Eislager auf dem Mars enthält soviel Wasser wie der Lake Superior
Gefroren unter einer Region von gebrochenen und vernarbten Ebenen auf dem Mars liegt etwa so viel Wasser wie der Lake Superior, der größte der Großen Seen Nordamerikas, hat. Dies haben Forscher mit Hilfe des Orbiters Mars Reconnaissance festgestellt.
Die Wissenschaftler untersuchten mit dem Boden durchdringenden Shallow Radar Instrument (SHARAD) einen Teil der Utopie Planitia Region in den mittleren nördlichen Breiten. Analysen von mehr als 600 Überflügen mit dem Onboard-Radar-Instrument zeigen eine Ablagerungs-Fläche, die umfangreicher ist als der Bundesstaat New-Mexico. Die Ablagerungen haben eine Dicke von 80 bis ungefähr 170 Metern und bestehen zu 50 bis 85 Prozent aus Wassereis, gemischt mit Staub oder größeren Gesteinspartikeln.
Auf dem Breitengrad wo sich das Wasserdepot befindet – etwa auf halbem Weg vom Äquator zum Pol – kann Wasser auf der Oberfläche des Mars nicht bestehen. Es sublimiert in der dünnen und trockenen Atmosphäre des Planeten zu Wasserdampf. Die Ablagerung in Utopie-Planitia wird von der Atmosphäre durch eine etwa 1 bis 10 Meter dicke Bodenbedeckung abgeschirmt.
„Die Ablagerung bildete sich vermutlich aus gefallenem Schnee, der sich zu einer Eisscholle anhäufte, die während einer Periode in der Mars-Geschichte mit Staub vermischt wurde als die Achse des Planeten stärker geneigt war als heute“, sagte Cassie Stuurman vom Institut für Geophysik an der Universität von Texas in Austin. Sie ist die Hauptautorin eines Berichts, der im Journal Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde.
Der heutige Mars mit einer Achsenneigung von 25 Grad sammelt große Mengen an Wassereis an den Polen. In Zyklen von etwa 120 000 Jahren variiert die Neigung der Pole zweimal; die Pole werden erwärmt und treibt das Eis in die mittleren Breiten. Klimamodelle und frühere Befunde von vergrabenem Eis in mittleren Breiten zeigen, dass gefrorenes Wasser während der Perioden mit der größten Achsenneigung sich weg von den Polen sammelte.
Den Namen Utopia Planitia kann man locker mit „Ebene des Paradieses“ übersetzen. Das neu erfasste Eisvorkommen befindet sich zwischen dem 39 und 49 Breitengrad innerhalb der Ebene. Es repräsentiert weniger als ein Prozent aller bekannten Wassereis-Vorkommen auf dem Mars, aber es ist vom Volumen her mehr als das doppelte an vergrabenem Eis vorhanden als es in den nördlichen Ebenen gibt. Eisablagerungen in der Nähe der Oberfläche werden als Ressource für Astronauten betrachtet.
„Diese Ablagerung ist vermutlich besser zugänglich als das meiste andere Wassereis auf dem Mars, weil es sich auf einem relativ niedrigen Breitengrad befindet und in einem flachen, glatten Areal liegt, in dem die Landung einer Raumsonde einfacher wäre als in einigen anderen Gebieten mit unterirdischem Eis“, sagte Jack Holt von der Universität von Texas, ein Mitautor des Berichts, der ein SHARAD Co-Forscher ist und das Radar benutzte, um Mars-Eis in unterirdischen Gletschern bei den polaren Kappen zu studieren.
Das Wasser in Utopia Planitia ist jetzt alles gefroren. Wenn es eine geschmolzene Schicht gäbe – die für die Möglichkeit von Leben auf dem Mars von Bedeutung wäre – wäre dies in den Radardaten zu sehen. Ein Schmelzen des Eises kann jedoch bei verschiedenen Klimabedingungen nicht ausgeschlossen werden, wenn die Planetenachse stärker geneigt ist. „Wo Wassereis für eine lange Zeit gewesen ist, wissen wir nicht und auch nicht, ob es genug flüssiges Wasser an bestimmten Punkten für die Unterstützung für mikrobielles Leben gab“, sagte Holt.
Utopia Planitia ist ein Becken mit einem Durchmesser von 3 300 Kilometern, was auf einen großen Impakt in der Frühgeschichte des Mars hinweist, das in der Folge aufgefüllt wurde. Die NASA schickte im Jahr 1976 den Viking 2 Lander an einen Ort in der Nähe des Zentrums von Utopia Planitia. Der Abschnitt, den Stuurman und Kollegen untersuchten, liegt südwestlich von diesem schon lange still gelegten Lander.
Marswasser als Zukunftsressource
Die Verwendung des italienischen SHARAD-Instruments zur Untersuchung eines Teiles von Utopia Planitia wurde von Gordon Osinski von der Western Universität in Ontario, Kanada, einem Co-Autor der Studie, veranlasst. Seit vielen Jahren sind er und andere Forscher fasziniert von den Mustern am Boden, den polygonalen Rissen und randlosen Gruben, den sogenannten „scalloped depressions“ die aussehen, wie wenn jemand einen Eisportionierer auf den Boden geschlagen hat, sagte Stuurman, der dieses Projekt ins Leben rief, als er Student an der Western Universität war.
Hinweis aus Kanada
In der kanadischen Arktis sind ähnliche Landformen ein Hinweis auf Grundeis, stellte Osinski fest, „aber es gab die offene Frage, ob heutzutage noch Eis in der marsianischen Utopia Planetia vorhanden ist oder ob es in den letzten Millionen Jahren seit der Entstehung in den Polygonen und Vertiefungen verloren gegangen ist.
Die große Menge an Eis die mit SHARAD entdeckt wurde, bringt nicht nur Fortschritte im Verständnis über die Geschichte des Mars, sie ist auch eine mögliche Ressource für eine zukünftige Verwendung.
„Es ist wichtig, unser Wissen über die Verteilung und die Quantität des Mars-Wassers zu erweitern“ sagte Leslie Tamppari, stellvertretende Projektwissenschaftlerin beim Mars Reconnaissance Orbiter. „Wir wissen, dass der frühe Mars genügend flüssiges Wasser für Flüsse und Seen auf der Oberfläche hatte. Aber wohin ging es? Vieles davon hat den Planeten über die oberen Schichten der Atmosphäre verlassen. Andere Missionen haben diesen Prozess untersucht. Aber es gibt auch eine große Menge, die jetzt als unterirdisches Eis vorhanden ist, und wir wollen mehr darüber in Erfahrung bringen.“
Joe Levy von der Universität in Texas und Co-Autor der neuen Studie sagte:“Die Eisvorkommen in Utopia Planitia sind nicht nur eine Energie-Quelle zur Mars-Erkundung, sondern auch eine der am besten zugänglichen Hinweise für die Veränderungen des Klimas auf dem Planeten. Wir verstehen bis jetzt noch nicht, warum es Eis in einigen Bereichen der Marsoberfläche gibt und in anderen nicht. Probenentnahmen und Untersuchung des Eises mit einer zukünftigen Mission könnte dazu beitragen, Astronauten am Leben zu erhalten und helfen, das Geheimnisse der Mars-Eiszeiten zu entschlüsseln.
24. November 2016/SP
Verein Kuffner-Sternwarte