Mysteriöse „Seen“ auf Saturns Mond Titan
Saturns Mond Titan ist die Heimat von Meeren und Seen, die mit flüssigen Kohlenwasserstoffen gefüllt sind. Aber was formte die Vertiefungen auf des Mondes Oberfläche? Eine neue Studie unter Verwendung von Daten die von Cassini stammen deutet darauf hin, dass Titans Oberfläche einem Erosions-Prozess unterliegt, wodurch schüsselförmige Senken, sogenannte Dolinen entstehen.
Titan ist, abgesehen von der Erde, das einzige Objekt im Sonnensystem, auf dessen Oberfläche es Seen und Meere gibt. Aber bei Titans kalten Oberflächentemperaturen – etwa minus 180 Grad Celsius – ist es kein Wasser sondern eher flüssiges Methan und Ethan, das Äquivalent zum Wasser auf der Erde.
Cassini entdeckte zwei mit Methan und Ethan gefüllte Vertiefungen, die in der Nähe von Titans Polen entstanden sind. Es gibt riesige Meere, hunderte Kilometer breit und bis zu hunderten Metern tief, die durch flussähnliche Kanäle gespeist werden. Es gibt auch zahlreiche kleinere, flachere Seen, die in der Regel in ebenen Gegenden zu finden sind. Cassini beobachtete ferner auch viele leere Vertiefungen.
Die Seen werden in der Regel nicht von Flüssen, sondern durch Niederschläge und „Grundwasser“ gespeist. Einige der Seen trocknen während des 30-jährigen saisonalen Zyklus von Saturn und Titan aus. Aber so wie bei den Seen ist auch über die Entstehung der Vertiefungen wenig bekannt.
Vor kurzem hat ein Team von Wissenschaftlern unseren Heimatplaneten für die Antwort heran gezogen. Sie entdeckten, dass Titans Seen an sogenannte Karstgebiete auf der Erde erinnern. Dies sind terrestrische Landschaften, deren Gesteinsoberflächen (meist Kalkstein und Gips) durch Eindringen von Regenwasser aber auch durch Kontakt mit Grundwasser erodieren. Im Laufe der Zeit führt dies zu Strukturen wie Dolinen (Sinkhöhlen) und Hohlräumen unterschiedlicher Größe; vor allem im feuchten Klima aber auch in Salinen, wo das Klima trockener ist.
Die Erosionsrate solcher Gebiete hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Chemie der Steine, der Niederschlagsrate und der Oberflächentemperatur. Während sich alle diese Aspekte klar zwischen Titan und Erde unterscheiden, denken dennoch die Forscher, dass der zugrunde liegende Prozess überraschend ähnlich ist.
Ein Team unter der Leitung von Thomas Cornet von der ESA berechnete, wie lange es dauern würde bis auf Titans Oberfläche durch einen Auflösungsprozess solche Strukturen geschaffen werden. Sie gingen davon aus, dass die Oberfläche mit festem organischen Material bedeckt ist und dass das Hauptlösungsmittel flüssiger Kohlenwasserstoff ist. Und das unter Berücksichtigung des derzeitigen Klima-Modells von Titan.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass – im Einklang mit dem jugendlichen Alter der Mondoberfläche - es rund 50 Millionen Jahre dauert, bis in Titans relativ regenreicher Polarregion eine 100 Meter große Depression entsteht.
„Wir verglichen die Erosionsraten von organischen Stoffen in flüssigen Kohlenwasserstoffen auf Titan mit denen von Karbonat und Evaporitmineralien im flüssigem Wasser auf der Erde“, sagte Cornet. „Wir entdeckten, dass der Auflösungsprozess auf Titan etwa 30 mal langsamer vor sich geht als auf der Erde und zwar aufgrund der Länge des Titan-Jahres und der Tatsache, dass es nur während des Titan-Sommers regnet. Aber dennoch sind wir der Meinung, dass die Dissolution (Auflösung eines festen Stoffes) eine der Hauptursachen für die Landschaftsentwicklung auf Titan ist und es könnte auch die Herkunft der Seen erklären.
Darüber hinaus berechneten die Wissenschaftler, wie lange es in niedrigen Breiten dauern würde, Seen mit geringen Vertiefungen zu bilden, da der Niederschlag in diesen Breiten geringer ist. Die viel längere Zeitskala von 375 Millionen Jahre steht im Einklang mit der relativen Abwesenheit von Vertiefungen in diesen geografischen Zonen.
Natürlich gibt es einige Unwägbarkeiten sagte Cornet: „Die Zusammensetzung der Titan-Oberfläche ist noch nicht ganz verstanden und auch nicht die langfristigen Niederschlagsmuster. Aber unsere Berechnungen sind nach wie vor im Einklang mit den Strukturen, die wir heute auf der relativ jungen, etwa 1 Milliarde Jahre alten Oberfläche.
„Durch den Vergleich der Titan-Oberfläche mit Struktur-Beispielen auf der Erde und mit einigen zusätzlichen Berechnungen haben wir auf Titan ähnliche formgebende Prozesse gefunden, die unter sehr unterschiedlichen klimatischen und chemischen Bedingungen stattfinden“ sagte Nicolas Altobelli, eine Projektwissenschaftler der Cassini-Mission. „Dies ist eine große Vergleichsstudie zwischen unserem Heimatplaneten und einer dynamischen Welt, die sich mehr als eine Milliarde Kilometer von der Erde entfernt, im äußeren Sonnensystem befindet.
25. Juni 2015/SP
Verein Kuffner-Sternwarte