Für die Suche nach Leben auf Enceladus: Einen Orbiter oder einen Lander senden?
Die Raumsonde Cassini hat das Wissen der Forscher über den Ringplaneten und seine Eismonde revolutioniert. Zum Beispiel entdeckte Cassini, dass der Saturnmond Enceladus eine Mini-Welt mit aktiven Jets ist – Geysiren ähnliche Phänomene die Wasserdampf und Eispartikel aus einem großen salzigen Meer ausblasen, das unterhalb der Eiskruste des Mondes liegt.
Es ist also kein Wunder, dass Enceladus ein Anziehungspunkt für die Suche nach Leben außerhalb unserer Erde geworden ist.
Eine Konferenz mit Namen „Enceladus und die eisigen Monde Saturns“, die vom 26. bis 29. Juli abgehalten wurde, brachte Top-Experten auf der ersten großen internationalen Konferenz zusammen, die sich speziell Enceladus und der Saturn-Familie von super-kalten Monden widmete.
Die Veranstaltung wurden von der Universities Space Research Association und dem Lunar und Planetary Institute in Houston unterstützt.
Bewohnbare Orte
Cassini hat seit ihrer Ankunft im Saturn-System im Juli 2004 viele Vorbeiflüge an Enceladus durchgeführt, manchmal sogar durch die von den Geysiren erzeugten Jets, die aus Rissen (genannt Tigerstreifen) in der Nähe des Mondes Südpol ausbrechen.
„Die Jets müssten Überschallgeschwindigkeit von zwei oder mehr Mach haben. Aber wegen der Abkühlung des Wasserdampfes im Eruption-Schlot kann die tatsächliche Geschwindigkeit nicht so hoch sein, wie wir bisher dachten“, sagte Larry Esposito, Organisator der Konferenz und Professor für Astrophysik und Planetenwissenschaften am Labor für Atmosphären- und Weltraumphysik (LASP) an der Universität in Boulder, Colorado. „Aber die Geschwindigkeit ist immer noch größer als einen Kilometer pro Sekunde – und damit schneller als eine Gewehrkugel!“
Cassini flog im Oktober 2015 zum letzten Mal an Enceladus vorbei. (Nach fast 20 Jahren in Raum wird die 3,2 Milliarden Dollar teure Cassini-Mission im September 2017 zu Ende gehen).
Die Informationen, die Cassini während ihrer Vorbeiflüge gesammelt hat deuten stark darauf hin, dass Enceladus einen großen Ozean unter seiner eisigen Hülle verbirgt und dass dieser Ozean in der Lage sein könnte, Leben wie wir es kennen zu unterstützen. (Das Meer bleibt flüssig, weil durch die gewaltige Schwerkraft Saturns Gezeitenreibung und damit Wärme erzeugt wird).
„Enceladus besitzt bewohnbare Orte, aber gibt es da auch Leben?“ meinte Esposito.
Wissenschaftler auf der ganzen Welt prüfen eine Vielzahl an Möglichkeiten, um diese Frage in Angriff zu nehmen.
Ozean-Reaktor
Zum Beispiel bildet ein Forschungsteam im Labor einen Enceladus „Ozean-Reaktor“.
Der simulierte Ozean sollte Einblicke in eine Reihe von möglichen geochemischen Reaktionen liefern, die in der Nähe des Mondes Kern aller Wahrscheinlichkeit nach passieren und zwar dort, wo Wasser-Gestein-Wechselwirkungen an die thermischen Zyklen des Meerwassers gekoppelt sind, sagte Teammitglied Kosuke Fujishima, vom Earth-Life Science Institute am Tokio Institute of Technology.
„Einer unserer neuesten Versuche war das Hinzufügen von organischen Substanzen um zu sehen, welche Art von organischen Spezies im gleichen Kontext erzeugt werden können“, sagte Fujishima. „Diese Arbeit ist sehr wichtig aus der Perspektive der Astrobiologie, denn wir müssen verstehen, was wir erwarten können in den Jets von Enceladus zu finden, damit wir die Profile von organischen Stoffen im Vergleich zu biologischen und rein geochemischen Ergebnissen interpretieren können“, fügte er hinzu.
Flüge durch Jets
Enceladus verfügt über einen umfangreichen Wasser-Ozean unter seiner Eiskruste, der die Wasserjets speist, die in der Nähe des Südpols entstehen. Das Team um Fujishima untersucht auch, wie eine Raumsonde in der Lage sein könnte eine Probe von Enceladus` Jets einzufangen. „Sowohl unser Team, sowie mehrere andere Team arbeiten hart daran, wie sie Partikel aus den Jets erfassen könnten, entweder mit Aerogel oder Metallplatten“, sagte Fujishima.
Aerogel ist ein synthetisches, extrem leichtes Material, das den Spitznamen „gefrorener Rauch“ hat. Die Mission Stardust verwendete Aerogel um Staubpartikel vom Kometen Wild 2 während des Vorbeiflugs im Jahr 2004 einzufangen.
„Die technische Schwierigkeit ist die Simulation der Schneeflocken-ähnlichen Partikel in den Jets und das Imitieren der extrem schnellen Einschläge während der die kristallinen Schneeflocken kalt genug bleiben, damit sie nicht schmelzen“ sagte Fujishima.
Idealerweise sollte eine Enceladus-Mission mit gesammelten Proben aus den Jets für detaillierte Studien zur Erde zurück kehren. Und zwar deswegen, weil alle eventuellen Enceladus-Lebensformen von denen auf der Erde ganz verschieden sein können, oder die Fähigkeiten einer Robotersonde übersteigen könnten, sie als Lebensform wahrzunehmen, sagte Astrobiologe McKay.
„Die Geschichte der Planetenwissenschaft zeigt uns, dass wir Theorien und Modelle zu entwickeln haben, weil die Natur nicht unsere Zeitungen liest“, sagte McKay. „Wir gehen also hinaus und lassen uns überraschen. Das Finden einer Art fremden Lebens auf Enceladus wäre eine epochale Entdeckung.
Der Flug durch einen Jet wird einer Lande-Mission vorgezogen, zumindest für den Anfang, weil die Wissenschaftler die Oberflächeneigenschaften von Enceladus nicht sehr gut kennen; zumindest nicht gut genug für einen Lander. Einer Lande-Mission müsste wahrscheinlich ein Aufklärungsflug vorangehen. Aber einige Forscher arbeiten an einer Hardware, um auf die eisige Oberfläche des Saturnmondes zu gelangen
IceMole
Die Aussicht auf flüssiges Wasser auf Enceladus` Südpolargebiet ist ein attraktives Ziel für einen Lander, sagte Fabian Baader, ein Mitglied des Enceladus Explorer Projektteams (Enex) an der Fachhochschule in Aachen, Deutschland.
Die Enex-Initiative konzentriert sich auf die Bewertung einer Technologie, die für eine mögliche Lande-Mission mit dem Einsatz einer unterirdischen Schmelz-Sonde benötigt wird. Enex wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert und verwaltet; mehrere deutsche Universitäten sind an dem Projekt beteiligt.
Baader sagte, das Projektteam stellt Forschungen an über die Eignung von kombinierten Bohr- und Schmelz-Sonden für extraterrestrische Anwendungen auf Enceladus.
Mehrere Prototypen von Schmelzsonden - darunter eine mit Namen IceMole – wurden seit 2009 an der Fachhochschule in Aachen entwickelt, sagte Baader. Es ist noch zu früh um sagen zu können, wie eine solche Bohr- und Schmelz-Sonde aussehen müsste, fügte er hinzu.
„Bei der Schmelz-Sonde IceMole gibt es die große ungelöste Frage der Energieversorgung. Sollte das Gerät von der Sonde getragen oder auf der Oberfläche platziert werden?“ Baader sagte: „Bisher gab es noch keine schlüssige Studie. Bis jetzt haben wir nur umfangreiche Vermutungen.“
Navigation und Vermeidung von Hindernissen
Ein weiterer Punkt für Baader ist, wo auf dem Saturnmond gelandet werden soll.
„Als wir vor kurzem erfuhren, dass die Tiger-Streifen-Region auf Enceladus ziemlich rau ist, wäre dies kein guter Ort für einen Lander. Aber wie weit weg von dieser Gegend landen? Dies hat geringen Einfluss, da die IceMole die Fähigkeit zur Navigation und Hindernis-Vermeidung haben wird. Sie beeinflusst den gesamten Energiebedarf der Mission.
Baader sagte, dass viele Merkmale der IceMole bereits auf der Erde unter Beweis gestellt wurden – zum Beispiel in Feldversuchen auf Gletscher in den Schweizer Alpen und in der Antarktis. Die Sonde ist vergleichsweise leicht zu sterilisieren und ist in der Lage, reine Proben von besonders geschützten antarktischen Gebieten zu nehmen, die in ähnlichen Schlüsselbereichen liegen wie auf der fremden eisigen Welt von Enceladus, fügte er hinzu.
„Wenn man alles zusammen berücksichtigt, könnte eine Lander-Mission zum Enceladus in etwa 20 Jahren erfolgen“ sagte Baader.
Bewohnbar aber unbewohnt?
Was ist, wenn die Jagd nach Leben nichts findet?
„Dieser Frage nähern wir uns ab einem gewissen Punkt einer Mission, wenn feststehen sollte, dass es zwar eine bewohnbare Umgebung auf Enceladus gibt, aber keinerlei Lebensform vorhanden ist“ sagte Astrobiologe McKay und fügte hinzu, dass dieses Konzept den Forschern nicht sehr vertraut ist und zwar deswegen, weil die Erde voll Leben ist. Sie ist kein gutes Modell für andere Welten. Wir betreten da völliges Neuland.
28. August 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte