Die Erde, unser blauer Planet, war einst eine orange Welt wie Titan
Die alte Erde hätte für uns sehr fremd ausgesehen, da sie von einem dicken orangefarbenen Dunst eingehüllt wurde. Durch das Studium der Vergangenheit unserer Erde konnten Wissenschaftler entschlüsseln, wie ein ähnlich düsterer Exoplanet in zukünftigen Weltraumteleskopen aussehen würde.
Wenn man mit einer Zeitmaschine in die ferne Vergangenheit unserer Erde reisen könnte, vorbei an der Zeit der Dinosaurier, vorbei an der Zeit der seltsamen Monster in unseren Ozeanen und zurück in eine Zeit, in der das mikrobielle Leben gerade Fuß fasste, was würden wir finden?
Ein Wissenschaftler, der in das Archaikum eintreten könnte - das sich zwischen 3,8 und 2,5 Milliarden Jahren erstreckte – bräuchte zunächst einen Schutzanzug, da die Atmosphäre weitgehend frei von Sauerstoff wäre. Nicht nur das, einige der frühesten Bakterien waren Methanogene bzw. Methanbildner, also Lebewesen die durch ihren Stoffwechsel Methan produzierten. Wenn genügend Methan in die anoxische Atmosphäre freigesetzt wurde, könnte eine organische Trübung den Planeten umgeben haben.
Der zeitreisende Wissenschaftler wäre auch in der Lage, die Schwefel-Photochemie in der Atmosphäre zu detektieren, die durch UV-Licht verursacht wird, das die Atmosphäre durchdringt. Diese Art der Chemie tritt in unserer heutigen Atmosphäre nicht mehr auf, da die Ozonschicht jenes UV-Licht stoppte, das dafür erforderlich wäre um die Schwefel-Photochemie anzutreiben. Aber im Archaikum gab es keinen Sauerstoff und daher keine Ozonschicht, welche die Schwefel-Photochemie hätte stoppen können. Ein photochemisches Schwefel „Signal“ wurde in den Gesteinen abgelagert und von Wissenschaftlern, die ja leider auf eine Zeitmaschine verzichten müssen, konserviert. Das Schwefelsignal ist auch der Schlüssel, von dem man die Existenz der Trübung ableitet.
Wenn sich die Methan-Produktion erhöhte, wurde die organische Trübung dicker und etwas von dem UV-Licht, das für die Schwefel-Photochemie benötigt wird, wurde blockiert. Diese Veränderung des Schwefelsignals, das durch abgeschwächtes UV-Licht verursacht wird, gekoppelt mit den Nachweisen in den Gesteinen, die gleichzeitig eine verbesserte biologische Methan-Produktion während des gesamten Archaikums zeigen, ist der geologische Beweis für die Trübung. Und die Gesteinsaufzeichnungen zeigen, dass es während des Archaikums zwischen drei und fünf Intervalle für solche Trübungen gab.
Nach der „Großen Oxygenierung“ (Sauerstoff-Anreichungsereignis), das etwa 2,5 Milliarden Jahre zurückliegt, hörten die Trübungen schließlich auf.
Würde der Zeitreisende auch eine Polarausrüstung brauchen um die Temperaturen zu überstehen? Frühere Studien gingen davon aus, dass die dicken Nebel soviel Sonnenlicht blockierten, dass die Oberflächentemperaturen sanken, wodurch eine große Vereisung stattfand, die ein Hindernis für die Entstehung von Leben war. Allerdings haben neue Forschungen von Giada Arney von der Universität von Washington (nun Goddard Space Flight Center) und ihren Kollegen gezeigt, dass das Gefrieren des Klimas nicht so extrem gewesen sei wie bisher angenommen wurde.
Sie verwendeten Computermodelle, um die Atmosphäre des Archaikums zu simulieren und entdeckten, dass die Dicke der Trübung – und damit die Temperatur des Planeten – sich schließlich stabilisiert hat, wodurch eine katastrophale Abkühlung verhindert wurde. Ihre Ergebnisse zeigten auch, dass der Dunst genug schädliches UV-Licht in der Atmosphäre blockierte, sodass die Bedingungen für die Organismen unten günstiger waren.
Sie verwendeten auch ihre Modelle um zu bestimmen, wie die Spektren von Exoplaneten mit ähnlichen Trübungen aussehen würden. Etwas, das künftige Weltraumteleskope wie das James-Webb-Teleskop vielleicht erkennen könnten. Anhand von Spektren könnten sie auch feststellen, wie die Farbe des Himmels und des Planeten ist. Für einen Planeten mit einem Dunst, ähnlich unserer Erde im Archaikum, wäre die Farbe orange. Das bedeutet, dass die frühe Erde mehr wie Saturns Mond Titan ausgesehen hätte.
„Die Archaikum-Erde mag zuweilen einen titanartigen organischen Dunst gehabt haben, aber es war doch eine ganz andere Art von Welt gewesen“, erklärte Arney. „Die Archaikum-Erde ist viel wärmer gewesen als Titan und ihre Atmosphäre hätte viel mehr CO2 enthalten, was die Art der atmosphärischen Chemie möglicherweise grundlegend veränderte. Dennoch können die chemischen Reaktionen, die zur Dunstbildung auf der frühen Erde führten, ähnlich den Reaktionen sein, die heute in der Atmosphäre von Titan auftreten. Und natürlich würden beide orange erscheinen!“
Calr Sagan bezog sich auf die Erde als den „blass-blauen Punkt“, aber wenn wir nach Exoplaneten suchen die der frühen Erde ähneln, dann müssen wir stattdessen nach blassen orangen Punkten suchen. „Wenn wir eine große statistische Stichprobe von Exoplaneten beobachten zu könnten, wären wir in der Lage, Planeten in verschiedenen Stadien der Evolution zu beobachten. Und wenn Dunstperioden und Sauerstoffanreicherungen gemeinsame Planetenphänomene sind, könnten wir Beispiele mehrerer atmosphärischer Stadien sehen“, fügte Arney hinzu.
Solche Beobachtungen würden bedeuten, dass wir keine Zeitmaschine brauchen würden, um die frühe Erde zu studieren, da wir ein Fenster zu unserer Vergangenheit hätten, indem wir andere Planeten studieren.
28. November 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte