Die Super-Erde die vielleicht "nach Hause" kommt
Sie könnte in den eisigen Außenbereichen unseres Sonnensystems verharren, sich im Dunkeln verstecken, die Fäden hinter den Kulissen ziehen und die Umlaufbahnen ferner Objekte strecken, vielleicht sogar das ganz Sonnensystem zur Seite kippen.
Wenn da ein Planet sein sollte, ist er extrem weit entfernt und das wird auch so bleiben (er wird niemals mit der Erde kollidieren). Es ist vielleicht ein „Planet Neun“ - eine Welt mit etwa 10-facher Erdmasse, die 20 mal weiter von der Sonne entfernt ist als Neptun. Die Anzeichen sind bisher nur indirekt, aber vor allem die gravitativen Fußabdrücke sorgen dafür, dass seine Existenz dennoch als wahrscheinlich angesehen wird.
Einer seiner engagiertesten Aufspürer sagte in der Tat, dass es jetzt schwieriger ist, sich unser Sonnensystem ohne Planet Neun vorzustellen.
„Es gibt jetzt fünf verschiedene Arten von Beobachtungsnachweisen, die auf die Existenz von Planet Neun hinweisen“ sagte Konstantin Batygin, ein Planetenforscher und Astrophysiker am Caltech in Pasadena, Kalifornien, dessen Team sich dieser Meinung anschließt. „Wenn man die Möglichkeit einer Existenz von Planet Neun ausschließt, würde man mehr Probleme generieren, als man lösen könnte. Ganz plötzlich hat man fünf verschiedene Rätsel und man muss sich fünf verschiedene Lösungen ausdenken, um sie zu erklären.“
Batygin und sein Co-Autor, Caltech-Astronom Mike Brown, beschrieben die ersten drei Hinweise auf die Existenz von Planet Neun in einem Paper, das im Jänner 2016 im Astronomical Journal veröffentlicht wurde. Sechs bekannte Objekte im fernen Kuiper-Gürtel - einer Region von eisigen Objekten, die sich jenseits von Neptuns Bahn in den interplanetaren Raum erstreckt - haben alle elliptische Bahnen, die in die gleiche Richtung zeigen. Das wäre schon unwahrscheinlich und verdächtig genug. Aber diese Bahnen sich auch noch auf die gleiche Weise geneigt, etwa 30° „abwärts“, im Vergleich zur Ekliptikebene, in der die Planeten die Sonne umkreisen.
Hinweis Nummer drei: Computersimulationen des Sonnensystems, in dem Planet Neun enthalten ist, zeigen, dass mehr Objekte im Bezug auf die Ekliptikebene gekippt sein sollten. Tatsächlich wäre die Neigung in der Größenordnung von 90 Grad, so als ob die Ebene des Sonnensystems und diese Objekte ein „X“ bildeten, wenn man das Sonnensystem von der Kante aus betrachtet. Brown erkannte, dass tatsächlich fünf Objekte, die den Astronomen bereits bekannt sind, diese Anforderungen erfüllen.
Zwei weitere Hinweise entstanden nach der Veröffentlichung des Originalpapiers: Ein zweiter Artikel des Teams, in diesem Fall geleitet von Elizabeth Bailey, einer Doktorandin von Batygin, zeigt, dass Planet Neun die Planeten unseres Sonnensystems während der letzten 4,5 Milliarden Jahren gekippt haben könnte. Dies könnte ein langjähriges Mysterium erklären: Warum ist die Ekliptikebene, die Bahn der Planeten um die Sonne, um etwa 6 Grad zum Äquator der Sonne geneigt?
„Über lange Zeiträume wird Planet Neun die gesamte Ebene des Sonnensystems zum wackeln bringen, sozusagen eine Sonnensystem-Präzession vollziehen“ sagte Batygin.
Das letzte verräterische Zeichen von der Anwesenheit von Planet Neun beinhaltet die Gegensätze im Sonnensystem: Es gibt Objekte im Kuiper-Gürtel, die in der entgegengesetzten Richtung zu allen anderen die Sonne umkreisen. Planet Neuns orbitaler Einfluss würde erklären, warum diese Objekte aus dem fernen Kuiper-Gürtel, den inneren Kuiper-Gürtel sozusagen „verunreinigen“.
„Kein anderes Modell kann die Eigenartigkeit dieser stark geneigten Bahnen erklären“, sagte Batygin. „Es stellt sich heraus, dass Planet Neun einen natürlichen Boulevard für diese Generation bietet. Diese Objekte wurden mit Hilfe von Planet Neun von der Ekliptikebene weggedreht und dann nach innen, Richtung Neptun gestreut.
Der letzte Schritt ist, Planet Neun selbst zu finden. Batygin und Brown verwenden das Subaru-Teleskop am Mauna Kea Observatorium auf Hawaii, um zu versuchen genau dies zu tun. Dieses Instrument ist das beste „Werkzeug“ um lichtschwache, extrem ferne Objekte aufzuspüren, die in den weitläufigen Außenregionen unseres Sonnensystems verloren gehen.
Aber woher kam Planet Neun? Batygin meint, er verbringe kaum Zeit damit, über seinen Ursprung nachzudenken – ob er ein Flüchtling aus unserem eigenen Sonnensystem ist oder ein wandernder Einzelgänger, der von der Schwerkraft unserer Sonne eingefangen wurde.
„Ich denke, die Entdeckung von Planet Neun wird uns auch etwas über seinen Ursprung erzählen“ meinte Batygin.
Wenn Planet Neun gefunden wird, wird es eine Art von Heimkehr sein oder zumindest ein Familientreffen. In den vergangenen 20 Jahren haben Suchprogramme Planeten um andere Sterne gefunden. Die häufigsten Planeten die gefunden wurden, waren „Super-Erden“, größer als die Erde, aber kleiner als Neptun.
Es fällt auf, dass ein solcher Planet in unserem Sonnensystem fehlt. Mit etwa zehnfacher Erdmasse würde der postulierte Planet Neun gut passen.
Planet Neun könnte sich als unsere fehlende Super-Erde herausstellen.
7. Oktober 2017/SP
Verein Kuffner-Sternwarte