren ähnliche Jets aus Wasserdampf und Eispartikeln die auch einfache organische Moleküle enthalten, aus breiten Frakturen nahe dem Südpol ausbrechen. Eine weitere Überprüfung ergab, dass der Mond unter seiner Eiskruste ein Meer hat, von dem aus sich die Jets in den Weltraum entladen. Viele Hinweise von Cassini deuten darauf hin, dass hydrothermale Aktivität - heißes Wasser interagiert chemisch mit Gestein – auf dem Meeresboden stattfinden.
Man entdeckte auch kleine Gesteinskörner, die vermutlich in heißen Unterwasserquellen bei Temperaturen von 90 Grad Celsius chemisch entstehen. Die Menge an Energie die erforderlich ist um diese Temperaturen zu erzeugen, ist um einiges größer, als nach Meinung der Wissenschaftler durch radioaktiven Zerfall im Inneren vorhanden ist.
„Woher Enceladus die Energie nimmt um aktiv zu bleiben, war immer ein Rätsel, jetzt haben wir näher betrachtet wie Aufbau und Zusammensetzung des Gesteinskern des Mondes eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung der notwendigen Energie spielen könnte,“ erklärte der Hauptautor der Studie, Gaël Choblet von der Universität in Nantes, Frankreich.
Choblet und Co-Autoren fanden heraus, dass ein lockerer bzw. ungleichmäßiger Gesteinskern mit 20 bis 30 Prozent Leerraum zum gewünschten Ergebnis führt. Die Simulationen enthüllen, dass sich bei der Umkreisung Saturns Gesteine im porösen Kern von Enceladus verschieben, sich aneinander reiben und damit Wärme erzeugen. Das lockere Innere ermöglicht es auch, dass das Wasser des unterirdischen Meeres tief nach unten sickern kann, wo es sich aufheizt, danach aufsteigt und in chemische Wechselwirkung mit dem Gestein tritt. Die Modelle zeigen auch, dass diese Aktivität ihr Maximum an den Mondpolen haben sollte. Vom Meeresboden werden Fontainen eines warmen, mit Mineralien versetzten Wassers nach oben befördert. Dies führt dazu, dass am Südpol des Mondes die Eiskruste nur 1 bis 5 Kilometer dünn ist. (Die normale Dichte der Eiskruste liegt bei 20 bis 25 Kilometern.) Und dieses Wasser wird anschließend durch Brüche im Eis in den Weltraum geschleudert.
Die Untersuchung ist ein Versuch, einige wichtige Eigenschaften von Enceladus zu erklären, die von Cassini entdeckt wurden: den globalen Ozean, innere Erwärmung, dünneres Eis am Südpol und hydrothermale Aktivität. Sie erklärt nicht, wie Nord- und Südpol so verschieden sein können. Im Gegensatz zur geologisch jungen Landschaft im Süden sind Enceladus` nördliche Regionen stark mit Kratern übersät und uralt.
Die Forscher schätzen, dass im Laufe der Zeit (zwischen 25 und 250 Millionen Jahren) das gesamte Wasser von Enceladus` Meer durch den Mondkern sickert. Der Kern spielt die Rolle eines Schwammes der von Gezeitenkräften gequetscht wird. Der Enceladus-Ozean entspricht etwa zwei Prozent des irdischen Ozeans.
Die Verformung von Enceladus` Eiskruste durch Saturns Gezeitenkräfte wurde schon früher als Ursache für die Wärmequelle ins Auge gefasst. Doch Modelle zeigten, dass dies nicht genug Kraft liefern würde. Das Meer in Enceladus wäre innerhalb von 30 Millionen Jahren gefroren.
Obwohl das Wissenschaftsteam von Cassini jahrelang den Verdacht hegte, dass ein poröser Kern eine wichtige Rolle spielen könnte, bringt die neue Studie erst jetzt ein einheitliches Gesamtbild.
12. November 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte