Neben dem neu entdeckten „Great Valley“ auf Merkur wirkt der Grand Canyon auf der Erde klein
Diese riesige Schlucht auf dem kleinen Planeten ist an sich schon bemerkenswert – aber sie zeigt auch, dass Merkur möglicherweise noch tektonisch aktiv ist.
Vor einigen Jahren hat Designer Tyler Nordgren eine Reihe von Retro-Postern im Nationalparkstil von den Wundern unseres Sonnensystems erstellt. Von Vulkanen des Jupitermondes Io bis zu den Geysiren auf dem Saturnmond Enceladus. Aber auf der Liste fehlte, weil es noch nicht entdeckt worden war, das große Tal auf Merkur.
Die große Schlucht auf der Oberfläche des sonnennächsten Planeten ist 400 km breit, 960 km lang und 3,2 km tief. Laut einer Pressemitteilung von der American Geophysical Union ist es das größte Tal auf diesem Planeten. Auf der Erde ist das größte Tal der 445 km lange Grand Canyon und die großartigste Schlucht im Sonnensystem ist mit einer Länge von knapp 3000 km das Vallis Marineris auf dem Mars.
Das große Merkur-Tal wurde auf Aufnahmen der Raumsonde MESSENGER entdeckt, die zwischen März 2011 und April 2015 den Planeten umkreiste und dann gezielt auf Merkur zum Absturz gebracht wurde. Tom Watters, ein leitender Wissenschaftler am Smithsonian National Air and Space Museum, und sein Team entdeckten das Tal, als sie Daten aus dieser Mission analysierten. Ihre Forschung wird in der Zeitschrift Geophysical Research Letters detailliert dargestellt.
Während die Größe des Tales sicherlich beeindruckend ist, erhält man – was noch wichtiger ist - dadurch auch einen Einblick in die Zusammensetzung und Geschichte Merkurs. Anders als der Grand Canyon, der durch fließendes Wasser verursacht wurde oder Afrikas Großer Grabenbruch, der durch Spaltung der Arabischen Platte von der Afrikanischen Platte entstanden ist, scheint das „Great Valley“ auf Merkur durch einen anderen Prozess entstanden sein, sagte Watters.
Auf der Erde ziehen tektonische Platten ständig auseinander und krachen ineinander. Aber Merkur hat eine einzige Platte, genannt Lithosphäre, die wie eine Hülle um den Planeten liegt. Als der Kern des Planeten abkühlte, kontrahierte die Oberfläche und es kam zu Verwerfungen. Einige dieser Verwerfungen sind die Enterprise Rupes und die Belgica Rupes, beides riesige Klippen am Great Valley.
In einer früheren Studie, die Ende September veröffentlicht wurde, zeigten Watters und sein Team, dass Merkur viele kleine, erst vor kurzem entstandene Verwerfungen hat, was darauf hindeutet, dass die Lithosphäre des Planeten immer noch aktiv ist und sich verändert. Dies ist ein Hinweis darauf, dass zumindest der äußere Teil seines geschmolzenen Kerns noch warm ist.
Die Tatsache, dass Merkur noch tektonisch aktiv ist, war eine Überraschung sagte Watters. Zuvor glaubten die Forscher, dass der Kern von Merkur vor langer Zeit auskühlte und der Planet nun ein statischer Felsklumpen ist. „Das herkömmliche Wissen ist, dass kleinere Objekte schneller auskühlen“, sagte Watters. „Die Vorstellung war, dass Merkur vor langer Zeit ausgekühlt sein muss. Aber um ein Magnetfeld über Milliarden von Jahren beizubehalten, muss er viel langsamer ausgekühlt sein und noch eine aktive Tektonik haben“.
Watters weist darauf hin, dass Merkurs einteilige Lithosphäre zeigt, dass die vier inneren Gesteinsplaneten in unserem Sonnensystem sehr unterschiedliche Geschichten haben. Erde und Merkur sind tektonisch aktiv, aber auf sehr unterschiedliche Weise. Beim Planeten Venus weiß man es noch nicht. Aber wenn es diesen Prozess gibt ist er anders, da die Venus-Kruste mit einem Alter von etwa 1 Milliarde Jahre noch sehr jung ist, Der Mars mag in der Vergangenheit auch ein Element der tektonischen Aktivität gehabt haben, das aber vor langer Zeit erloschen ist.
„Jeder Gesteinsplanet hat einen einzigartigen Weg genommen und es gibt kein klares Bild über die Tätigkeit, in der Planeten einen evolutionären Weg in Richtung Plattentektonik nehmen“, sagte Watters. „Es bleiben noch eine Menge Fragen offen“.
22. November 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte