KIC 8462852, der mysteriöseste Stern unserer Galaxis ist sogar noch exotischer als Astronomen dachten
Ein Stern mit der unauffälligen Bezeichnung KIC 8462852 im Sternbild Cygnus hat im vergangenen Jahr zum Staunen sowohl innerhalb als auch außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft geführt. Im Jahr 2015 verkündete ein Team von Astronomen, dass dieser Stern eine Reihe von sehr kurzen, nicht periodischen Helligkeits-Abschwächungen durchlief, als er vom Weltraumteleskop Kepler überwacht wurde und niemand konnte so recht herausfinden, was dies verursacht hat. Eine neue Studie – durchgeführt von Josh Simon (Carnegie-Institut) und Ben Montet (Caltech)- vertiefte sich in das Geheimnis.
Die Ergebnisse von Simon und Montet wurden in „The Astrophysical Journal“ veröffentlicht.
Die Forscher analysierten weitere Kepler-Beobachtungen des rätselhaften Sterns und zeigten auf, dass der Stern zusätzlich zu seinen schnellen, unerklärlichen Helligkeitsveränderungen während der vier Jahre die Kepler ihn beobachtete, langsam und stetig schwächer wurde.
Spekulationen, die versuchten dies zu erklären, gehen davon aus, dass die Helligkeitsreduzierung bei KIC 8462852 von einer ungewöhnlich großen Gruppe von Kometen stammt, die den Stern in einer außerirdischen Megastruktur umkreisen. Im allgemeinen können Sterne eine Abschwächung ihres Lichts haben, weil ein festes Objekt wie ein Planet oder eine Wolke aus Gas und Staub auf der Sichtlinie des Beobachters vorbeiwandert; vorübergehende Verfinsterungen bzw. Abschwächungen der Helligkeit sind die Folge. Aber das unbeständige Muster des abrupten Verblassens und Wiederaufhellens von KIC 8462852 ist anders als das, was je bei anderen Sternen zu sehen war.
Angetrieben von einer umstrittenen Behauptung, dass die Helligkeit des Stern von 1890 bis 1989 um 14 Prozent allmählich abnahm, beschlossen Montet und Simon, eine Serie von kalibrierten Keplerbildern zu untersuchen, die bisher nicht für wissenschaftliche Messungen verwendet wurden.
„Wir dachten, diese Daten könnten das langfristige Verblassen des Sterns bestätigen oder widerlegen und hoffentlich klären, was die außergewöhnliche Reduzierung der Helligkeit in KIC 8462852 verursacht hat“, erklärte Simon.
Simon und Montet stellten fest, dass KIC 8462852 in den ersten drei Jahren der Kepler-Mission um fast ein Prozent lichtschwächer wurde. Seine Helligkeit sank dann um ungewöhnliche zwei Prozent über einen Zeitraum von gerade mal sechs Monaten und blieb auf diesem Niveau während der letzten sechs Monate der Mission.
Die Forscher verglichen dies mit mehr als 500 ähnlichen Sternen, die von Kepler beobachtet wurden und fanden, dass ein kleiner Teil von ihnen in den ersten drei Jahren ähnlich wie KIC 8462852 verblassten. Jedoch zeigte keiner dieser Sterne ein solch dramatisches Verblassen in nur sechs Monaten, oder eine totale Veränderung in der Helligkeit von drei Prozent.
„Die stetige Helligkeitsänderung von KIC 8462852 ist ziemlich erstaunlich“, sagte Montet. „Unsere sehr genauen Messungen über einen Zeitraum von vier Jahren zeigen, dass der Stern mit der Zeit tatsächlich schwächer wird: Es ist für diesen Stern-Typ sehr ungewöhnlich, dass er über Jahre hinweg verblasst, aber wir sehen nichts anderes in den Kepler-Daten.“
„Dieser Stern war schon wegen seiner sporadischen Dimm-Episoden einzigartig. Aber jetzt sehen wir, dass er noch andere Eigenschaften hat, die genauso seltsam sind. Zuerst seit fast drei Jahren langsam leuchtschwächer zu werden und dann plötzlich geschieht dies immer schneller“, fügte Simon hinzu.
Astronomen gingen schon die guten Ideen aus, um die Reduzierung in der Helligkeit von KIC 8462852 Rechnung zu tragen, und die neuen Ergebnisse werden diese Aufgabe noch schwieriger machen. Simon und Montet glauben, dass die beste Idee, das drastische sechsmonatige Dimmen des Sterns zu erklären ist, dass eine Kollision oder das Zerbersten eines Planeten oder Kometen im System des Sterns die Ursache sein könnte, was eine kurzfristige Wolke aus Staub und Schutt erklären würde, die das Sternenlicht abgeblockt hätte. Dies würde jedoch eine längerfristige Dimmung, die in den ersten drei Jahren von Kepler beobachtet wurde, nicht erklären und deutet auf Messungen des Sterns hin, die bis ins neunzehnte Jahrhundert zurückgehen.
„Es ist eine große Herausforderung, eine gute Erklärung für einen Stern zu erarbeiten, die drei verschiedene Dinge berücksichtigen soll, die noch nie zuvor gesehen wurden“ sagte Montet. „Aber diese Beobachtungen werden einen wichtigen Hinweis für die Lösung des Rätsels von KIC 8462852 liefern“.
5. Oktober 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte