Gibt es heute noch einen unterirdischen Ozean auf Pluto?
Ein aktualisiertes thermisches Modell von Pluto legt nahe, dass es mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einen flüssigen Wasser-Ozean unter des Zwergplaneten Eisschale gab und dass der Ozean auch heute noch da sein könnte.
Als im vergangenen Jahr die Raumsonde New Horizons an Pluto vorbei sauste, gab es verlockende Hinweise darauf, dass der Zwergplanet unter seiner Eiskruste einen flüssigen Ozean haben könnte oder einmal hatte. Laut einer neuen Analyse, die ein Ph.D. Student der Universität Brown durchgeführt hat, existiert ein solcher Ozean wahrscheinlich noch heute.
Anhand einer Studie, die ein thermisches Evolutionsmodell von Pluto mit Daten von der Raumsonde New Horizons aktualisierte, wurde festgestellt, dass, wenn Plutos Ozean vor Millionen oder Milliarden von Jahren eingefroren ist, es den gesamten Zwergplaneten zum schrumpfen gebracht hätte. Aber es sind keine Anzeichen für eine globale Kontraktion von Plutos Oberfläche zu finden. Im Gegenteil, es gibt Anzeichen dafür, dass Pluto sich ausdehnte.
„Dank der unglaublichen Daten, die von New Horizons retourniert wurden, konnten wir tektonische Anzeichen auf Plutos Oberfläche beobachten, unser thermisches Evolutionsmodell mit den neuen Daten aktualisieren und daraus schließen, dass Pluto vermutlich heute noch heute einen unterirdischen Ozean hat“ sagte Noah Hammond, ein Absolvent von der Universität Brown, Abteilung für Geo- Umwelt- und Planetologie und Hauptautor der Studie.
Die Studie, die Hammond mit den Beratern und Co-Autoren Amy Barr vom Planetary Science Institute in Arizona und dem Geologen Marc Parmentier von der Universität Brown durchgeführt hat, ist in den Geophysical Research Letters veröffentlicht worden.
Die Aufnahmen, die New Horizons von der Begegnung mit dem berühmtesten Bewohner des Kuipergürtels geschickt hat, zeigen, dass Pluto viel mehr als nur ein einfacher Schneeball im Weltraum ist. Er hat eine exotische Oberfläche aus verschiedenen Arten von Eis – Wasser, Stickstoff und Methan. Er hat Berge von hunderten Metern Höhe und eine große herzförmige Ebene. Er hat auch riesige tektonische Strukturen – gewundene Verwerfungen, hunderte von Kilometern lang und bis zu 4 Kilometern tief. Es waren diese tektonischen Strukturen, die die Wissenschaftler auf die Idee brachte, dass ein unterirdischer Ozean eine reale Möglichkeit für Pluto wäre.
„Was New Horizons zeigte, war, dass es extensionale tektonische Merkmale sind, die darauf hindeuten, dass Pluto eine Periode der globalen Expansion durchlief“ sagte Hammond. „Ein unterirdischer Ozean, der langsam zufriert würde diese Art der Expansion auslösen.“
Wissenschaftler glauben, dass es genug Wärme erzeugende radioaktive Elemente innerhalb von Plutos felsigem Kern gibt, um einen Teil der Eisschale des Zwergplaneten zu schmelzen. Im Laufe der Zeit würde in der eisigen Kuipergürtel-Region der geschmolzene Abschnitt schließlich wieder gefrieren. Eis ist weniger dicht als Wasser, so dass es sich ausdehnt wenn es gefriert. Wenn Pluto einen Ozean hatte, der gefroren ist oder sich im Prozess des Einfrierens befindet, wäre extensionale Tektonik an der Oberfläche das Ergebnis. Und das ist es, was New Horizons sah.
Es gibt nicht viele andere Möglichkeiten, auf Pluto solche Strukturen zu bekommen. Eine andere Möglichkeit wäre gravitative Beeinflussung durch seinen Mond Charon. Aber die aktive gravitative Dynamik zwischen Pluto und Charon ist längst abgebaut und einige der tektonischen Strukturen sehen ziemlich frisch aus (auf geologischer Zeitskala), so dass viele Wissenschaftler glauben, dass ein Ozean das wahrscheinlichste Szenario ist.
Aber wenn Pluto einen Ozean hatte, was ist sein Schicksal heute? Könnte der Gefrierprozess immer noch andauern, oder ist der Ozean schon vor Milliarden von Jahren gefroren?
Da kommt das thermische Evolutionsmodell von Hammond und Kollegen zum Tragen. Das Modell inkludiert die neuen Daten von New Horizons über Plutos Durchmesser und Dichte, sowie Schlüsselparameter für die Dynamik von Plutos Innerem. Das Modell zeigte, dass wegen der niedrigen Temperaturen und dem hohen Druck innerhalb Plutos das normale Eis eines komplett zugefrorene Ozeans sich schnell in Eis II umwandeln würde. Eis II hat eine kompaktere kristalline Struktur als das Standard-Eis. Ein Ozean der zu Eis II gefroren ist würde ein kleineres Volumen einnehmen und zu einer globalen Kontraktion auf Pluto führen; eher als zu einer Erweiterung.
„Wir haben auf der Oberfläche nicht die Dinge gesehen, die wir erwarten würden, wenn es eine globale Kontraktion gegeben hätte“, sagte Hammond. „Daraus schließen wir, dass sich Eis II nicht gebildet hat und daher der Ozean nicht vollständig gefroren ist.“
Die Forscher weisen darauf hin, dass es ein paar Einschränkungen gibt. Die Bildung von Eis II ist abhängig von der Dicke der Eisschicht auf Pluto. Eis II bildet sich nur dann, wenn die Eisschicht mindestens 260 Kilometer dick ist. Wenn die Eisschicht dünner ist, könnte der Ozean gefrieren ohne Eis II zu bilden. Und wenn dies der Fall ist, könnte der Ozean auch ohne Kontraktion komplett gefroren sein.
Aber die Forscher sagen, dass es einen guten Grund gibt zu glauben, dass die Eisschicht mehr als 260 Kilometer dick ist. Das aktualisierte Modell deutet darauf hin, dass Plutos Eisschale eine Dicke von mindestens 300 Kilometern hat. Das Vorhandensein von Stickstoff- und Methan-Eis, das New Horizons auf der Oberfläche fand, untermauern die These für die größere Dicke der Eisschicht.
„Diese exotischen Eis-Arten sind eigentlich gute Isolatoren“, sagte Hammond. „Sie könnten Pluto dabei behilflich sein, weniger Wärme an den Weltraum zu verlieren.“ Alles in allem stärkt das neue Modell die Möglichkeit für das Vorhandensein einer ozeanischen Umgebung in den fernsten Bereichen unseres Sonnensystems.
28. Juni 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte