Mehr Beweise für den neunten Planeten, der in den äußeren Rändern des Sonnensystems dahin wandert
Da die Suche nach einem hypothetischen unsichtbaren Planeten, der sich weit, weit jenseits der Neptunbahn befinden könnte, weitergeht, bietet ein Forscherteam von der Universität von Arizona eine zusätzliche Unterstützung bei der Suche nach der möglichen Existenz einer solchen Welt und engt den Bereich für Bahn-Parameter und Lage ein.
Ein Team unter der Leitung von Renu Malhotra, einer Regents` Professorin für Planetologie an der Universität von Arizona fand, dass die vier Kuiper-Gürtel-Objekte mit den längsten bekannten Umlaufzeiten um die Sonne Bahneigenschaften haben, die am ehesten durch die Anwesenheit eines hypothetischen „Planeten Neun“ mit etwa zehnfacher Erdmasse erklärt werden können.
Malhotra präsentierte die Ergebnisse auf der gemeinsamen 48. Jahrestagung der Abteilung für Planetenwissenschaften (DPS) der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft (AAS) und dem 11. jährlichen Europäischen Kongress für Planetenwissenschaften in Pasadena, Kalifornien.
Nach den Berechnungen der Forscher, könnte ein solch hypothetischer Planet eine Umlaufzeit um die Sonne von etwa 17 000 Jahren haben und seinen sonnenfernsten Bahnpunkt (Aphel) bei etwa 660 Astronomischen Einheiten.
Astronomen glauben, dass die Objekte des Kuiper-Gürtels, einem riesigen Gebiet am Rande unseres Sonnensystems, von Zwergplaneten und Eiszwergen bevölkert ist, deren Bahnen entweder direkt oder indirekt von der Schwerkraft der Riesenplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun beeinflusst werden.
Allerdings gibt es auch einige bekannte Kuiper-Gürtel-Objekte (KBOs), die wahrscheinlich nicht wesentlich von den bekannten Riesenplaneten in ihren aktuellen Umlaufbahnen gestört werden. Sie werden von den Autoren als extreme Kuiper-Gürtel-Objekte (eKBOs) bezeichnet, weil deren Bahnen große Exzentrizitäten aufweisen. Diese seltsamen Mini-Welten kommen im Perihel relativ nahe an die Sonne heran und entfernen sich im Aphel bis auf Hunderte von Astronomische Einheiten.
„Wir analysierten die Daten dieser am weitesten entfernten KBOs“, sagte Malhotra „und bemerkten etwas Besonderes, was darauf hindeutet, dass sie in einer Art von Resonanzen mit einem unsichtbaren Planeten waren.“
Malhotra und ihre Co-Autoren, Kathryn Volk und Xianyu Wang weisen auf Besonderheiten der Bahnen dieser eKBOs hin, die bisher unbemerkt blieben. Sie fanden, dass die Umlaufperioden dieser Objekte nahe einem ganzzahligen Verhältnis zueinander stehen. Ein Beispiel hierfür wäre ein KBO, der einmal um die Sonne reist, während ein anderer doppelt so lang, dreimal so lang oder viermal so lang etc. braucht, aber nicht etwa 2,7 mal so lang.
Den Autoren zufolge können solche Verhältnisse am natürlichsten auftreten, wenn sich die Umlaufperioden der eKBOs in kleinen ganzzahligen Verhältnissen mit einem massiven Planeten befinden, der zur Stabilisierung der hoch elliptischen Bahnen der eKBOs beitragen würde.
Die Ergebnisse stützen die bisherigen Arbeiten anderer Wissenschaftler, die zeigen, dass sechs dieser Objekte sich auf stark exzentrischen Bahnen bewegen, deren lange Achsen alle in die gleiche Richtung weisen. Diese Gruppierung der Bahn-Parameter der am weitesten entfernten KBOs weist auf ein großes planetarisches Objekt hin, dass ihre Umlaufbahnen beeinflusst.
Eine weitere Arbeit, die Anfang des Jahres veröffentlicht wurde, präsentierte die Ergebnisse numerischer Simulationen, die eine Reihe von Möglichkeiten für Masse und Umlaufbahn eines solchen hypothetischen Planeten bieten, der für die beobachtete Gruppierung von eKBOs verantwortlich sein könnte.
„Unsere Arbeit liefert genauere Schätzungen für Masse und Umlaufbahn, die dieser Planet haben würde, und, noch wichtiger, Eingrenzungen der aktuellen Position innerhalb seiner Umlaufbahn“, sagte Malhotra.
Die Berechnungen des Teams liefern auch zwei voraussichtliche Bahnebenen für den Planeten; eine moderate Nähe zur mittleren Ebene des Sonnensystems und nahe der mittleren Ebene der vier eKBOs bei etwa 18 Grad und eine steilere Bahnebene, die etwa 48 Grad geneigt ist.
Während die Ergebnisse die Idee eines potentiellen „Planeten Neun“ zusätzlich unterstützen und mögliche Szenarien aufzeigen, betonen die Autoren, dass ihre Arbeit nicht als endgültiger Beweis für die Existenz des Planeten gelten sollte.
Zum einen sind die eKBOs sehr weit weg, sehr schwach und noch nicht sehr lange beobachtet worden. Und angesichts ihrer winzigen scheinbaren Bewegung entlang ihrer extrem langen Strecke um die Sonne, sind die Schätzungen der Nähe zu ganzzahligen Verhältnissen ihrer Umlaufbahnen mit Unsicherheiten behaftet, die nur durch mehr Beobachtungen ausgeräumt werden können.
Die Autoren weisen auch darauf hin, dass die langen Umlaufzeiten in dieser Region des äußeren Sonnensystems es erlauben, dass formal instabile Bahnen für sehr lange Zeit, möglicherweise sogar bis zum Alter des Sonnensystems, ohne die Hilfe von Bahnresonanzen bestehen können. In diesem Szenario können Umlaufbahnen, deren ordnungsgemäße Parameter als Zeugnis für den stabilisierenden Einfluss eines unsichtbaren Planeten gelten, in Wirklichkeit aber ein Prozess der Verschlechterung ihrer Umlaufbahnen ist.
Zukünftige Beobachtungen und Studien zur dynamischen Lebensdauer nicht resonanter Bahnen von Planetenkreuzern in den fernen Regionen des äußeren Sonnensystems könnten dazu beitragen, den Fall „Existenz und Verbleib eines eventuell vorhandenen neunten Planeten“ zu überprüfen.
25. Oktober 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte