Wasser auf dem Mond stammt von Asteroiden
Die auf dem Mond gefundenen Wasserreserven stammen nicht wie bisher angenommen wurde von Kometen, sondern von Asteroiden. Mit Hilfe von Computer-Simulationen entdeckten Wissenschaftler vom MIPT und dem RAS Geosphere Dynamics Institute, dass ein großer Asteroid mehr Wasser auf die Oberfläche des Mondes bringen könnte als Einschläge von Kometen über einen Zeitraum von einer Milliarde von Jahren. Ihre Forschungs-Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Planetary and Space Science veröffentlicht.
Zu Beginn des Raumfahrtzeitalters, in den Tagen des Apollo-Programms glaubten Wissenschaftler, dass der Mond vollständig trocken ist. In den frühen Stadien der Satellitenentwicklung dachte man, dass das Fehlen einer Atmosphäre und der Einfluss der Sonneneinstrahlung ausreichen würde, dass alle flüchtigen Substanzen verdunsten und in den Weltraum entweichen. Doch in den 1990iger Jahren erhielten Forscher Daten von der Raumsonde Lunar Prospector, die ihr Vertrauen in die alten Ergebnisse erschütterte: Der Neutronenstrom von der Satellitenoberfläche bestand zu einem größeren Anteil aus Wasserstoff, der von oberflächennahen Böden einiger Regionen des Mondes stammt. Dies konnte als Zeichen für die Anwesenheit von Wasser gedeutet werden.
Um zu erklären, wie Wasser sich auf der Oberfläche des Mondes halten konnte, formulierten die Wissenschaftler eine Theorie, die als „Kühlfalle“ bekannt ist. Die Rotationsachse des Mondes ist nahezu vertikal, weshalb es in den Polarregionen Kraterböden gibt, die nie dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Wenn Kometen, die hauptsächlich aus Wassereis bestehen, in solche Kühlfallen gelangen, bleiben sie dort auf unbestimmte Zeit, weil Sonneneinstrahlung sie nicht zum Verdunsten bringen können.
In den letzten Jahren haben Mondmissionen (die indische Chandrayan-Sonde, die amerikanische LRO, Daten von der Cassini-Sonde und von Deep Impact) den Wissenschaftlern zwei neue Informationen gebracht. Die erste neue Information ist, dass es tatsächlich Mengen an Wasser und Hydroxylgruppen in den oberflächennahen Schichten auf dem Mond gibt. Das LCROSS-Experiment, bei dem eine Sonde absichtlich auf dem Mond zum Absturz gebracht wurde, um die Freisetzung einer Wolke aus Gas und Staub zu erreichen die später mit einem Spektrometer untersucht wurde, bestätigte die Existenz von Wasser und von anderen flüchtigen Substanzen. Die zweite neue Information kam, als das russische LEND-Instrument, das an Bord von LRO montiert ist, eine Karte der Wasserverteilung auf des Mondes Oberfläche erstellte.
Die zweite Information konnte nur teilweise bewiesen werden, weil die Karte der „Kühlfallen“ nicht mit der Karte der Wasservorkommen übereinstimmt. Die Wissenschaftler mussten die Theorie verfeinern und schlugen die Idee vom „Mond-Gefrieren“ vor. Dies erlaubt die Annahme, dass das „Überleben“ von Wassereis auch in Regionen mit Sonneneinstrahlung möglich ist, wenn es unter einer Bodendecke liegt. Es wurde auch in Erwägung gezogen, dass ein wesentlicher Teil des von den Sonden festgestellten Wassers, durch Sonnenwind implantiert ist. Wasserstoffatome vom Sonnenwind reagieren mit Sauerstoffatomen und bilden einen instabilen „Tau“ aus Wassermolekülen und Hydroxylgruppen. Wasser könnte auch in einem gebundenen Zustand vorhanden sein, das heißt in hydratisierten Mineralien.
Es gab da aber noch immer die Frage, wie das Wasser auf dem Mond kam und wieviel davon es heute noch geben könnte. Zur gleichen Zeit kann sich ein weiteres Thema von praktischer Bedeutung für die kommenden Jahre zeigen: Wenn in naher Zukunft bemannte Stationen auf dem Mond errichtet werden sollen, müssten die Forscher wissen, auf welche Art von Ressourcen sie zählen können; vorzugsweise vor Baubeginn.
Vladimir Svettsov und Valery Schuvalow, die den Absturz von Kometen und Asteroiden erforschten, einschließlich der computergestützten Simulation der Tunguska-Katastrophe sowie den Chelyabinsk-Meteoritenfall, konnten den wahrscheinlichsten Mechanismus für die Wasserverbringung auf den Mond ermitteln und ein ungefähres „Liefervolumen“ festzustellen. Dafür wurde der SOVA-Algorithmus, den sie selbst erstellt haben, für die computergestützte Modellierung vom Absturz kosmischer Objekte auf die Oberfläche des Mondes eingesetzt. Jedes Objekt hatte seine eigene Geschwindigkeit und seinen eigenen Winkel beim Einschlag. Besonders beim Output zeigte das Modell die Verteilung der maximalen Temperaturen sowie dessen Dynamik, wenn die abstürzenden Objekten sich während des Impakts erhitzten.
Zuerst haben die Wissenschaftler beschlossen zu prüfen, ob Kometen in der Lage sind, die Rolle des Hauptlieferanten für Wasser zu erfüllen. Die typische Geschwindigkeit eines eisigen Kometen liegt im Bereich von 20 bis 50 Kilometer pro Sekunde. Schätzungen gehen davon aus, dass eine so hohe Auftreffgeschwindigkeit bewirkt, dass 95 bis 99,9 Prozent des Wasser verdampfen und in den Weltraum entweichen würden. Es gibt eine Familie von kurzperiodischen Kometen deren Fallgeschwindigkeit mit 8 bis 10 Kilometern pro Sekunde viel niedriger ist, aber auf solch kurzperiodische Kometen entfallen etwa 1,5 Prozent der Mondkrater. Dennoch hat die Simulation gezeigt, dass, wenn diese kurzperiodischen Kometen niedergehen, fast alles Wasser verdunstet und weniger als 1 Prozent am Aufschlagpunkt übrig bleibt.
„Wir kamen zu dem Schluss, dass nur eine sehr kleine Menge an Wasser das von Kometen kam, auf dem Mond blieb und so beschlossen wir die Möglichkeit zu erkunden, ob der Ursprung des Mondwassers nicht von Asteroiden stammen könnte“ sagte Schuvalow.
Die Wissenschaftler beschlossen, einen genaueren Blick auf Asteroiden zu werfen und stellten fest, dass diese ursprünglich aus keinem differenzierten Material des Sonnensystems bestanden und einen beträchtlichen Anteil an Wasser enthielten. Insbesondere die kohlenstoffhaltigen Chondriten, die häufigste Art von Asteroiden und Meteoriten, können bis zu 10 Prozent Wasser enthalten.
Jedoch wird das Wasser in Chondriten wirksam geschützt: Es ist in einem chemisch gebundenen Zustand und mit einem Kristallgitter aus Mineralien blockiert. Wasser beginnt nur dann auszusickern, wenn es erhitzt wird bis so um die 300 – 1200 Grad Celsius, in Abhängigkeit von der Art des wasserhältigen Minerals. Dies bedeutet, dass sie das Potential haben in den Kratern übrig zu bleiben zusammen mit den Asteroiden.
Die Simulation hat auch gezeigt, dass, wenn die Fallgeschwindigkeit 14 km/s und der Aufschlagwinkel 45 Grad beträgt, etwa die Hälfte der Asteroidenmasse die Schmelztemperatur nicht erreicht und in festem Zustand verbleibt. Ein Drittel aller Asteroiden die auf dem Mond stürzen, haben kurz vor dem Aufprall eine Geschwindigkeit von weniger als 14 km/s. Wenn dies geschieht, bleibt ein Großteil der abstürzenden Objekte im Krater: 30 – 40 Prozent bleiben nach einen schrägen Aufprall übrig und 60 – 70 Prozent nach einem vertikalen Aufprall.
„Wir haben festgestellt, dass Wasser von Asteroiden-Einschlägen in einigen Mondkratern Depots von chemisch gebundenem Wasser generieren könnte“ meinte Schuvalow. „Der Absturz eines zwei Kilometer großen Asteroiden mit einem hohen Anteil an hydrierten Mineralien könnte mehr Wasser auf den Mond bringen als alle Kometen, die in der letzten Jahr-Milliarde auf dem Mond gefallen sind“ fügte Schuvalow hinzu.
Die Berechnungen zeigen, dass rund 2 bis 4,5 Prozent der Mondkrater erhebliche Mengen an Wasser in Form von hydratisierten Mineralien enthalten.
„Dies ist sehr wichtig, weil die polaren Kühlfallen nicht leicht zu erreichende Orte für die Konstruktion von Mondbasen sind. Es gibt nur eine kleine Menge an Sonnenenergie und es ist schwierig Funkkommunikation zu organisieren. Ferner gibt es da auch dramatisch tiefe Temperaturen. Die Möglichkeit, Mondwasser aus Regionen die der Sonne ausgesetzt sind zu bekommen, könnte durch Satelliten-Erkundung geklärt werden“ fügte der Wissenschaftler hinzu.
4. Oktober 2015/SP
Verein Kuffner-Sternwarte